Das Ende von Null Toleranz: Im Görlitzer Park ändert sich die Polizeistrategie

Regelmäßige Polizeipatrouillen statt punktueller Razzien fordert die Bezirkspolitik für den Görlitzer Park. | Foto: Thomas Frey
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Kreuzberg. Seit April 2015 wurde im Görlitzer Park das Mitführen auch geringer Mengen weicher Drogen strafrechtlich verfolgt. Diese sogenannte Null-Toleranz-Politik will der Senat jetzt auslaufen lassen.

Sie war vor zwei Jahren vom damaligen Innensenator Frank Henkel sowie seinem Justizkollegen Thomas Heilmann (beide CDU) für die Grünanlage ausgerufen worden, um damit konsequenter gegen die Dealer im Park vorgehen zu können. Anders als sonst in Berlin, wo der Besitz von weniger als 15 Gramm Cannabis kein Ermittlungsverfahren nach sich zieht, galt das für den Görli seither nicht.

Ob diese Sonderregelung beim Kampf gegen die Dealer wirklich erfolgreich war, darüber gibt es unterschiedliche Meinungen. Der CDU-Innenexperte Burkard Dregger und sein Friedrichshain-Kreuzberger Fraktionskollege Kurt Wansner sehen im Ende der Null-Toleranz-Politik eine "Kapitulation vor dem Unrecht". Nach ihrer Ansicht sei der Drogenhandel weitgehend aus dem Park verdrängt worden. Auch die Angst vor Gewaltvorfällen habe drastisch abgenommen. Mit der Aufgabe von Null Toleranz provoziere die rot-rot-grüne Landesregierung deshalb "Unsicherheit".

Für Innensenator Andreas Geisel (SPD) hat das bisherige Vorgehen dagegen nicht den gewünschten Erfolg gebracht. Die Strategie, viele Polizeikräfte gezielt an einem Ort einzusetzen, habe vor allem dazu geführt, dass die Dealer ihre Ware an anderen Stellen anbieten, meint er. Die Beamten sollten nicht weiter auf diese Weise "verheizt" werden. Das bezieht sich vor allem auf die vielen Einsätze, die Polizeikräfte die vergangenen zwei Jahre im Görli abgeleistet haben. 2015 waren das insgesamt 58 112 Stunden. 2016 ging diese Zahl aber bereits auf 33 649 Stunden zurück. Im Januar 2017 waren es noch etwa 1300 Stunden. Als Ergebnis stehen etwa 6200 Straftaten, die in den vergangenen zwei Jahren im Görlitzer Park registriert wurden, bei gut einem Drittel davon ging es um Drogenhandel oder -besitz. Andere Delikte wie Diebstahl, Raubtaten und Körperverletzung seien während dieser Zeit teilweise signifikant zurückgegangen.

Ob diese Leistungsbilanz aber wiederum den immensen Aufwand rechtfertige, war ebenfalls von Beginn an umstritten. Die Gewerkschaft der Polizei verwies immer wieder darauf, dass das Zusammenziehen vieler Kräfte im Görlitzer Park wegen des Personalmangels bei der Polizei Lücken an anderer Stelle reiße. Und letztlich habe sich zumindest in Sachen Drogenverkauf nichts Grundlegendes an der Situation verändert. Die Dealer seien immer noch da.

Aus Friedrichshain-Kreuzberg kam immer wieder Kritik an der Polizeitaktik. Statt punktuell zu Großrazzien anzurücken, wäre es besser, mit weniger Beamten ständig vor Ort zu sein, meinte Bürgermeisterin Monika Herrmann (Bündnis 90/Grüne). So habe sich vor allem ein Katz- und Maus-Spiel entwickelt. Kommt die Polizei, verschwinden die Händler, ist sie weg, sind sie wieder da. Manche gingen ihrem Geschäft auch in den umliegenden Wohngebieten nach, was dort zu neuen Problemen führte. Herrmann begrüßt deshalb den Strategiewechsel und sieht das Vorgehen in Einklang mit ihren Forderungen. Festgemacht wird das auch an der Ankündigung von Andreas Geisel, bis zum Jahresende eine mobile Polizeiwache am Kottbusser Tor einzurichten. Der Senator machte gleichzeitig deutlich, dass der Görlitzer Park auch nach dem Ende von Null Toleranz weiter im Fokus der Sicherheitskräfte stehen werde.

Auch der Bezirk plant dort ein eigenes Vorgehen. Seit Ende vergangenen Jahres gibt es im Görli einen Parkmanager. Ihm zur Seite werden sogenannte Parkläufer stehen, für die derzeit das Einstellungsverfahren läuft. Sie haben zwar keine Sanktionsmöglichkeiten, allein durch ihre Anwesenheit wird aber ein größeres Sicherheitsgefühl erhofft. Außerdem sollen die Parkläufer Kunden und auch Dealer direkt ansprechen. Für letztere sind außerdem Angebote vorgesehen, um sie zum Ausstieg aus ihrem bisherigen Job zu bewegen. tf

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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