Die Sprecher des Quartiersrates fordern mehr Transparenz und Mitsprache
Der Quartiersrat Marzahn-NordWest hat sich Anfang dieses Jahres neu formiert. Vorausgegangen waren dem jahrelange Auseinandersetzungen zwischen dem alten Quartiersrat und dem Quartiersmanagement. Den Höhepunkt bildete der Streit um das Verfahren zur Neuwahl des Quartiersrats im Herbst vergangenen Jahres. Das Quartiersmanagement setzte ein formal mögliches, dem Inhalt nach aber fragwürdiges Losverfahren durch. Es gelang ihm damit, den größten Teil der unbequemen Mitglieder des alten Quartiersrates loszuwerden.
Peter Lesti (75) und Susanne Gontard (33), die Sprecher des Quartiersrats gehen unbelastet an ihre Aufgabe. Von den Querelen der Vergangenheit wissen sie nur vom Hörensagen. Sie wohnen zwar schon über 20 Jahre im Stadtteil, beteiligten sich aber nicht an der Quartiersarbeit. "Wir wussten nicht einmal, dass es einen Quartiersrat gibt", sagen sie.
Erste wichtige Aufgabe des neuen Quartiersrats war im März die Vergabe von Projektmitteln für 2015, 2016 und 2017. Die Mitglieder fühlten sich vielfach überfordert, weil sie die Projekte selbst nicht gut genug kannten. In einem Schnellkurs machten sie sich sachkundig. Es blieb bei den Förderschwerpunkten der zurückliegenden Jahre, das Kulturhochhaus, das Jugendzentrum "Betonia", das Tschechow-Theater.
Weniger zufrieden sind die Sprecher mit der Entscheidung, 18 000 Euro aus dem Quartiersfonds in eine Machbarkeitsstudie zu investieren. Sie soll klären, ob die Einrichtung eines "Sozialkaufhauses" oder eines Quartierscafés sinnvoll ist. "Das Geld hätten wir besser gleich in die Projekte gesteckt", erklärt Lesti.
Kritik üben auch die beiden Sprecher an der Quartiersarbeit: die Entscheidungsprozesse sind undurchsichtig. Zudem verlangen sie mehr Mitspracherechte. In den wichtigen Steuerungsrunden nehmen nur das Bezirksamt, das Quartiersmanagement und Vereine teil.
Der Wunsch nach einer Erneuerung der Quartiersarbeit ist bei vielen Quartiersräten vorhanden. Der Berliner Quartiersrätekongress am 24. April im Abgeordnetenhaus hat sie nur darin bestärkt. Sie sollte eigentlich einen Erfahrungs- und Meinungsaustausch mit dem Senat ermöglichen. "Das war stattdessen hauptsächlich eine Selbstbespiegelung der Verantwortlichen der Senatsverwaltung der Stadtentwicklung. Quartiersräte sind kaum zu Wort gekommen", erzählt Peter Lesti.
Nach dem Kongress haben sich Vertreter von 20 der 34 Berliner Quartiersräte getroffen und ein Netzwerk gegründet. Ihr Ziel ist es, die Quartiersarbeit von unten zu erneuern.
Autor:Harald Ritter aus Marzahn |
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