Bezirk will Kneipenflut im Graefekiez eindämmen
Denn nicht nur in diesem Quartier verdrängen Gastronomiebetriebe immer mehr alteingessene Geschäfte und sorgen für ein Ansteigen der Ladenmieten. Wie eine Zählung ergab sind im Graefeviertel 138 von insgesamt 505 Gewerbebetrieben Cafés, Lokale oder Imbissbuden. Bereits im Dezember hat die BVV das Bezirksamt aufgefordert dagegen vorzugehen. Eine Handhabe dazu bietet möglicherweise der Paragraf 15 der Baunutzungsverordnung. Er besagt, dass weitere Restaurants in Wohngebieten untersagt werden können, wenn dadurch der Charakter des Viertels verändert wird. Etwa dann, wenn es dort immer weniger Läden für die tägliche Nahversorgung der Einwohner gibt.Ob das für den Graefekiez wirklich zutrifft, prüft derzeit noch das Rechtsamt. "Gibt es von dort ein Okay, wollen wir zunächst einen Präzendenzfall schaffen", sagt Wirtschatsstadtrat Dr. Peter Beckers (SPD). Konkret bedeutet das, dem nächsten Antrag auf eine Lokalgenehmigung werde nicht mehr stattgegeben. "Die Frage ist dann, ob der Betreffende dagegen Rechtsmittel einlegt und das Gericht seine Klage abweist." Danach könnte es auch in weiteren Gebieten zu einem Kneipenstopp kommen. Als nächstes wahrscheinlich im Wrangelkiez.
An anderen Orten wurde der Paragraf 15 bereits erfolgreich angewandt. Vorreiter war 2011 die Stadt Worms in Rheinland-Pfalz, die damit die Eröffnung eines Bistros verhindert hat. Der Beschluss hatte auch vor dem Oberverwaltungsgericht Bestand. 2012 verweigerte der Bezirk Tempelhof-Schöneberg zwei neuen Lokalen in der Maaßenstraße die Genehmigung.
Um gegen weitere Kneipen vorgehen zu können, muss der Bezirk außerdem seine internen Verwaltungsabläufe verändern. Für einen Gastronomiebetrieb braucht es die Genehmigung der Gewerbe- und der Bauaufsicht. Nur das Votum der Bauaufsicht ist aber für eine Ablehnung nach Paragraf 15 entscheidend. Häufig beschäftigt sich dieses Amt aber erst mit einem Antrag, wenn die Gewerbegenehmigung bereits vorliegt.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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