Rettung mit vielen Unbekannten: Die Baerwaldbad-Insolvenz und ihrer Auswirkungen für den Bezirk

Seit 1901 existiert das Baerwaldbad. Wie sieht seine Zukunft aus? | Foto: Thomas Frey
2Bilder
  • Seit 1901 existiert das Baerwaldbad. Wie sieht seine Zukunft aus?
  • Foto: Thomas Frey
  • hochgeladen von Thomas Frey

Kreuzberg. Seit 27. April ist das Baerwaldbad vollständig geschlossen. Letzter Anlass dafür war eine erneute Überprüfung des Gesundheitsamtes, die Mängel an der Wasserqualität feststellte.

Das offizielle Aus ist aber nur noch eine Fußnote in der unendlichen Causa um das Bad an der Baerwaldstraße. Bereits seit der Insolvenz und den in den Tagen darauf aufgetretenen Schäden findet dort kein Schulschwimmen mehr statt. Und nicht nur deshalb muss sich das Bezirksamt mit den Lasten aus der Vergangenheit und einer möglichen Zukunft des Gebäudes beschäftigen.

Begonnen hat dieses aktuelle Kapitel, wie berichtet, Anfang Februar. Damals waren die Brüder Dietmar und Guido Kersten zu neuen Vorständen des Betreibervereins TSB Berlin gewählt worden. Nach eigenen Angaben hätten sie erst danach einen umfassenden Einblick in die Bücher nehmen können. Dabei sei ihnen das Ausmaß der Zahlungsschwierigkeiten klar geworden. Es blieb nur der Insolvenzantrag.

Die Kerstens sind inzwischen von ihren Vorstandsposten wieder zurückgetreten. Ein Insolvenzverfahren ist bisher nicht eingeleitet und damit auch kein Insolvenzverwalter bestimmt worden. Wie zu hören war, fehlen dem Amtsgericht dafür noch weitere Unterlagen.

Parallel dazu gaben nicht nur Dachziegel, die nach einem Sturm auf die Straße flogen, einen Eindruck davon, wie es um die Substanz des Gebäudes bestellt ist. Bürgermeisterin Monika Herrmann schätzt die Sanierungskosten auf 20 bis 26 Millionen Euro. Andere Prognosen gehen ebenfalls von einer mindestens zweistelligen Millionensumme aus.

Der TSB hatte das Bad 2003 übernommen, nachdem es die Berliner Bäder Betriebe damals vom Netz nehmen wollten. 2011 ging auch das Gebäude per Erbbaupachtvertrag an ihn. Dass die Finanzierung des laufenden Betriebs eher auf Kante genäht war, konnte sehr schnell vermutet werden. Für bauliche Unterhaltung und erst recht Sanierungen blieb kaum Geld.

Für Kurzzeit-Vorstand Dietmar Kersten war es vor allem die eineinhalbjährige vom Gesundheitsamt verfügte Schließung zwischen Frühjahr 2015 und Ende 2016, die dem Verein finanziell das Genick gebrochen hatte. Dem widerspricht Bürgermeisterin Herrmann und kann sich durch die riesige Altlast bestätigt fühlen. Während des ausgesetzten Betriebs hätte vielmehr die Möglichkeit bestanden, einmal eine detaillierte Bestandsaufnahme vorzunehmen.

Die gibt es jetzt und sie birgt mehrere Unwägbarkeiten. Die erste: Wer ist eigentlich aktuell für das Bad verantwortlich? Bisher noch immer der Verein, wird im Bezirk klargemacht. Friedrichshain-Kreuzberg will verhindern, dass ein sogenannter "Heimfall" eintritt, sprich die Rückübertragung des Erbbaugebäudes, denn der würde eine direkte Verantwortung bedeuten.

Die nächste Frage lautet: Wie sieht es mit der Sanierung aus und wer finanziert sie? Schon lange geplant war eigentlich, dass umfangreiche Arbeiten in dem Bad stattfinden sollen, bezahlt etwa aus Mitteln des städtebaulichen Denkmalschutzes. Um dieses Geld zu bekommen, gilt es aber drittens zu klären, was aus dem Gebäude wird.

Der Bezirkssportbund verlangt in einer Resolution die Rettung des Baerwaldbades. "Es muss weiter eine Sportnutzung geben, was hier konkret natürlich Schwimmen bedeutet", macht auch Sportstadtrat Andy Hehmke (SPD) deutlich. Ähnlich klingt das bei der Bürgermeisterin. Die einfachste Lösung wäre, wenn die Berliner Bäder Betriebe das Gebäude wieder übernehmen würden. Allerdings scheinen die, gelinde gesagt, darauf eher reserviert zu reagieren.

Aber auch auf der Grundlage eines Public-Private-Partnership könnte das Bad betrieben werden, zum Beispiel als Sportstätte mit Schwimmen und weiteren Angeboten. Vorausgesetzt, dass der Zugang für Schulen oder Vereine gesichert bleibt. Im besten Fall übernähme ein Interessent auch die Sanierung. Aber erst einmal müsste es einen geben. Und egal, wie eine mögliche Rettung aussehen könnte, sie benötigt einige Zeit.

