Bezirksverordnete debattieren erneut über die Gerhart-Hauptmann-Schule

Wachschützer an der Kreuzberger Gerhart-Hauptmann-Schule. Sie werden dort wohl noch länger bleiben als erwartet. | Foto: Thomas Frey
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Kreuzberg. Bei der letzten BVV-Sitzung vor der Sommerpause am 15. Juli wurde es noch einmal heftig. Den Anlass dazu gab, wieder einmal, eine Debatte um die Gerhart-Hauptmann-Schule. Sie war auch schon von erstem Vorwahlkampfgeklingel geprägt.

Vor allem die SPD und die Linkspartei nahmen die grüne Mehrheitsfraktion und ihre Vertreter im Bezirksamt aus unterschiedlichen Gründen in die Zange.

Das Startsignal gab ein am Ende abgelehnter Antrag, in dem die Fraktionen der Linken und der Piraten vom Bezirksamt verlangten, den Rechtsstreit mit den Besetzern zu beenden und den Einspruch beim Oberverwaltungsgericht zurückzuziehen. Vor dem Kadi gebe es kaum Aussicht auf Erfolg, meinte der Linke-Bezirksverordneter Oliver Nöll. „Anwälte ganz unterschiedlicher Richtungen sehen das genauso.“ Deshalb könne man sich die Kosten für weitere juristische Schritte sparen.

Die werden, laut Finanz- und Immobilienstadträtin Jana Borkamp (Bündnis90/Grüne) in diesem Jahr rund 17 000 Euro betragen. Das sind zwar eher Peanuts im Vergleich zu den rund 1,5 Millionen, die derzeit per anno für die besetzte Schule aufgewendet werden müssen. Aber Kleinvieh mache auch Mist, findet Nöll. „Wir streiten uns manchmal über geringere Summen, die an anderer Stelle gekürzt werden müssen.“

Gelöst werden könne das Problem Hauptmann-Schule nach Meinung der Antragsteller ohnehin nur durch weitere Gespräche mit den Bewohnern. Dass sie bisher erfolglos verlaufen sind, liege nicht zuletzt an dem Gerichtsverfahren. Und daran, dass das Bezirksamt als Verhandlungspartner ohnehin versagt habe.
Einen Ball, den John Dahl (SPD) auf der anderen Seite des Spielfeldes aufnahm. Ähnlich wie Nöll hält auch er wenig von weiteren Prozessen. Denn schon bei der Entscheidung des Verwaltungsgerichts habe der Bezirk „in Bud-Spencer-Manier einen Hieb nach dem anderen bekommen.“Besonders der „Dilettantismus“ einer schriftlich fixierten Vereinbarung fliege ihm jetzt um die Ohren.

Wie mehrfach berichtet. hatten in den turbulenten Tagen rund um die Hauptmann-Schule im vergangenen Sommer die Grünen-Stadträte Hans Panhoff und Jana Borkamp mit den Besetzern einen Kontrakt unterzeichnet, der ihnen erst einmal ein Bleiberecht einräumte. Unter anderem mit diesem Papier begründete das Gericht, warum es sich in seinen Augen bei der Hauptmann-Schule nicht um eine herkömmliche Besetzung handelt.

Vor allem das Verhalten von Hans Panhoff erschließe sich ihm bis heute nicht, erklärte John Dahl. Der habe noch zwei Tage zuvor ein Räumungsersuchen bei der Polizei gestellt. „Und dann macht er einen Schwenk um 180 Grad“.

Redner der Grünen verwiesen erneut auf die Ausnahmesituation jener Tage. Die Besetzer hätten gedroht, sich vom Dach zu stürzen, rief Kristine Jaath den Anwesenden ins Gedächtnis. Diese Gefahr war gebannt, nachdem eine Räumung abgeblasen worden sei, erwiderte Dahl. Weshalb war dann noch eine schriftlicher Abmachung nötig?

Es ist ein offenes Geheimnis, dass Panhoff und Borkamp damals von Parteifreunden mehr oder weniger zu ihren Unterschriften genötigt worden waren. Das wissen natürlich auch die Sozialdemokraten und kratzen in der Wunde. Auch der Vorwurf des „Abtauchens“ gegenüber Bürgermeisterin Monika Herrmann (Bündnis90/Grüne) gehört zu diesem Komplex. „Moni darf nicht beschädigt werden“, habe eine Grünen-Abgeordnete damals an der Hauptmann-Schule in ihr Handy gerufen, behauptete Dahl unwidersprochen.

Monika Herrmann und Jana Borkamp hingegen hatten zuvor erneut auf zahlreiche Angebote verwiesen, die den Besetzern gemacht wurden. Und zwar nicht vom Bezirksamt, sondern von Vertretern der evangelischen Kirche oder vom Bündnis „Zwangsräumungen verhindern“. Alles ohne Erfolg. Schon deshalb bliebe wenig mehr als der Einspruch beim Oberverwaltungsgericht. Im übrigen habe nicht der Bezirk, sondern die Bewohner den Rechtsweg eingeschlagen, so Jana Borkamp.

Für John Dahl lässt sich die verfahrene Situation wahrscheinlich erst dann lösen, „wenn der Souverän gesprochen hat“. Sprich, nach der nächsten Wahl im September 2016. tf

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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