Ein Stück Dorftradition am Rande von Lichterfelde geht verloren
Mit dem Bau der Siedlung der "Märkischen Scholle" von 1930 bis 1933 auf einer kleinen Anhöhe am Ostpreußendamm (damals noch Berliner Straße) wuchs auch die Zahl der "Berg-Bewohner" stetig. Vorher gab es hier nur einen kleinen Gebäudekomplex in der damaligen Bergstraße 1. Die vielen neuen Bewohner sehnten sich nach einer gemütlichen Kneipe. Und so wurde kurz nach dem Bau der Siedlung auch ein Lokal errichtet. Weil sie sich auf dem "Gipfel" des Hügels befand, trug die Kneipe bis 1980 den etwas vermessenen Namen "Bergbaude". Bewirtschaftet wurde sie von Willi Fritsch und seiner Ehefrau Elisabeth. 1968 gab es auch einen Besitzerwechsel. Die neue Eigentümerin ließ das Holzhaus mit Steinen verkleiden und links und rechts Anbauten errichten. Im Laufe der Jahrzehnte folgten weitere Wirte. Sie hießen Schmidt, Venske, Bachmann, Schützke und Röppke. Lange hielt keiner von ihnen durch.
Dann kam 1980 das Ehepaar Igor und Boba Peterin und eröffnete ein kroatisches Restaurant. Die "Bergbaude" wurde zum "Birkengarten". "Es war der Wunschtraum meines Mannes, ein Lokal zu führen", erzählt die aus Kroatien stammende Wirtin, die seit 1969 in Deutschland lebt. Ihren Mann Igor lernte sie in Deutschland kennen. Sie heirateten und erfüllten sich diesen Traum. Seit dem frühen Tod ihres Mannes 1988 bewirtschaftet Boba Peterin das Lokal allein. "Es war schwer Fuß zu fassen und ganz allein auf sich gestellt zu sein", erinnert sich die Wirtin, die dann von 1991 bis 2012 von einem Landsmann unterstützt wurde.
Bei allen Problemen denkt Boba Peterin gern an die schönen Erlebnisse zurück. Eines ist ihr besonders im Gedächtnis geblieben: Als 1989 nur ein paar Meter weiter die Mauer fiel. Am 14. November vor 25 Jahren wurde im Birkengarten das Ereignis mit Stammgästen und erstmals auch mit den Nachbarn aus Teltow gefeiert. "Nach der Maueröffnung kamen bei schönem Wetter Heerscharen von Radfahrern und Ausflüglern vorbei, um hier Rast zu machen."
"Der Birkengarten ist eine echte Dorfkneipe im positiven Sinne", sagt Gisela Meyer. Die Anwohnerin und ihr Mann kommen sehr gern hier her, um sich mit Freunden zu treffen und die neuesten Neuigkeiten vom "Berg" zu erfahren. "Es ist ein Ort der Kommunikation, kurz: die ,Lindenstraße der Bergbewohner."
Die Stammgäste kennen sich und Boba Peterin kennt ihre Gäste. "Oft haben mir die Gäste ihr Herz ausgeschüttet. Ich habe immer gern zugehört", so die Wirtin.
Ganz selten wurden hier tätliche Konflikte ausgetragen. Vor sieben Jahren allerdings gab es eine Schießerei. "Ein Gast hatte plötzlich eine Pistole in der Hand und schoss um sich. Ein Gast wurde verletzt", erzählt die Wirtin. Schlägereien hätte es nur selten gegeben.
"Wir werden unsere Kneipe und Boba vermissen." Gisela Meyer und ihr Mann sind ein wenig traurig, dass in wenigen Wochen eine Ära zu Ende geht. Denn einen Nachfolger wird es nicht geben. Nach 82 Jahren müssen die "Bergbewohner" und die Stammgäste Abschied von ihrer Stammkneipe nehmen.
Boba Peterin wünschen sie einen schönen Ruhestand und viel Zeit für die Dinge, die bisher hinter dem Beruf zurückstehen mussten. Das wird sie wahrscheinlich in Kroatien tun. Denn sie möchte wieder in ihre alte Heimat zurückkehren.
Autor:Karla Rabe aus Steglitz |
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