In Marzahn stand eine der ersten Windkraftanlagen in Deutschland

Müller Jürgen Wolf präsentiert einen von ihm eingelagerten Treibkopf des ersten Windkraftwerkes der Familie Triller aus dem Jahr 1912. | Foto: hari
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  • Müller Jürgen Wolf präsentiert einen von ihm eingelagerten Treibkopf des ersten Windkraftwerkes der Familie Triller aus dem Jahr 1912.
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Die Marzahner Mühle auf dem Mühlenberg an der Landsberger Allee ist eine der Sehenswürdigkeiten des Bezirks. Dass aber eine ihre Vorgängermühlen, die sogenannte Trillersche Mühle, als eine der ersten praktikablen Einrichtungen zur Erzeugung von Strom aus Windenergie gilt, ist dabei kaum bekannt.

Die Marzahner Mühlentradition hat ihren Ursprung im heutigen Angerpark.  Dort, südlich vom heutigen Standort der Bockwindmühle wurde 1815 die erste Mühle errichtet. Fast ein Jahrhundert später, im Jahr 1908 baute Max Georg Triller (1870-1946) auf dem Areal zwischen der Russisch-orthodoxen Kirche und der Jugendfreizeitreinrichtung Treibhaus an der Schragenfeldstraße eine neue Mühle. Diese ergänzte er 1912 durch eine Windkraftanlage, die er hinter seine Mühle aufbaute. Sein Sohn, Richard Triller (1896-1957), betätigte sich auch als Erfinder. Er baute 1920 in die Windkraftanlage einen Generator und eine Batterie ein und produzierte so erstmals auch elektrischen Strom. 1938 errichtete er ein zweites Windkraftwerk zur Stromerzeugung direkt an der Mühle, das ab 1942 als Versuchsanlage der „Reichsarbeitsgemeinschaft Windkraft“ betrieben wurde.

Von Triller entwickelte Windkraftanlagen wurden beispielsweise noch während des Zweiten Weltkrieges in der Sahara errichtet. Die erste Berliner Windkraftanlage versorgte zum Kriegsende auch die sowjetische Kommandantur mit Strom. 1946 erhielt die Nordseeinsel Neuwerk eine auf Trillers Erfindungen beruhende Stromversorgung mit Windkraft, bis die Insel über ein unterseeisches Kabel an das allgemeine Stromnetz angeschlossen wurde.

Nach dem zweiten Weltkrieg wurde die unbeschädigt gebliebene Mühle massiv ummauert und als relativ moderne Mühle sogar mit pneumatischer Förderung des Mahlgutes ausgestattet. Während die Familie plante, sich in den Westen abzusetzen, verstarb Richard Triller überraschend 1957. Sein Sohn Max durfte danach den Berieb nicht fortsetzen. Das Anwesen blieb bis zum Verkauf an den Staat erhalten. Die Mühle wurde in Vorbereitung des Baus der Großsiedlung 1978 gesprengt.

Mit der Geschichte der Trillerschen Mühle beschäftigt sich der Marzahner Mühlenverein, allen voran Müller Jürgen Wolf. 2006 konnte so beim Abriss zweier Schulgebäude der Fundamentsockel des ersten Windkraftwerkes von 1912 entdeckt und gesichert werden. Er steht heute neben einer Replik der Hauptwelle des zweiten Windkraftwerkes auf dem Mühlenberg.

Die Ausgrabungen gingen weiter, nachdem weitere Teile des Grundstücks an der Schragenfeldstraße zur Bebauung mit Einfamilienhäusern vorbereitet wurden. In Kooperation mit dem Landesdenkmalamt konnte 2016 das Fundament des einstigen Müllerhauses von Triller freigelegt werden. Dieses Gebäude diente vor allem als Werkstatt und elektrische Station des Windkraftwerkes. „Es enthielt 55 Glasakkumulatoren und die dafür notwendigen elektrischen Schaltanlagen“, sagt Wolf. Ein besonderer Fund war die vergrabene drehbare Spitze des ersten Windkraftwerkes und Flügelteile davon, die Wolf eingelagert hat.

Die Suche nach weiteren Überresten der Mühle und der beiden Windkraftanlagen geht weiter. Wenn beim Bau weiterer Einfamlienhäuser Stücke gefunden werden, die zum Trillerschen Anwesen gehören könnten, wird nach Absprache mit dem Landesdenkmalamt Müller Wolf seine Ausgrabungen fortsetzen.

Autor:

Harald Ritter aus Marzahn

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