Walter Zerbe ist noch ein Jahr älter als die Rennbahn
Denn als die traditionsreiche Sportstätte 1913 vom Kaiser-Sohn Prinz Oskar von Preußen eröffnet wurde, war der Berliner schon längst auf der Welt. Der heute in Lankwitz lebende Senior wurde am 6. Februar 1912 geboren und war damit der erste waschechte männliche Neuköllner. Denn erst am 27. Januar hatte Kaiser Wilhelm II. die Umbenennung der Stadt Rixdorf in Neukölln genehmigt. Ob Walter Zerbe als erstes Wort "Mama" oder aber "Hottehü" über die Lippen kam, ist nicht eindeutig belegbar. Fakt ist aber, dass der Trabrennsport sein Leben begleitet hat. Die großen Fahrer wie "Hänschen" Frömming oder Heinz Wewering: "Opa Walter" hat sie alle kennengelernt - wenn auch zumeist nur durchs Fernglas von seinem Mariendorfer Tribünenstammplatz aus. Aus den Pferdekutschen und Doppeldeckern seiner Kindheit wurden Hightech-Automobile und Düsenjets. Nur eines blieb über all die Jahre hinweg konstant: seine Wettleidenschaft.
Natürlich ließ sich Walter Zerbe auch den letzten Mariendorfer Renntag nicht entgehen. Und da sich der rüstige Rentner, der stets von einem seiner Angehörigen begleitet wird, gar nicht wieder von der Veranstaltung lösen konnte, war sogar ein "Schichtwechsel" notwendig. Die erste Renntagshalbzeit übernahm sein Enkel Christian, danach musste Urenkel Melvin ran. Beiden fiel es nicht schwer, denn Walter Zerbe hat das Interesse an den Pferden im Familienkreis weitergegeben.
Bis vor zwei Jahren kutschierte Mariendorfs ältester Stammbesucher seine Liebsten sogar persönlich zur Bahn. Den Führerschein besitzt Walter Zerbe immer noch. Aber ans Steuer setzt er sich nicht mehr. An das Geräusch von Zerbes heranbrausendem Pkw erinnern sich die Mariendorfer Parkplatzwächter aber noch. "Wir haben ihn und sein Auto immer schon von Weitem erkannt", sagt ein Mitarbeiter. "Herr Zerbe war stets so heiß auf den Renntag, dass er den Fuß kaum vom Gaspedal nahm."
Autor:Heiko Lingk aus Marienfelde |
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