Schmuckstück ohne Zukunft? Altes Stadtbad Lichtenberg verfällt zusehends

Schmuckstück im Dornröschenschlaf: Das Hubertusbad ist im expressionistischen Stil gebaut. Seit 1991 ist es stillgelegt und verfällt zusehends. | Foto: Berit Müller
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Lichtenberg. Dutzende drängten sich vor dem Bauzaun in der Hubertusstraße. Nach langer Zeit durften am 9. September - zum Tag des offenen Denkmals - erstmals wieder Besucher ins alte Stadtbad Lichtenberg. Die Türen bleiben sonst fest verriegelt. 280 Tickets waren im Nu vergeben. Doch die Zukunft des verfallenden Schmuckstücks ist weiter ungewiss.

Der Anblick ist beklagenswert - nicht nur für Architekturfans oder Nostalgiker. Großflächig schälen sich Putzschnipsel von den Decken, überall liegt Dreck herum, es riecht modrig. Hier bröckeln Fliesen, dort sind Rohre und Fensterscheiben zerborsten. Aus den  Geländern in den Schwimmhallen haben Diebe die Messingteile herausgebrochen.

Wo zu DDR-Zeiten Kinder ihre ersten Schwimmzüge lernten, Vereinssportler nachmittags ihre Bahnen zogen und in den oberen Etagen Saunafreunde entspannten, bietet sich heute ein Bild des Verfalls und der Verwahrlosung. Hinter den Mauern des still gelegten Stadtbads Lichtenberg an der Hubertusstraße haben Leerstand, Dachschäden und Vandalismus massive Spuren hinterlassen.

„Das Schlimmste ist die Feuchtigkeit“, sagt Michael Metze. Der erste Vorsitzende des Fördervereins Stadtbad Lichtenberg blickt nach oben und deutet auf die Spuren der Nässe: „Wenn nicht bald wenigstens das Dach repariert wird, sehe ich schwarz.“ Seit fünf Jahren engagiert sich der Verein, um das im expressionistischen Stil erbaute, heute unter Denkmalschutz stehende Hubertusbad wiederzubeleben. Ein schwieriges Unterfangen. Denn die Sanierungskosten belaufen sich inzwischen auf rund 40 Millionen Euro. Viel Geld, das niemand zahlen will.

Das Stadtbad Lichtenberg eröffnete im Februar 1928 als Städtisches Volksbad – und war damals die modernste Einrichtung dieser Art in ganz Berlin. Allerdings sollten Familien dort nicht in erster Linie dem Spaß im Becken frönen, sondern Körperpflege betreiben. Anders als in vielen Wohnungen gab es dort Badewannen und Duschen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg diente das Haus dann hauptsächlich als Schwimmbad – dank der zwei Hallen blieben Männer und Frauen dabei zunächst unter sich. Später entstanden sogenannte Schamwände in den Duschen, so stand dem gemischten Schwimmvergnügen nichts mehr im Wege. Reparaturen oder Modernisierungen im Gebäude blieben aber aus. „Mann hätte schon in den 70er-, 80er-Jahren sanieren müssen“, sagt Michael Metze. „Aber die DDR hat das Haus auf Verschleiß gefahren.“ Auch nach der Wende geschah nichts. Ab 1991 blieb das Bad geschlossen.

Seitdem gab es diverse Bemühungen, das Gebäude aus dem Dornröschenschlaf zu holen. So hat die Eigentümerin – die Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) – lange Zeit versucht, das alte Stadtbad an private Investoren zu verkaufen. Es meldeten sich sogar einige Interessenten mit unterschiedlichsten Ideen. Doch alle Konzepte scheiterten an den strengen Auflagen des Denkmalschutzes.

Bürgermeister Michael Grunst (Die Linke) glaubt daher nicht, dass das Haus als Schwimmbad reaktiviert werden kann – obwohl Lichtenberg dringend mehr Hallen bräuchte. „Aber für 40 Millionen Euro könnten wir vier neue Schwimmbäder bauen.“ Trotzdem wünsche sich das Bezirksamt eine öffentliche Nutzung des Hauses, so der Rathauschef. „Wenn wir das Gebäude öffnen, kommt die Liebe mit der Zeit – und dann bestimmt auch ein umsetzbarer Plan für die Zukunft.“

In der Zwischenzeit führte der Förderverein mit der BIM etliche Gespräche und erhielt unter anderem die Erlaubnis, zum Tag des offenen Denkmals erstmals wieder Führungen durch die maroden Schwimmhallen, Treppenhäuser und Behandlungsräume anzubieten. Der bauliche Zustand lasse aktuell eigentlich keine Öffentlichkeit zu, hieß es seitens der Gesellschaft. Für weitere Veranstaltungen will die BIM nun ein Zwischennutzungskonzept erarbeiten; eine Machbarkeitsstudie soll klären, welche Reparatur-Maßnahmen möglich und nötig sind, damit die Öffentlichkeit ohne Gefahr ins Haus kann.

„Das Interesse ist ganz eindeutig da“, weiß Michael Metze. „Für den Denkmaltag hatten wir nur ein begrenztes Kontingent an Tickets, die Leute mussten sich anmelden. Alle Karten waren innerhalb von 24 Stunden weg.“ Metze hat sich über den Zulauf gefreut, wünscht sich für die Zukunft aber mehr. „Damit allein können wir das Bad nicht retten. Wir brauchen viele Menschen, die sich aktiv engagieren. Und keine Lippenbekenntnisse von der Politik.“ bm

Infos über den Förderverein auf www.stadtbad-lichtenberg.de

Autor:

Berit Müller aus Lichtenberg

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