Zentrum für die Kopten: Frühere Glaubenskirche wurde von der Kaiserin geweiht

Markant sind die Zwillingstürme der ehemaligen Glaubenskirche, die heute St. Antonius und St. Shenouda heißt und der koptischen Kirche gehört. | Foto: Berit Müller
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Mitten im Lichtenberger Kiez hat seit 20 Jahren die koptisch-orthodoxe Gemeinde, die ursprünglich aus Ägypten stammt, ein Domizil: in der Kirche St. Antonius und St. Shenouda am Roedeliusplatz. Das Gotteshaus wurde in den Jahren 1903 bis 1905 errichtet und als evangelische Glaubenskirche geweiht.

Nicht nur heute zieht es Familien nach Lichtenberg – auch vor 120 Jahren stiegen die Einwohnerzahlen im Dorf sprunghaft an. Um das Jahr 1900 herum lebten rund 48 000 Kinder, Frauen und Männer im Ort. Weil die meisten von ihnen Christen waren, wurde der Ruf nach einer großen Kirche laut.

Die Gemeinde besaß nur die Alte Pfarrkirche Lichtenberg – am heutigen Loeperplatz - und nutzte für Gottesdienste die Aula einer Schule in der Siegfriedstraße. Kaiserin Auguste Viktoria war prominente Unterstützerin für den Neubau, sie überließ das Bauland zum kostenlosen Erbbaurecht und steuerte zusammen mit einem Kirchenbauverein einen beträchtlichen Teil der Kosten bei. Architekt Ludwig von Tiedemann lieferte einen unentgeltlichen Vorentwurf, die Ausführungsplanung stammte von Robert Leibnitz, der auch den Bau begleitete. Die Kirchenweihe übernahm die Kaiserin dann persönlich, das neue Gotteshaus am Wagnerplatz, wie das Rondell zu dieser Zeit noch hieß, erhielt den Namen Glaubenskirche.

Die Ausrichtung der Kirche nach Norden ist unüblich und ein Zugeständnis der Baumeister an die Bedingungen der Baugenehmigung: Weil in unmittelbarer Nachbarschaft das neue Lichtenberger Königliche Amtsgerichtsgebäude mit einer repräsentativen, schlossartigen Fassade geplant war, sollte die Kirche ein statisches und bauliches Gegengewicht bilden. So begann der Bau erst, nachdem die Magdalenenstraße um fünf Meter nach Westen verlegt worden war.

Wie viele religiöse Bauten aus der Zeit um 1900 wurde die Glaubenskirche im historisierenden Stilmix mit mittelalterlichen Elementen gestaltet - in Anlehnung an Formen der späten Backsteingotik. Im Inneren bietet sie Raum für 1200 Sitzplätze. Beidseitig überdachte, zum Schiff hin geöffnete Kapellenbauten unter den hölzernen Emporen erweitern den Rumpf.

Das äußere Erscheinungsbild des symmetrischen Kirchenbaus prägt der Südturm, der im oberen Bereich in Zwillingstürme übergeht – mit Spitzen in 61 Metern Höhe. Ihm steht mittig die Taufkapelle vor. Flankiert von zwei zylindrischen Treppentürmen mit Zeltdach, im Norden begrenzen zwei quadratische Treppentürme mit Pyramidendach die Chorfront.

Vieles ist innen im Originalzustand

Der Innenraum ähnelt noch heute dem Originalzustand. Zur Ausstattung aus der Bauzeit gehören der Fußboden, das Gestühl, die Geländer der Orgel- und Seitenemporen sowie der Altar mit Schnitzreliefs von dem Holzbildhauer Kuntzsch aus Wernigerode. Der Taufstein und die Kanzel von Gustav Stein aus Berlin ergänzen das Interieur. Die in Ägypten gefertigte Ikonostase, eine mit Ikonen geschmückte Wand mit drei Türöffnungen, die den Altarraum vom übrigen Kirchenschiff trennt, hat die neue Gemeinde in den Innenraum integriert.

Denn seit dem Jahr 1998 befindet sich das Gotteshaus am Roedeliusplatz im Besitz der koptisch-orthodoxen Kirche, die das Bauwerk schrittweise sanieren lässt, es zum koptischen Bischofssitz ausbauen und zu einem ökumenischen Zentrum umgestalten will.

St. Antonius und St. Shenouda ist eines von über 170 Berliner Projekten, die die Deutsche Stiftung Denkmalschutz dank Spenden, mit Mitteln der GlücksSpirale und der Rentenlotterie gefördert hat. Seit 2001 profitierte die Kirche schon mehrfach. Mit Hilfe der Stiftung konnten bereits das große Hauptdach, die Seitenkapellendächer, die Dächer der Rund- und Vierecktürme sowie Teile des Chordachs saniert und zuletzt die Kupferhelme der beiden Haupttürme im Süden instandgesetzt werden. Im Oktober vergangenen Jahres sagte die Stiftung einen weiteren Fördervertrag über 45 000 Euro für Renovierungsarbeiten im Inneren der Kirche zu.

Autor:

Berit Müller aus Lichtenberg

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