Der Berliner Meistersaal wurde 100 Jahre alt

Der renovierte Meistersaal. | Foto: BESL
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Kreuzberg. Mit seinen klassizistischen Säulen am Eingang fällt das Haus schon von weitem auf. Es sticht heraus zwischen den Neubauten in seiner Umgebung. Aber nicht nur deshalb ist der Berliner Meistersaal in der Köthener Straße ein besonderes Gebäude.

Eingeweiht wurde der repräsentative Bau am 18. Oktober 1913 als Repräsentanz des "Verbandes der Baugeschäfte von Berlin und Vororten." In den vergangenen Jahrzehnten wurde er vor allem als Tonstudio für viele Musiker bekannt. Von Zarah Leander bis Depeche Mode, Roland Kaiser, Nena oder U2, Reinhard Mey, die Toten Hosen und viele andere spielten ihre Platten in den Ariola- und später Hansa-Studios ein. Und nicht zu vergessen David Bowie und sein "Heroes"-Album.Dabei ist der Meistersaal genau genommen nur ein Raum in dem sechsgeschossigen Haus. Aber eben der Größte und Schönste mit seiner vergoldeten Stuckdecke und den Holzsäulen an den Wänden.

Seinen Namen erhielt er, weil die Bauhandwerker hier ihre Meisterbriefe verliehen. Aber er diente auch als Ort für Feste oder Konzerte. Und schon die Wahl des Ortes zeugte vom Selbstbewusstsein der Branche. Nahe am Potsdamer Platz, schon im kaiserlichen Berlin ein gerade auch kulturelles Zentrum der Stadt.

Das blieb auch so nach dem ersten Weltkrieg während der Weimarer Republik. Damals wurde der Meistersaal zu einer Bühne der sogenannten "Goldenen Zwanziger". Bekannte Künstler gastierten und trafen sich hier. Zeitweise hatte auch der Malik-Verlag der linken Avantgardisten um Wieland Herzfelde hier seinen Sitz.

Während der Nazizeit gab es im Meistersaal Konzerte der Reichsmusikkammer. Im zweiten Weltkrieg wurde er durch Bombenangriffe schwer beschädigt, blieb allerdings im Gegensatz zu den meisten Gebäuden in der Nachbarschaft erhalten. Nach 1961 befand sich das Gebäude wenige Meter von der Mauer entfernt in einem toten Winkel des damaligen West-Berlin.

Entdeckt wurde es einige Jahre später von der Schallplattenfirma Ariola, die hier das erste Tonstudio einrichtete. Der Grund dafür war die hervorragende Akustik des Meistersaals. 1976 übernahmen die Meisel Musik Verlage das Haus, es beherbergte fortan die Hansa-Studios. Spätestens ab dieser Zeit bekam der Ort in der Musikszene auch weltweite Bedeutung. "Das lag zum einen an den optimalen Arbeitsbedingungen", sagt Hansa-Studioleiter Tom Müller. Fasziniert seien die Künstler aber auch von seiner Lage, unweit der betonierten Grenze durch Berlin gewesen. Es wurde als "the big hall by the wall" (die große Halle an der Mauer), so ein Ausspruch von David Bowie, bekannt. Und wenn ein neuer Hit produziert war, bekamen ihn die DDR-Grenztruppen als erste zu hören. "Wir öffneten dann die Fenster oder gingen auf’s Dach und drehten die Lautstärke auf", erinnert sich Tom Müller.

Dieses Alleinstellungsmerkmal verschwand mit dem Ende der Teilung. Heute ist die Gegend nicht mehr wieder zu erkennen. Aber in dem Gebäude spielen weiter berühmte Künstler ihre Platten ein. Marius Müller-Westernhagen war zuletzt hier, als nächstes kommt Udo Jürgens. Herbert Groenemeyer hat eine ganze Etage gemietet. Aktuell gibt es dort 16 Studios.

Nur der Meistersaal selbst wird nicht mehr für Aufnahmen genutzt. Er wurde ab 1993 detailgetreu wieder hergestellt und dient jetzt für Veranstaltungen aller Art. Auch für private Feiern kann der Raum gemietet werden. Die Sanierung sollte eigentlich 500 000 Mark kosten. "Es wurden aber zwei Millionen", sagt Eigentümerin Doris Meisel. 2008 folgte der Einbau neuer Bühnen- und Beleuchtungstechnik und einer "Wall of Fame" im Eingangsbereich. Dort wird an die Sänger und Bands erinnert, die in der Vergangenheit und bis heute hier gastierten.

Thomas Frey / tf
Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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