Eine Ausstellung in der Marheineke-Markthalle aus aktuellem Anlass

"Ein Vorkommnis in der Bezirkshaftanstalt". Stasi-Akten zum Tod von Matthias Domaschk. | Foto: Frey
  • "Ein Vorkommnis in der Bezirkshaftanstalt". Stasi-Akten zum Tod von Matthias Domaschk.
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Kreuzberg. Am 2. November wurde in der Browse-Gallery in der Markthalle am Marheinekeplatz die Ausstellung "Jugendopposition und Repression in der DDR" eröffnet. Die Schau an diesem Ort ist allerdings ist weit mehr als lediglich eine Erinnerung an die jüngste deutsche Vergangenheit.

Im vergangenen Sommer war bekannt geworden, dass Horst Köhler, der Center-Manager der Markthalle, rund zwei Jahrzehnte als hauptamtlicher Mitarbeiter des Ministerums für Staatssicherheit tätig war. Als damaliger Stasi-Hauptmann führte er im April 1981 die letzten Vernehmungen mit Matthias Domaschk. Matthias Domaschk gehörte zu einem Widerstandskreis, der sich seit den 1970er Jahren in Jena gebildet hat. Er wurde am 10. April 1981 im Zug verhaftet, als er eine private Reise nach Berlin antreten wollte. Im Gefängnis wurde er zwei Tage später tot aufgefunden. Woran er gestorben ist, ist bis heute nicht eindeutig geklärt. Horst Köhler hat sich dazu niemals geäußert. Seine Karriere bei der Stasi kam nach dem Tod von Domaschk erst richtig in Fahrt. Er wurde in die Berliner Zentrale versetzt und war im Rang eines Majors Mitarbeiter der Hauptabteilung XX. Als die Vorwürfe öffentlich wurden, beendete die Berliner Großmarkt GmbH das Arbeitsverhältnis mit Köhler. Diese Entscheidung bedeutete aber nicht, "dass wir ihn schuldig sprechen", erklärte Geschäftsführer Andreas Foidl bei der Eröffnung. Für ihn ist an der ganzen Geschichte ein anderer Aspekt frappierender und nachdenkenswerter. "Ich hätte nicht geglaubt, dass uns dieses Thema in der Kreuzberger Markthalle einmal ganz konkret und individuell betrifft." Deshalb habe er nach anfänglicher Zurückhaltung die Ausstellungs-Idee unterstützt. "Wir befassen uns zu wenig mit der eigenen Geschichte". Die Historie der DDR-Opposition und Stasi-Repression gelte im ehemaligen West-Berlin noch immer als besonderes Spezifikum des Ostens, mit dem es eigentlich wenig Berührungspunkte gebe. Dass das zu kurz gedacht sei, zeige nicht nur der Fall Horst Köhler.

Er werfe darüber hinaus Fragen auf, die immer noch aktuell seien, meint Jan Drieselmann, Geschäftsführer des Stasimuseums Berlin. Unabhängig von juristischer Verantwortung habe Köhler Schuld auf sich geladen. "Schuld, weil er in das Leben vieler Menschen eingegriffen und es oft zerstört hat." Schuld auch, weil er sich freiwillig und anscheinend mit Begeisterung der Staatssicherheit gedient habe. "Denn niemand wurde dort hingeprügelt." Das führe wiederum zu der Frage, unter welchen Bedingungen sich jemand einer solchen Tätigkeit verschreibt? Welche Eigenschaften und Erklärungen bringt er dafür mit?

Antworten darauf versucht einer der drei Schwerpunkte der Ausstellung zu geben, der mit dem Titel "Alles zum Wohle des Volkes" umschrieben ist. Dokumentiert sind hier die letzten Tage von Matthias Domaschk aus der Sicht der Stasi. "Uns interessiert dabei bewusst nicht das wirkliche Geschehen, sondern das Bild der Mächtigen von der Realität", sagt Drieselmann. Der Ausstellungsbesucher soll auf diese Weise dazu animiert werden, sich kritisch und selbstreflektierend mit dem Herrschaftssystem und seinen Akteuren auseinander setzen. Auch mit den Auszügen aus der Stasi-Akte von Horst Köhler, die hier ebenfalls zu sehen sind. Für 2014/15 plant das Stasimuseum eine große Dauerausstellung zu diesem Thema.

Die beiden weiteren Bereiche kommen von der Robert Havemann Gesellschaft und skizzieren die Vorgeschichte der Verfolgung von Matthias Domaschk. Ihr Ausgangspunkt war nicht nur bei ihm der Protest gegen die Ausbürgerung des Liedermachers Wolf Biermann im November 1976. Außerdem geht es an Hand weiterer biografischer Beispiele um die Jugendopposition in der DDR.

Auf diese Weise gibt die Ausstellung einen Einblick in einen Repressionsapparat und seine Auswirkungen für diejenigen, die dagegen aufbegehrten. Sie soll aber auch für heutige Bedrohungen der Freiheit sensibilisieren.

Geöffnet ist bis 30. November, Montag bis Freitag von 8 bis 20, Sonnabend, 8 bis 18 Uhr.
Thomas Frey / tf
Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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