"Hier ist jeder Busch politisch": Arbeitsgruppe legt Handlungskonzept zum Görlitzer Park vor

Für kulturelle und sportliche Aktivitäten könnte diese Freifläche im Görlitzer Park genutzt werden, lautet ein Vorschlag aus dem Handlungskonzept. | Foto: Thomas Frey
4Bilder
  • Für kulturelle und sportliche Aktivitäten könnte diese Freifläche im Görlitzer Park genutzt werden, lautet ein Vorschlag aus dem Handlungskonzept.
  • Foto: Thomas Frey
  • hochgeladen von Thomas Frey

Kreuzberg. Ein Parkkoordinator und sogenannte Parkläufer. Umbauten in der Anlage und mehr Angebote, etwa im kulturellen Bereich. Das sind einige Ergebnisse des jetzt vorgelegten Handlungskonzepts Görlitzer Park.

Das 70 Seiten starke Werk ist das Resultat eines einjährigen Diskussionsprozesses, zu dem sich eine AG Görlitzer Park regelmäßig getroffen hatte. Was davon umgesetzt werden kann, muss sich aber erst noch zeigen.

Die Probleme in der Grünanlage sind bekannt. Drogenhandel, Kriminalität, Ärger über Lärm und Müll. Initiativen zur Verbesserung der Situation hat es auch schon einige gegeben. Meist sind sie von bestimmten Gruppen oder dem Bezirk ausgegangen. In der AG, so wird betont, seien dagegen unterschiedliche Akteure beteiligt gewesen. Anwohner ebenso wie Vertreter von Einrichtungen und aus der Verwaltung. Unterfüttert wurden ihre Debatten durch eine Nutzungsanalyse der Ethnologin Dr. Franziska Becker. Daraus entstand zum ersten Mal ein Konzept, das alle Aspekte des Parks berücksichtige, sagt Baustadtrat Hans Panhoff (Bündnis 90/Grüne).

Gespräche mit Nachbarn und Dealern

Franziska Becker hat zwischen Dezember 2015 und März 2016 "Feldforschung" im Park betrieben und Interviews mit nahezu allen Personengruppen geführt – von Nachbarn über Anbieter und Projekte bis zu den Dealern. Dabei wurde sie mit teilweise völlig konträren Ansichten zum Görli konfrontiert. "Hier ist jeder Busch politisch", lautete dann auch die Überschrift ihrer Studie.

Für manche Leute bedeute der Görli noch immer ein Freiraum und eine "widerborstige Enklave, die es um jeden Preis zu verteidigen gilt", heißt es im Handlungskonzept. Im krassen Gegensatz dazu steht die Wahrnehmung vieler Anwohner. Eltern verbieten ihren Kindern in den Park zu gehen. Frauen machen teilweise weite Umwege, um die Anlage nicht durchqueren zu müssen. Familien suchen lieber weiter entfernte Grünflächen auf.

Der Park müsse für alle nutzbar sein, lautet ein Ergebnis. Das bezieht sich ebenso auf Personen, die sich dort nicht sicher fühlen, gilt aber auch für "Männer aus Ländern des afrikanischen Kontinents", womit wohl die Drogenhändler beschrieben werden, oder für Menschen aus Osteuropa, die im Görli campieren. Gerade für diese Gruppen müsse es mehr Unterstützung geben.

Parkläufer unterwegs

Erste Maßnahme ist das Einsetzen eines Parkkoordinators, der zeitnah seine Arbeit aufnehmen soll. Zu seinem Aufgabenfeld gehört vor allem die Kommunikation mit verschiedenen Akteuren, der Verwaltung und den Besuchern. Ebenfalls geplant sind sogenannte Parkläufer. Sie sollen zumindest tagsüber anwesend und ansprechbar sein und damit für ein größeres Sicherheitsgefühl sorgen.

Die Wirkung der Parkläufer kann allerdings allein von ihrem Auftreten und der Fähigkeit zur Vermittlung ausgehen. Gesetzliche Aufgaben oder Sanktionsmöglichkeiten wie das Ordnungsamt und die Polizei haben sie natürlich nicht. Deshalb sollen sie mit beiden in engem Kontakt stehen. Erhofft wird, dass sich durch die Parkläufer die Präsenz der Polizei verringern lässt.

Außerdem werden bauliche Veränderungen vorgeschlagen. Sie reichen vom Wegfall von Barrieren oder einem Ausbau von Querverbindungen bis zu kulturellen und sportlichen Angeboten. Etwa im Bereich des ehemaligen Pamukkale-Brunnens, wo bereits in diesem und vergangenem Jahr einige Konzerte stattgefunden haben. Als eine Art Anker für Sportaktivitäten würde sich das sogenannte Haus 3 anbieten, in dem sich das Jugendzentrum "Kreuzer" befindet. Hier könnte es zum Beispiel eine Skaterrampe oder eine Kletterwand geben. Auch Umbauten am Haus wurden überlegt.

