Bund baut auf dem Invalidenfriedhof, Bezirk wollte eine Grünfläche
Auf dem 3500 Quadratmeter großen Grundstück befand sich ein Sammelgrab für 1866 im Deutschen Krieg gefallene 49 preußische, 32 österreichische und drei sächsische Soldaten. Außerdem ist bekannt, dass auf dem Grabfeld zwölf namentlich bekannte Opfer aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg bestattet wurden. Auch deshalb hatte der Förderverein Invalidenfriedhof schon 2002 die Rückübertragung der Fläche gefordert. Auf dem Grundstück soll es auch ein Massengrab für Opfer der Luftangriffe 1945 geben. Dafür hat die für Opfergräber zuständige Stelle beim Senat jedoch keine Belege.
Auf dem Grabfeld Eins wurden 1973 Garagen für das damalige Regierungskrankenhaus, das heutige Wirtschaftsministerium, gebaut. Nach den Recherchen des Bezirksamts fand dafür keine umfassende Umbettung statt. Das Stadtgartenamt hatte damals lediglich die Auflage erteilt, "den Bodenabtrag weitestgehend zu vermeiden" und gefundene Gebeine oder Urnen in einem Gemeinschaftsgrab zu bestatten. Das Bezirksamt geht davon aus, dass sich unter den Garagen immer noch Gräber befinden. Die Hälfte der ehemaligen Garagenflächen ist jedoch bebaut. Wohnhäuser werden hier demnächst bezogen. Die Mieter blicken direkt auf den einstigen Invalidenfriedhof, der zu DDR-Zeiten Grenzgebiet war. Ob die mit Wohnungen bebaute Hälfte des Garagenareals zum Grabfeld gehört, kann Umweltstadträtin Sabine Weißler (Grüne) nicht sagen.
Der Bezirk wollte das Areal als Grünfläche entwickeln. Im Grün- und Freiflächenplan ist das Grabfeld Eins als öffentliche Grünanlage ausgewiesen. Doch der Bund, an den die Fläche 1995 übertragen wurde, möchte hier Büros für Ministerien bauen, wie Thorsten Grützner von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben bestätigt. "Die ehemalige Friedhofsnutzung steht einer Bebaubarkeit nicht entgegen, da diese bereits zur Wendezeit beendet war", so Grützner. Das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung hat beim Senat bereits einen Bauvorbescheid beantragt. Einen konkreten Bauantrag gibt es noch nicht.
Bürogebäude sind möglich, wie Derk Ehlert von der Senatsbauverwaltung sagt. "Die Fläche war zur Wende bereits bebaut und nicht mehr Bestandteil des Friedhofs. Die jetzigen friedhofsrechtlichen Bestimmungen gelten daher dort nicht." Sollten Gebeine und Urnen gefunden werden, müssen diese beigesetzt werden, so die einzige Auflage. Der Garnisons- und Invalidenfriedhof war von den DDR-Behörden am 30. April 1951 geschlossen worden. Rechtlich gesehen ist das Grabfeld Eins keine Friedhofsfläche mehr. Aufgrund der erfüllten Ruhezeiten kann auch die Totenruhe nicht gestört werden.
Noch vor vier Jahren war der Bund bereit, das Grabfeld als Ausgleichsmaßnahme für den BND-Neubau an der Chausseestraße zur Verfügung zu stellen. Davon ist jetzt keine Rede mehr.
"Wir brauchen das Grundstück dringend für den Döberitzer Grünzug", sagt Umweltstadträtin Sabine Weißler. Eine Bebauung per Bebauungsplan zu verhindern, hat das Bezirksamt versäumt. "Da seitens des Bundes gegenwärtig keine anderen Entwicklungsabsichten bekannt sind, ist die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich", sagte der damalige Baustadtrat Ephraim Gothe 2011 auf eine Grünen-Anfrage in der BVV zum Thema "Überbauung von Kriegsgräbern in der Scharnhorststraße".
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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