Große Geste in harten Zeiten
Jurastudent mobilisiert Kältehilfe für Obdachlose in Marzahn-Hellersdorf
In den kältesten Wochen des Jahres kann es für Menschen ohne Wohnung gefährlich werden. Ein 19 Jahre alter Student aus Mahlsdorf-Süd bietet Hilfe an. Er organisierte eine Spendensammlung, die inzwischen ein größeres Ausmaß angenommen hat, als er sich das hätte vorstellen können.
Die Idee, selbst aktiv zu werden und eine Kältehilfeaktion für Obdachlose zu starten, kam Laurenz Terl im November. Seit Jahren verfolgte er bereits den Berliner Kältebus. „Dabei habe ich gemerkt, dass die manchmal überfordert sind und selbst Hilfe benötigen“, erzählt er. In seinem Heimatbezirk Marzahn-Hellersdorf, so hatte er beobachtet, leben einige Menschen, die wenig Hilfe bekommen und nachts auf der Straße schlafen. „In Mahlsdorf gibt es quasi keine wohnungslosen Menschen, dafür aber gibt es Hotspots in Hellersdorf, Ahrensfelde und auch Biesdorf“, berichtet er.
Aufruf über Social-Media-Kanäle
Über seine Social-Media-Kanäle bat er um Spendengelder und rief dazu auf, Klamotten abzugeben. Die Resonanz war für ihn unfassbar. Bereits nach kurzer Zeit kamen 150 Jacken, 60 Hosen, „super viele Mützen“, Unterwäsche, Schlafsäcke, dazu Seifen, Damenbinden und andere Hygieneartikel zusammen. Zunächst lagerte er die Spenden bei sich zu Hause. Doch schnell wurde klar, dass er eine Lagerstätte benötigte. Der Abgeordnete Kristian Ronneburg (Die Linke) stellte ihm dafür sein Kiezbüro am Cecilienplatz zur Verfügung. Laurenz Terl und Ronneburg kennen sich persönlich, denn der 19-Jährige ist selbst politisch aktiv und seit drei Jahren Mitglied der Linkspartei. Seine Kältehilfe sei jedoch keine politische Aktion, wie er betont.
Im vergangenen Jahr absolvierte der junge Mann sein Abitur. Seit ein paar Monaten studiert er Jura an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder). Eigentlich hatte er vor, die Spenden nur nebenbei zu sammeln. Aufgrund der großen Spendenbereitschaft der Menschen aus Marzahn-Hellersdorf ist das aktuell aber nicht mehr möglich. Immer wieder klingelt sein Handy. Während unseres Gesprächs muss Laurenz Terl kurz unterbrechen, um von zwei Spendern eine Kiste mit Shampoo und Kaffee entgegenzunehmen. „Ich bin dankbar für diese geniale Unterstützung. Die wenigsten kenne ich persönlich“, sagt er.
Dankbarkeit und Bescheidenheit erlebt
Rund ein Dutzend obdachlose Personen gibt es derzeit im Bezirk. Dies hat Terl vom Sozialamt mitgeteilt bekommen. Sie zu finden, sei gar nicht so leicht gewesen. Zugleich seien einige drogen- oder alkoholsüchtig, was die Kontaktaufnahme erschwert. Seine auf 22 Helfer angewachsene Mannschaft, viele von ihnen ähnlich alt wie er, teilte er deshalb in Teams ein, um die bekannten Aufenthaltsorte aufzusuchen. Auch in Lichtenberg und sogar in Mitte waren sie bereits unterwegs. Laurenz Terl ist es darüber hinaus wichtig, mit den Obdachlosen ins Gespräch zu kommen. „Das ist nicht so leicht. Manchmal ist es schon ein Erfolg, den Namen zu erfahren. Es muss erst Vertrauen entstehen.“ Er habe allerdings eine unheimliche Dankbarkeit und Bescheidenheit erlebt. „Manche wollten gar nichts von uns annehmen, manche wollten nur eine Hose und nicht mehr.“
Mittlerweile hat Laurenz Terl die Spendensammlung gestoppt. „Wir haben einfach viel zu viel übrig, um ‚nur‘ die Menschen auf der Straße im Bezirk zu versorgen. Daher habe ich mich auch mit Wohnungslosenunterkünften und Frauenhäusern in Verbindung gesetzt und werde diese ebenfalls besuchen.“ Vom verbliebenen Etat will er noch ein paar Lebensmittel einkaufen.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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