Ausstellung "Verbrannte Bücher" im Rathaus Kreuzberg

Auch die Bücher von Kurt Tucholsky wurden auf den Scheiterhaufen der Nazis verbrannt. Der Schriftsteller, Journalist und Satiriker nahm sich 1935 im schwedischen Exil das Leben. Foto: Frey
  • Auch die Bücher von Kurt Tucholsky wurden auf den Scheiterhaufen der Nazis verbrannt. Der Schriftsteller, Journalist und Satiriker nahm sich 1935 im schwedischen Exil das Leben. Foto: Frey
  • hochgeladen von Thomas Frey

Kreuzberg. Am 10. Mai 1933 inszenierten nationalsozialistische Studenten in vielen deutschen Städten eine Bücherverbrennung. Werke vieler bekannter Autoren landeten auf dem Scheiterhaufen.

Daran, aber auch an die Biografien vieler betroffener Schriftsteller, erinnert die Ausstellung "Verbrannte Bücher", die bis zum 22. August im Rathaus Kreuzberg, Yorckstraße 4-11, zu sehen ist.

Die Schau ist relativ schlicht gehalten. Bild- und Texttafeln zu jedem Namen, dazu noch häufig ausgewählte Hörproben. Aber gerade das sorgt dafür, sich auf das wesentliche zu konzentrieren. Da fällt einem zunächst noch einmal auf, wie breit das Spektrum der von den Nazis verfolgten oder verfemten Literaten war. Es reicht von Anna Seghers über Heinrich Mann, Erich Maria Remarque bis Joseph Roth, Alfred Döblin oder dem Abenteurer B. Traven. Bürgerliche, Sozialisten und Kommunisten waren darunter, Juden und Nichtjuden. Als einzige Gemeinsamkeit stand bei vielen lediglich die gemeinsame Gegnerschaft zu den Nazis oder dass sie von ihnen zu Gegner gemacht wurden.

Wobei die braunen Machthaber zunächst eine uneinheitliche Linie gegenüber manchen Schriftstellern verfolgten. Das galt beispielsweise für Oskar Maria Graf. Zumindest einige seiner Werke sollten eigentlich vom Verbot ausgenommen werden. Ihn auf diese Weise willfährige zu machen gelang aber nicht. Im Gegenteil: Unter dem Titel: "Verbrennt mich" verfasste Graf in seinem New Yorker Exil einen Text, in dem er sich eindeutig in die Reihe seiner verfemten Kollegen einordnete.

Auch die Geschichte von Alexander Moritz Frey ist außergewöhnlich. Er kämpfe im ersten Weltkrieg in derselben Einheit wie Adolf Hitler, ansonsten verband ihn nichts mit dem späteren "Führer", was er auch immer wieder deutlich machte. Schon deshalb wurde er zur verfemten Person.

Ganz unterschiedlich ist auch das weitere Schicksal der vorgestellten Autoren. Einige wurde in den Konzentrationslagern ermordet, andere überlebten in Deutschland. Wieder andere starben im Ausland, etwa Kurt Tuchlosky oder Stefan Zweig die beide Selbstmord begingen. Nach 1945 kehrten einige Schriftsteller wieder nach West- oder Ostdeutschland zurück, andere lehnten das ab.

Gemeinsam war wiederum fast allen der Bruch, der 1933 nicht nur in ihrem Leben, sondern auch in ihrer Arbeit darstellte. Die meisten befanden sich damals auf dem Höhepunkt ihres Ruhms und konnten, schon wegen ihrer schwierigen persönlichen Lage, daran später nicht mehr anknüpfen.

Was ebenfalls noch auffällt ist die spätere Wahrnehmung der verbrannten Autoren. Manche sind bis heute bekannt und ihre Werke zählen zum kulturellen Kanon deutschsprachiger Literatur. Andere sind völlig vergessen. Zur zweiten Gruppe gehört beispielsweise Irmgard Keun, die Anfang der 1930er Jahre zur Erfolgsautorin wurde, ehe die Karriere in der Nazizeit jäh unterbrochen wurde.

Gerade an diese Autoren will die Ausstellung besonders erinnern und dazu animieren, ihre Bücher neu zu entdecken. Sie wurde vom Förderkreis Denkmal für die ermordeten Juden Europas Zusammen mit Volker Weidemann, Feuilletonschef der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und dem Kurator Jan Frontzek konzipiert. Seit 2012 war sie bereits an mehreren Orten, beispielsweise im Deutschen Bundestag und im Berliner Abgeordnetenhaus zu sehen.

Das Rathaus Kreuzberg ist von Montag bis Freitag von 8 bis 20 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.

Thomas Frey / tf
Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

50 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

BauenAnzeige
2024 war Richtfest für die Grundschule in der Elsenstraße. | Foto: SenBJF
7 Bilder

Berliner Schulbauoffensive 2016-2024
Erfolgsgeschichte für unsere Stadt

Die Berliner Schulbauoffensive ist nach wie vor eines der zentralen Projekte unserer Stadt. Mit aktuell mehr als 44.000 neu entstandenen Schulplätzen setzt die Offensive ihre Ziele erfolgreich um. So wurden von 2016 bis 2023 bereits 5 Milliarden Euro in moderne Bildung investiert. Auch in den kommenden Jahren wird das derzeit größte Investitionsvorhaben für Schulen fortgesetzt. Die Offensive geht weiter und führt zu einer dauerhaft verbesserten schulischen Umgebung für unsere Schülerinnen und...

  • Charlottenburg
  • 13.12.24
  • 67× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 180.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom baut Netz aus
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Ab Dezember starten die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Borsigwalde, Friedenau, Frohnau, Hakenfelde, Lichtenrade, Lübars, Mariendorf, Neu-Tempelhof, Reinickendorf, Schöneberg, Spandau, Tegel, Waidmannslust, Wilhelmstadt und Wittenau. Damit können weitere rund 180.000 Haushalte und Unternehmen in Berlin einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2030 plant...

  • Borsigwalde
  • 11.12.24
  • 874× gelesen
WirtschaftAnzeige
Einstiegstüren machen Baden und Duschen komfortabler. | Foto: AdobeStock

GleichWerk GmbH
Seniorengerechte Bäder und Duschen

Seit März vergangenen Jahres ist die Firma GleichWerk GmbH in Kremmen der richtige Partner an Ihrer Seite, wenn es um den Innenausbau Ihres Hauses oder Ihrer Wohnung geht. Darüber hinaus bietet das Unternehmen auch seine Dienste für Hausverwaltungen an. Geschäftsführender Inhaber des Fachbetriebs ist Dennis Garte, der nach jahrelanger Berufserfahrung den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, wobei er über ein großes Netzwerk an Kooperationspartnern sowie angesehenen Handwerksfirmen verfügt....

  • Umland Nord
  • 04.12.24
  • 553× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 84.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom vernetzt
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Berlin auf Hochtouren. Neue Arbeiten starten nun auch in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Friedrichshain, Karlshorst, Kreuzberg, Lichtenberg und Rummelsburg. Damit können nun rund 84.000 Haushalte und Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2023 plant die Telekom insgesamt...

  • Alt-Hohenschönhausen
  • 11.12.24
  • 1.050× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 1.939× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.