Fontanepromenade 15 wird nur temporärer Erinnerungsort

Erinnerung an die Geschichte hat höchstens vor dem Gebäude Fontanepromenade 15 Platz. | Foto: Thomas Frey
  • Erinnerung an die Geschichte hat höchstens vor dem Gebäude Fontanepromenade 15 Platz.
  • Foto: Thomas Frey
  • hochgeladen von Thomas Frey

Die Fontanepromenade 15 sei eine "öffentliche Aufgabe", erklärte die Senatsverwaltung für Kultur. Zumindest was die "Markierung" dieses Ortes betrifft.

Denn deutlich ist inzwischen: In dem Gebäude wird es keine ständige Dokumentation und Information zur Geschichte dieses Hauses geben. Der Öffentlichkeit soll der Zugang höchstens an ausgewählten Tagen im Jahr im Eingangsbereich möglich sein. Ein Ergebnis, das vor allem bei der Initiative Gedenkort Fontanepromenade 15 auf Kritik und Enttäuschung stößt. "Die Kulturverwaltung hat die Chance verpatzt", beklagt sie.

Wie mehrfach berichtet, befand sich in der Fontanepromenade 15 zwischen 1938 und 1945 die "Zentrale Dienststelle für Juden" des Berliner Arbeitsamtes. Sie wurden dort zur Zwangsarbeit genötigt. Meist folgte danach die Deportation und der Mord in den Vernichtungslagern. "Schikanepromenade" wurde das Gebäude von seinen Opfer genannt. Nach 1945 wurde diese Vergangenheit vergessen. Das Haus hatte mehrere Nutzer und Besitzer, zuletzt lange eine Mormonengemeinde, die es 2013 verkaufte.

Das Objekt war damit auf dem Markt und auch der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg hätte es erwerben können. Aber es wurde abgewunken. Der Preis von rund 800 000 Euro erschien zu hoch und nicht zu stemmen. Erwerber wurde stattdessen ein Immobilienunternehmer aus Bremen. Der begann im Herbst 2016 mit dem Umbau zu einem Wohn- und Bürohaus. Erst zu diesem Zeitpunkt zeigte sich sichtbarer Protest. Aktivisten, die mittlerweile in der Gedenkort-Initiative zusammengefunden haben, kämpften für eine zumindest integrierte Erinnerung in dem umgestalteten Gebäude und konnten dabei Unterstützung mobilisieren. Etwa von der Schriftstellerin und Holocaust-Überlebenden Inge Deutschkron, die einst in der "Schikanepromenade" zur Zwangsarbeit vermittelt wurde.

Der Einsatz zeigte Erfolg. Der Eigentümer schien zunächst dazu bereit zu sein, dem Gedenk- und Informationsort einen Raum zur Verfügung zu stellen. Durch die Unterstützung aus dem Landeshaushalt wurde das Vorhaben ebenfalls abgesichert, mit jährlich 50 000 Euro im Doppelhaushalt 2018/19. Vor diesem Hintergrund mutet das jetzige Resultat eher dürftig an.

Es sei mit dem Besitzer über ein mögliches Anmieten von je 55 Quadratmeter Bürofläche im Erdgeschoss und einen Raum im Untergeschoss verhandelt worden, erklärte die Senatsverwaltung. Zu einem Abschluss wäre es aber nicht gekommen, was zunächst mit fehlender Barrierefreiheit sowie mangelnder Kapazität begründet wurde. Entscheidender war wahrscheinlich noch etwas anderes. Der Eigentümer wäre nach seiner Bauinvestition gebunden, die Flächen an einen umsatzsteuerpflichtigen Mieter zu vergeben, heißt es weiter. Damit scheide aber die Stiftung Topographie des Terrors aus.

Die Stiftung war, ebenso wie das Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit, mit ins Boot geholt worden, um ein Gedenkkonzept zu entwickeln, in enger Abstimmung mit dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg und unter Einbeziehung der verschiedenen örtlichen Initiativen zur Fontanepromenade, betont die Senatskulturverwaltung. Unter den gegebenen Umständen bedeutet das aber vor allem, eine "öffentliche, informative Markierung des Ortes sowie Möglichkeiten der Bildungsarbeit zu entwickeln."

