Senat will an der Beratung von Frauen und Jugendlichen sparen
Hier lernen Kinder und Jugendliche, wie sie ungewollte Schwangerschaften vermeiden und was sexuell übertragbare Krankheiten sind. Über 400 Veranstaltungen in Sachen Sexualaufklärung führt das Familienplanungszentrum Balance mit Berliner Schulklassen jedes Jahr durch. In der Mauritiuskirchstraße 3 werden zudem geistig und körperlich beeinträchtigte Frauen psychologisch beraten und medizinisch versorgt. Unterstützt werden die Angebote auch durch das Land Berlin. Jetzt droht seitens der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales eine Kürzung der Mittel um 15 000 Euro für das laufende Jahr 2013. "Der Unterricht für die Kinder und Jugendlichen wären mit dieser Kürzung nicht mehr aufrecht zu erhalten", kritisiert Sybill Schulz, Geschäftsführerin des Familienplanungszentrums. Auch die medizinische Versorgung behinderter Frauen müsste eingeschränkt werden.
Die an den Frauenprojekten in Lichtenberg eingesparten Mittel sollen für ein anderes Frauenprojekt eingesetzt werden: finanziert werden soll eine kirchliche Beratungsstelle für die psychische Betreuung obdachloser Frauen. "Wir unterstützen dieses Beratungsprojekt", sagt Sybill Schulz. Es sei jedoch völlig unverständlich, warum für dessen Finanzierung vornehmlich an Frauenprojekten gekürzt wird. Neben dem Familienplanungszentrum in Lichtenberg ist auch die Lesbenberatung Berlin e.V. von Kürzungen betroffen.
Das Vorgehen der Senatsverwaltung kritisiert auch der Paritätische Wohlfahrtsverband Berlin: "Frei nach dem Motto ,Frauen sollen für Frauen blechen sollen beide Organisationen ihre psychosozialen Angebote für Frauen zusammenstreichen, damit woanders ein neues Angebot für wohnungslose Frauen entstehen kann", heißt es in einem offiziellen Schreiben.
In den vergangenen Jahren war das Familienplanungszentrum Balance drei Mal von Mittelkürzungen betroffen. Das Land Berlin finanzierte die Angebote zuletzt mit 249 000 Euro aus dem Fördertopf des Integrierten Gesundheitsprogramms (IGP) mit. Mit dem IGP werden 103 Projekte in Berlin unterstützt. "Warum nicht nach dem Gießkannenprinzip eingespart wurde und lediglich bei zwei Einrichtungen angesetzt wird, ist unverständlich", sagt Schulz.
Ohnehin deckt die Landessumme bislang nur 40 Prozent des Kostenbedarfs des Familienplanungszentrums. Beraten und versorgt werden hier auch Frauen mit Migrationshintergrund und Frauen ohne Krankenversicherung - wenn nötig kostenlos. Der Bedarf ist groß: rund 10 000 Frauen suchen hier jährlich Hilfe. Diese Hilfsangebote können nur mit zusätzlichen Mitteln geleistet werden. Das Familienplanungszentrum hat sich durch eine 20-jährige Erfahrung ein Renommee erarbeitet, das in Fortbildungen an andere Träger weitergegeben wird. "Die bisherigen Kürzungen konnten wir durch Eigenmittel noch einigermaßen auffangen, das wird künftig immer schwieriger", sagt Sybill Schulz. Die Gehälter vieler der insgesamt 30 Mitarbeiter sind auf dem Stand von 1997. Sybill Schulz fordert von der Senatsverwaltung, die angesetzte Kürzung umgehend zurückzunehmen. Eine Antwort darauf, warum ausschließlich bei zwei Frauenprojekten der Rotstift angesetzt wird, ließ die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales bis Redaktionsschluss offen.
Autor:Karolina Wrobel aus Lichtenberg |
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