Die neue Atmosphäre beim Einkaufen
Im Gespräch mit Kunden und Händlern auf dem Wochenmarkt

Bei Verkäuferin Joan Möllendorf gibt es den "Corona-Tröster", einen Amerikaner als Smiley mit Atemschutz. | Foto: Philipp Hartmann
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  • Bei Verkäuferin Joan Möllendorf gibt es den "Corona-Tröster", einen Amerikaner als Smiley mit Atemschutz.
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Schutzmasken, Desinfektionsmittel und Abstandsregeln sorgen für eine ungewohnte Atmosphäre beim Einkaufen. Während Geschäfte nur eine begrenzte Anzahl Personen einlassen, gibt es auf Wochenmärkten keine entsprechenden Möglichkeiten der Regulierung. Ein Besuch am Mariendorfer Damm zeigt, dass es dennoch funktionieren kann.

Zwischen U-Bahnhof Westphalweg und Volkspark Mariendorf an der Ecke Mariendorfer Damm und Prinzenstraße ist jeden Mittwoch und Sonnabend Markttag. Händler und Kunden, das wird bei einer Umfrage deutlich, haben sich an die Bedingungen weitestgehend angepasst und fremdeln wenig mit den neuen Sicherheitsregeln. „Die Menschen sind sehr diszipliniert“, hat Eckhard Otto (68) beobachtet. 90 Prozent der Kunden würden mit Mundschutz zu seinem Wagen kommen. „Keiner wurde bisher mürrisch oder hat gedrängelt. Im Gegenteil. Ich muss manchmal zum Aufrücken auffordern.“ Seit den 80er-Jahren verkauft er hier Fleischwaren. Desinfektionsmittel und Handschuhe zum Selbstschutz hat er dabei. Zum Beweis öffnet er eine Box hinter dem Tresen. Eine Maske trägt er nicht durchgehend, aber doch die meiste Zeit. Das Geschäft laufe besser als vor der Corona-Krise. „Es gehen jetzt mehr Männer einkaufen, die das sonst nicht machen, nun aber Zeit dafür haben. Die gucken nicht so auf den Preis.“

Am Transporter der Bäckerei Neuendorff aus Teltow gleich gegenüber lässt sich ein älterer Herr ein Stück Käse-Erdbeerkuchen einpacken. Er sei tatsächlich zum ersten Mal hier, bestätigt er auf Nachfrage. Draußen eine Maske zu tragen, hält er für Unsinn. Und ein bisschen befremdlich fühle es sich für ihn schon an. Größenteils könne aber auch er die Einhaltung der Regeln unter den Besuchern bestätigen. „Bleiben Sie gesund“, ruft Verkäuferin Joan Möllendorf dem Herrn zur Verabschiedung zu. Es ist ein Satz, der häufig zu hören ist. Eine Maske trägt die 25-Jährige nicht. Der Mindestabstand zum Kunden sei durch den Anhänger gewahrt. Sie achte jetzt darauf, dass das Geld nicht mehr direkt in die Hand, sondern in eine Schale gelegt werde. Zweimal pro Stunde desinfiziere sie sich die Hände, obwohl sie Handschuhe anzieht. „Meine Hände sehen inzwischen furchtbar aus“, sagt sie lachend. Die Besucher erlebt Joan Möllendorf verständnisvoll. Von ihren Kollegen auf den anderen Wochenmärkten habe sie gehört, dass die Bäckerei sehr guten Zulauf habe.

Vielleicht trägt dazu auch der „Corona-Tröster“ bei, ein Amerikaner, der mit Zuckerguss zu einem Smiley mit Atemschutzmaske verziert wurde. „Die Idee hatte mein Chef.“ Für ein Foto nimmt sie einen der knallgelben Hingucker kurz aus der Auslage. Aufmerksamkeit erregt auch der Stand von Herbert Ising, der freitags vor dem Rathaus Schöneberg anzutreffen ist. 280 Marmeladensorten habe er selbst gekocht, erzählt er stolz. 500 Gläser schaffe er im Monat, darunter auch experimentelle Varianten wie Heidelbeer-Weinlaub oder Rhabarber-Fichtenspitzen. Maske und Handschuhe trägt der Senior allerdings nicht – im Gegensatz zu Brigitte. Die ältere Dame steht mit Gehstock und Einkaufstrolley vor dem Anhänger der Bäckerei Obergfell aus Lichtenrade. „Die Maske ist für mich keine große Umstellung“, erklärt sie. Seit wann sie bereits auf den Wochenmarkt am Mariendorfer Damm kommt, weiß sie schon gar nicht mehr. „Die Verkäufer sprechen mich jedenfalls mit Namen an, nich wahr Uwe?"

Bäckereiverkäufer Uwe nickt, denn sonst ist hinter seinem Mund-Nasen-Schutz keine Mimik zu erkennen. „Ich trage ihn, weil es für die Kunden und uns sicherer ist.“ Nervig sei nur, dass die Brille immer beschlage. So oft es geht, desinfiziere er. Mit Brotkisten hat er vor dem Tresen die Abstände markiert. „Die Leute halten die Abstände hier besser ein als im Laden“, meint er. Wer zu ihm kommt, sollte lieber schlagfertig sein, denn für jeden hat er einen Spruch auf den Lippen. „Trotz dieser ganzen Sache müssen wir doch den Humor bewahren.“

Autor:

Philipp Hartmann aus Köpenick

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