Wie das aussehen könnte, wird jetzt überlegt. Anbieten würde sich dafür der Mittelstreifen der Fontanepromenade vor dem Gebäude, so eine Idee. Dort könnten zum Beispiel Installationen oder Gedenkzeichen auf die Vergangenheit des Hauses Nummer 15 verweisen. Etwas Ähnliches gab es dort zeitweise vor einigen Jahren. Damals erinnerte eine gelb angestrichene Parkbank an das Schicksal der Juden in der "Schikanepromenade".

Für die Initiative Fontanepromenade 15 ist das alles mehr als unbefriedigend. Es habe den Anschein, dass dieses für Berlin so wichtige Gedenkprojekt dem Primat einer fragwürdigen Steuerpolitik zugunsten privater und und zulasten allgemeiner Interessen zum Opfer fallen soll, erklärte der Verein unter anderem. Er werde weiter für die Durchführung seiner Bildungsarbeit am authentischen Ort kämpfen.

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

47 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Vernachlässigen Sie nicht Ihre Füße. Dieses wichtige Körperteil trägt uns durchs Leben.

Probleme und ihre Lösungen
Probleme rund um den ganzen Fuß

Haben Sie Ihren Füßen jemals gebührende Aufmerksamkeit geschenkt? Oft vernachlässigen wir sie, solange sie funktionieren und schmerzfrei sind. Sobald Beschwerden auftreten, wird uns die Bedeutung dieses komplexen Körperteils schlagartig bewusst. Unsere zertifizierten Fußchirurgen geben Ihnen Einblicke in die Anatomie des Fußes und behandeln gezielt Fehlstellungen und Verletzungen mit innovativen Lösungsansätzen. Erfahren Sie mehr über Fußprobleme wie Achillessehnenbeschwerden,...

  • Hermsdorf
  • 25.04.24
  • 175× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Veggie & Vega in der Gneisenaustraße 5.
6 Bilder

Veggie & Vega Restaurant
Gesundes Essen mit exzellentem Geschmack

Seit Frühjahr 2023 existiert das Restaurant Veggie & Vega in Kreuzberg, das eine Vielzahl an vegetarischen sowie veganen Speisen aus der (süd)indischen Küche anbietet. "Gesund" lautet hier dementsprechend das Motto, wobei alle Gerichte durch die spezielle Komposition von frischen Zutaten und den ganz passenden Gewürzen zu einem wahren Gaumenschmaus fusionieren. Die vegetarische oder vegane Ernährungsform ist seit Langem nicht nur ein Trend, sondern vielmehr eine Lebenseinstellung, der immer...

  • Kreuzberg
  • 25.04.24
  • 160× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Chettinad finden Sie seit Herbst 2023 auch im Food Court im The Playce am Potsdamer Platz.
5 Bilder

Chettinad im Manifesto Market
Indien zu Gast im The Playce

Im ersten Oberschoss des populären Food Court im The Playce am Potsdamer Platz präsentiert sich seit Herbst 2023 auch das Restaurant Chettinad, das seine typisch indischen Spezialitäten somit an drei Berliner Standorten sehr eindrucksvoll präsentiert. Auch am Hotspot am Potsdamer Platz werden neben diversen landestypischen Suppen und Vorspeisen auch zahlreiche Hauptgerichte serviert, die ganz nach Belieben für eine kulinarische Reise der besonderen Art sorgen. Zu den Highlights zählen dabei...

  • Tiergarten
  • 24.04.24
  • 218× gelesen
WirtschaftAnzeige
Foto: pexels/Giulia Freitas
5 Bilder

Mode oder mehr?
Piercing. Von alten Ritualen bis zu moderner Kunst

Ist das Modeakzent oder kulturelles Erbe? Auf jeden Fall ist Piercing die beliebteste und gefragteste Körpermodifikation der Welt, die sowohl persönliche Vorlieben und Modetrends als auch tiefe kulturelle Traditionen widerspiegelt. Was ein modisches Piercing heute ist und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat, erfahren wir zusammen mit VEAN TATTOO in diesem Artikel. Eine der beliebtesten Arten von Piercings ist das Ohrlochstechen. Ein Klassiker aller Zeiten, ist das wirklich so und woher...

  • Mitte
  • 17.04.24
  • 600× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.