Anhand dieser Zukunftsfragen erscheinen manche aktuellen Schwierigkeiten eher marginal, auch wenn sie für Ärger sorgen. Wegen der Insolvenz erhält der Bezirk keine Erbbauzinsen mehr. Schulklassen müssen jetzt in andere Bäder gefahren werden. Die Kosten dafür belasten den Haushalt. Ein anderes Problem konnte dagegen inzwischen gelöst werden. Bisher wärmte die Heizung des Baerwaldbades auch den Hortbereich der angrenzenden Bürgermeister-Herz-Grundschule. Was befürchten ließ, dass die Kinder im Kalten sitzen, wenn das Gebäude geschlossen ist. Diese Gefahr ist gebannt. Der gemeinsame Versorgung von Bad und Hort wurde gekappt. tf

Seit 1901 existiert das Baerwaldbad. Wie sieht seine Zukunft aus? | Foto: Thomas Frey
Kein Betrieb mehr. Das Baerwaldbad ist jetzt auch offiziell geschlossen. | Foto: Thomas Frey
Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

47 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Foto: pexels/Giulia Freitas
5 Bilder

Mode oder mehr?
Piercing. Von alten Ritualen bis zu moderner Kunst

Ist das Modeakzent oder kulturelles Erbe? Auf jeden Fall ist Piercing die beliebteste und gefragteste Körpermodifikation der Welt, die sowohl persönliche Vorlieben und Modetrends als auch tiefe kulturelle Traditionen widerspiegelt. Was ein modisches Piercing heute ist und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat, erfahren wir zusammen mit VEAN TATTOO in diesem Artikel. Eine der beliebtesten Arten von Piercings ist das Ohrlochstechen. Ein Klassiker aller Zeiten, ist das wirklich so und woher...

  • Mitte
  • 17.04.24
  • 472× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Wenn auch Sie mehr über Ihre Schulterbeschwerden erfahren möchten und sich über mögliche Behandlungsansätze informieren möchten, kommen Sie zum Informationsabend am 23. Mai. | Foto: B. BOISSONNET / BSIP

Wir informieren Sie
Schmerzen in der Schulter – Ursachen und Behandlungen

Schmerzen in der Schulter können vielfältige Ursachen haben – sei es durch Unfälle oder Verschleißerscheinungen. Diese Ursachen können die Beweglichkeit beeinträchtigen und die Lebensqualität stark einschränken. Unsere Experten, Dr. med. Louise Thieme und Robert Tischner, Teamchefärzte des Caritas Schulter- und Sportorthopädiezentrums, werden bei unserem Informationsabend speziell auf die Problematik von Schulterbeschwerden eingehen – vom Riss der Rotatorenmanschette bis zur Arthrose. Sie...

  • Pankow
  • 18.04.24
  • 439× gelesen
Gesundheit und Medizin
Wenn Hüfte oder Knie schmerzen, kann eine Arthrose die Ursache sein.

Infos für Patienten
Spezialthema: Arthrose in Hüft- und Kniegelenken

Sie leiden unter Schmerzen im Knie- und Hüftgelenk? Diese Beschwerden können verschiedene Ursachen haben, wie beispielsweise Unfälle, Verschleißerscheinungen, angeborene oder erworbene Fehlstellungen. Die Auswirkungen beeinflussen nicht nur die Beweglichkeit, sondern auch die Lebensqualität entscheidend. An diesem Infoabend möchten wir speziell auf die Arthrose in Knie- und Hüftgelenken eingehen. Die Behandlung von Arthrose erfolgt individuell aufgrund der vielfältigen Ursachen und...

  • Pankow
  • 19.04.24
  • 388× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Langanhaltende Schmerzen können ein Anzeichen für Gallensteine sein.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Wann ist eine OP sinnvoll?
Infos zu Gallensteinen und Hernien

Leiden Sie unter belastenden Gallensteinen oder Hernien (Eingeweidebruch) Langanhaltende Schmerzen begleiten viele Betroffene, unabhängig des Lebensalters, bevor sie ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung können jedoch häufig Komplikationen vermeiden. Wir sind auf die Behandlung dieser Probleme spezialisiert und bieten Ihnen erstklassige allgemein- und viszeralchirurgische Expertise. Von Diagnostik bis Nachsorge: Wir kümmern uns individuell um Ihre...

  • Reinickendorf
  • 17.04.24
  • 422× gelesen
Jobs und KarriereAnzeige
Foto: VEAN TATTOO
4 Bilder

Tattoo-Kurse
Ausbildung für Topberuf des letzten Jahrzehnts

Eine Frage, die immer aktuell ist, auch wenn man schon vor langer Zeit erwachsen ist. Sehr oft entscheiden wir uns aufgrund des sozialen Drucks für einen Beruf. Wie oft haben Sie sich gefragt, was aus Ihnen geworden wäre, wenn Sie auf sich selbst gehört hätten? VEAN TATTOO hat diese wichtige Frage vor zwölf Jahren ehrlich für sich selbst beantwortet und reicht daher ohne Zweifel allen, die über ihren ersten oder neuen Beruf nachdenken, eine helfende Hand. Es liegt an Ihnen, zu entscheiden,...

  • Mitte
  • 25.03.24
  • 1.739× gelesen
  • 1
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.