Zille-Giebelbild wird von Hausanbau verdeckt
"Man muss sich beeilen, wenn man noch etwas sehen will. Alles verschwindet", sagte einst der Maler Paul Cézanne. Das gilt heute besonders für Bildkunstwerke im Stadtbild, denn viele dieser öffentlichen Werke sind nicht denkmalgeschützt. Wie etwa das kunstvolle Bild am Hausgiebel in der Robert-Uhrig-Straße 6a. Künstler schufen es nach dem Lithographie-Motiv "Singende Kinder" aus dem Jahr 1919 des Künstlers Heinrich Zille (1858-1929). Es entstand Ende der 1980er Jahre - und ist heute verschwunden. Es wird jetzt durch einen Hausanbau verdeckt. Eine Rechtsgrundlage, die das Verbauen des Bildes verboten hätte, gebe es nicht, heißt es aus dem Wohnungsaufsichtsamt im Bezirk. "Das Bild ist verdeckt, aber nicht zerstört", versichert der Stadtrat für Stadtentwicklung Wilfried Nünthel (CDU). Es habe Absprachen mit der Bauleitung gegeben.
"Das Bild hat zwar keine große kunstgeschichtliche Bedeutung für Lichtenberg", erklärt der Leiter des Museums Lichtenberg, Thomas Thiele. "Es ist jedoch ein zeitgeschichtliches Zeugnis." Der Bezirk hatte in der Vergangenheit viele Bildkunstwerke im öffentlichen Raum registriert, auch das Zille-Bild in der Robert-Uhrig-Straße ist dem Museumsleiter bekannt. Thomas Thiele bedauert, dass gerade dieses Motiv nicht sichtbar erhalten geblieben ist. Denn tatsächlich ist der Bezirk Lichtenberg mit der Biografie und dem Schaffen des legendären "Pinselheinrichs" verbunden. "Das wird zuwenig gewürdigt." Bislang wird Heinrich Zille mit einer Gedenktafel am Tuchollaplatz gedacht.
"Seine Wohnstätten in der Victoriastadt und der näheren Umgebung haben zur Reifung des Künstlers beigetragen", weiß Thomas Thiele. Zusammen mit seiner Familie zog der Künstler erst 1892 nach Charlottenburg, wo er fast vierzig Jahre verbrachte. Seine Werke sind heute ein Zeugnis der damaligen gesellschaftlichen Milieus. Die Arbeiterviertel und Straßen Berlins boten Zille viele Motive. An fünf Adressen war Heinrich Zille in Lichtenberg und Umgebung beheimatet, unter anderem in der Lückstraße, der Pfarr- und der Türrschmidtstraße.
Umso mehr freut sich der Leiter des Museums Lichtenberg, dass gerade Anwohner die Geschichte ihres Stadtteils aufgreifen. "Auf unserem Grundstück war Zille einst beheimatet und so lag die Idee mit dem Wandbild nahe", erklärt Frank Szullo, der an der Fischerstraße 4 einen Reparaturservice betreibt. Er ließ auf einer langgezogenen Mauer gleich zwei Zille-Motive nach echten Vorbildern von professionellen Sprayern aufbringen. Auf dem Grundstück befand sich das einstige Wohnhaus, in das Heinrich Zille 15-jährig einzog.
Autor:Karolina Wrobel aus Lichtenberg |
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