Wie realistisch ist das?

Ob die vielen Ideen und Wünsche verwirklicht werden, hängt vor allem vom Geld ab. "Gesichert" sei die Stelle des Parkkoordinators, sagt Hans Panhoff. Allerdings scheint noch nicht ganz klar, aus welchem Topf er bezahlt werden soll. Denn im aktuellen Haushalt gibt es dafür keinen Posten.

Das gilt erst recht für die Parkläufer, für die rund 300 000 Euro benötigt werden. Bei allen Ausgaben sieht der Stadtrat nicht allein das Grünflächenamt in der Pflicht. Der Kernpunkt des Konzepts sei ja gerade, dass der Görli nicht mehr als Grünfläche, sondern als Sozialraum definiert werde. Das bedeute aber, dass auch andere Abteilungen gefordert seien.

Die vage Finanzierung war ein Grund für kritische Nachfragen. Auch dass das Handlungskonzept eher eine Art "Wunschkonzert" darstelle, wurde teilweise bemängelt. Und es gab auch Zweifel, ob sich dadurch an der Situation im Görlitzer Park etwas verändert. Stadtrat Panhoff stellt solchen Einwänden die breite Kooperation in der AG und die künftige Beteiligung vieler Akteure gegenüber. Sie soll auch in Zukunft durch einen Parkrat sicher gestellt werden. Schon das bedeute mehr Engagement und Verantwortung und sei deshalb bereits ein Fortschritt. tf

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

47 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Hüft- und Knieschmerzen müssen nicht sein.  | Foto: AdobeStock_197992483

Infoabend für Patienten
Schluss mit Hüft- und Knieschmerzen!

Leiden Sie unter Hüftschmerzen, die Ihr Leben dauerhaft beeinträchtigen? Oder schmerzt das Knie bei jedem Schritt? Dann lassen Sie sich nicht länger quälen! Wir laden Sie herzlich zu unserem Infoabend ein, bei dem Sie die neuesten Wege zur Befreiung von Hüft- und Knieschmerzen entdecken können, ohne sich vor dem Eingriff fürchten zu müssen. Unser renommierter Chefarzt für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie Leiter des Caritas Hüftzentrums, Tariq Qodceiah, wird Sie durch die modernsten Methoden...

  • Westend
  • 26.03.24
  • 187× gelesen
Jobs und KarriereAnzeige
Foto: VEAN TATTOO
4 Bilder

Tattoo-Kurse
Ausbildung für Topberuf des letzten Jahrzehnts

Eine Frage, die immer aktuell ist, auch wenn man schon vor langer Zeit erwachsen ist. Sehr oft entscheiden wir uns aufgrund des sozialen Drucks für einen Beruf. Wie oft haben Sie sich gefragt, was aus Ihnen geworden wäre, wenn Sie auf sich selbst gehört hätten? VEAN TATTOO hat diese wichtige Frage vor zwölf Jahren ehrlich für sich selbst beantwortet und reicht daher ohne Zweifel allen, die über ihren ersten oder neuen Beruf nachdenken, eine helfende Hand. Es liegt an Ihnen, zu entscheiden,...

  • Mitte
  • 25.03.24
  • 368× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Seinen Füßen sollte man sehr viel Aufmerksamket schenken.

Infos für Patienten
Thema: „Rund um den ganzen Fuß"

Haben Sie Ihren Füßen jemals gebührende Aufmerksamkeit geschenkt? Oft vernachlässigen wir sie, solange sie funktionieren und schmerzfrei sind. Doch wenn Probleme auftreten, wird uns die Bedeutung dieses komplexen Körperteils schlagartig bewusst. Unsere zertifizierten Fußchirurgen geben Ihnen einen tiefen Einblick in die Anatomie des Fußes und beschäftigen sich gezielt mit Problemen wie Fehlstellungen und Verletzungen mit innovativen Lösungsansätzen für diese häufig auftretenden Probleme....

  • Pankow
  • 06.03.24
  • 1.334× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Mit zunehmendem Alter stellen sich oft auch Fragen zur Sicherheit von Narkosen. Wir beantworten Ihre Fragen gern. | Foto: Volkmar Otto

Sicherheit während der OP
Wie sicher sind Narkosen im Alter?

Im Laufe unseres Lebens steigt die Wahrscheinlichkeit, dass wir eine Operation benötigen. Doch mit zunehmendem Alter stellen sich oft auch Fragen zur Sicherheit von Narkosen. Zum Beispiel können Herz-Kreislauf-Erkrankungen, schwere Lungenkrankheiten oder Demenz die Narkoseverträglichkeit beeinflussen. Wir laden Sie herzlich ein, Ihre Fragen und Bedenken mit uns zu teilen. Unser Ziel ist es, Ihnen die Angst vor der Narkose zu nehmen und Ihnen ein Verständnis dafür zu vermitteln, wie wir Ihre...

  • Reinickendorf
  • 13.03.24
  • 1.164× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.