Ein Unternehmen zeigt, wie wertvoll Mitarbeiter mit Handicap sein können

Christiane Schreier kümmert sich um die Ordnung in der Gemüse- und Obstabteilung. | Foto: Wrobel
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Lichtenberg. Menschen mit Behinderungen leisten oft hochmotiviert Service am Kunden, auch wenn sie nicht alle Aufgaben übernehmen können. In den CAP-Lebensmittelmärkten wird dieses Wissen genutzt.

„Ich bin die kleinste Chefin hier“, schmunzelt Christiane Schreier. Die 41-Jährige ist im CAP-Lebensmittelmarkt in der Rüdigerstraße 75 für die Obst- und Gemüseabteilung zuständig. Sie verantwortet eigenständig die Aussortierung von Ware, die sich nicht mehr verkaufen lässt und achtet darauf, dass die Kunden gleich neben der Ware den richtigen Preis finden. Daneben hilft sie den Kollegen in anderen Abteilungen aus, etwa bei den Molkereiprodukten. Am liebsten würde sie in dem Lebensmittelmarkt ja alles machen, lacht sie.

Ihr gefällt die Abwechslung, aber auch die Eigenverantwortung an ihrem Arbeitsplatz. Das ist durchaus eine andere Situation, als es viele Menschen mit Behinderung gewohnt sind. Schreier: „Ich arbeitete vorher in einer Behindertenwerkstatt, machte ein Praktikum als Mechanikerin.“ Erst im Lebensmittelmarkt fand sie ihren Traumjob. Seit 2011 arbeitet sie im CAP-Lebensmittelmarkt. In diesen Märkten hat es die Inklusion auf den Arbeitsmarkt geschafft. Denn hier arbeiten Menschen mit und ohne Handicap ganz selbstverständlich miteinander. Oft merken die Kunden nur an Kleinigkeiten, dass hier etwas anders ist: Die Flure sind größer, weil barrierefrei und somit auch von Rollstuhlfahrern befahrbar, die Regale niedriger. Vielen Mitarbeitern sieht man die Behinderung nicht an – so wie Christiane Schreier, die über ihr Handicap auch gar nicht sprechen will. Nicht das Handicap sei wichtig, sondern gute Arbeit, findet sie. „Wir fahren hier kein Schonprogramm“, weiß die Nobis-Geschäftsführerin Marion Welz.

Dieses gemeinnützige Integrationsunternehmen vermittelt Menschen mit Behinderung an verschiedene Arbeitgeber und betreibt in Berlin die CAP-Lebensmittelmärkte. Drei davon gibt es bereits in der Hauptstadt – alle befinden sich in Lichtenberg und schaffen den Spagat zwischen Inklusion und Wirtschaftlichkeit. Insgesamt 123 Menschen arbeiten in den Lebensmittelmärkten, davon sind 64 schwerbehindert. Marion Welz bemängelt, dass Behinderte für viele Arbeitgeber gar nicht erst infrage kommen. „Dabei sind sie hochmotiviert.“

Bemüht sich ein Mensch mit Handicap um Arbeit auf dem offenen Arbeitsmarkt, ist er im System gefangen: Im Mittelpunkt steht die Funktionsbeeinträchtigung. „Natürlich ist für einige eine längere Sitztätigkeit oder das Heben von Waren schwierig. Doch insgesamt sagt der Grad der Behinderung wenig darüber aus, was ein Mensch wirklich leisten kann“, findet Welz und nennt Beispiele: So befindet sich in der Crew des CAP-Teams auch ein schwerhöriger Fahrer, der mit Hörgerät sein Tagwerk bestreitet. Andere Menschen mit Handicaps arbeiten als Verkäuferin oder Servicekraft. Wo eine psychische Behinderung hohe Hürden setzt, wird im Tandem gearbeitet. Nicht nur guter Service ist eine Zielvorgabe, sondern vor allem ein solides Wirtschaftlichkeitsniveau, das trotz vieler Herausforderungen beim Führen einer Filiale erreicht wird.

Ein inklusiver Erfolg, der auch von der Politik wahrgenommen wird. „Wo andernorts Mitarbeiter durch automatisierte Kassen ersetzt werden, bleibt dieses Unternehmen nah am Menschen und das bedeutet, auch nah am Kunden“, weiß der Abgeordnete Danny Freymark (CDU), der sich bei einem Besuch des CAP-Marktes über die Integration von Menschen mit Behinderung auf dem Arbeitsmarkt informierte. Hier liegt viel Potenzial brach, appellierte Marion Welz an die Politik. „So etwa bei den Berliner Gehörlosen: lediglich acht Prozent sind in Arbeit.“ KW

Weitere Informationen gibt es unter www.cap-markt.de.

Autor:

Karolina Wrobel aus Lichtenberg

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