Gericht erlaubt "Menschen Museum" am Fernsehturm

Besucher der Körperwelten bestaunen das Plastinat "Der Läufer". | Foto: Copyright: Gunther von Hagens, Institut für Plastination, Heidelberg, www.koerperwelten.de
  • Besucher der Körperwelten bestaunen das Plastinat "Der Läufer".
  • Foto: Copyright: Gunther von Hagens, Institut für Plastination, Heidelberg, www.koerperwelten.de
  • hochgeladen von Dirk Jericho

Mitte. Ende Januar wird der umstrittene Plastinator Gunther von Hagens sein erstes "Menschen Museum" im Sockelbau des Fernsehturms eröffnen. In der Dauerausstellung sind etwa 20 Ganzkörperpräparate und rund 200 Einzelstücke zu sehen.

Für die einen sind sie faszinierend, für die anderen abstoßend und die Menschenwürde verletzend: Die kunstvoll in Posen inszenierten Körper des berühmten Anatomen Gunther von Hagens führen immer wieder zu heftigen Debatten. Über 40 Millionen Besucher haben die Körperwelten-Ausstellungen schon gesehen und staunend vor Plastinaten gestanden, bei denen man jeden Muskel sehen oder in die Eingeweide und freigeschälten Augen gucken konnte. Die Plastinate waren schon auf der ganzen Welt, zum Beispiel in London, New York, Chicago, Haifa, Wien und auch dreimal in Berlin ausgestellt.

Jetzt eröffnet Gunther von Hagens sein erstes "Menschen Museum" am Fuße des Fernsehturms, wie er die spektakuläre Dauerausstellung mit kunststoffkonservierten Toten nennt. Das Bezirksamt Mitte ist vorerst mit dem Versuch gescheitert, die Dauerausstellung zu verbieten. Bürgermeister Christian Hanke (SPD) hatte die Ausstellung nicht genehmigt und das mit dem Bestattungsgesetz begründet. Demnach müssten Leichen bestattet werden. Das Gericht folgte dieser Rechtsauffassung nicht und gab den Ausstellungsmachern grünes Licht. Das "Menschen Museum" sei genehmigungsfrei, das Bestattungsgesetz greife hier nicht. Zwar seien Plastinate nach dem Wortlaut des Gesetzes immer noch Leichen, doch habe der Gesetzgeber solche plastinierten Leichen nicht mit erfassen wollen. Das Gesetz ziele auf die schnelle Bestattung Verstorbener ab. Weil Plastinate aber einer Bestattung weder zugänglich noch hierfür vorgesehen seien, erstrecke sich das Gesetz hierauf nicht. Plastinate würden nicht verwesen und könnten damit nicht auf einem Friedhof bestattet werden. Eine Feuerbestattung scheide aus, weil sie in den derzeit bestehenden Krematorien nicht eingeäschert werden könnten, heißt es in der Begründung der 21. Kammer des Verwaltungsgerichts. Die Ausstellung von Plastinaten entspreche den seit jeher existierenden öffentlichen Sammlungen anatomischer Präparate.

Die Ausstellung unterliege nur dem allgemeinen Ordnungsrecht, so das Gericht. Die Behörden können demnach einschreiten und die Ausstellung verbieten, wenn etwa die Menschenwürde verletzt wird. Das Objekt "Schwebender Akt" könnte als Verstoß gegen die öffentliche Ordnung gewertet werden. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung hat das Verwaltungsgericht Berufung an das Oberverwaltungsgericht zugelassen. Bürgermeister Christian Hanke bedauerte die Entscheidung und will das weitere Vorgehen nach Vorliegen der schriftlichen Urteilsbegründung entscheiden.

"Dem juristischen Urteil zum Trotze bleiben Plastinate tote Menschen. Und Tote sind keine Ausstellungsstücke", sagte Pfarrerin Cordula Machoni von der St. Marienkirche. Für Superintendent Bertold Höcker widerspreche nach christlicher Auffassung die Zur-Schau-Stellung von Verstorbenen dem Anspruch auf Menschenwürde. "Wir werden die Plastinate wie auch schon zuvor respektvoll und mit der gebotenen Würde behandeln", sagte die Kuratorin und Ehefrau von Dr. Gunther von Hagens, Dr. Angelina Whalley. "Wir hoffen nun auf ein Ende der Gängelung durch den Bezirk."

Dirk Jericho / DJ
Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

48 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Hüft- und Knieschmerzen müssen nicht sein.  | Foto: AdobeStock_197992483

Infoabend für Patienten
Schluss mit Hüft- und Knieschmerzen!

Leiden Sie unter Hüftschmerzen, die Ihr Leben dauerhaft beeinträchtigen? Oder schmerzt das Knie bei jedem Schritt? Dann lassen Sie sich nicht länger quälen! Wir laden Sie herzlich zu unserem Infoabend ein, bei dem Sie die neuesten Wege zur Befreiung von Hüft- und Knieschmerzen entdecken können, ohne sich vor dem Eingriff fürchten zu müssen. Unser renommierter Chefarzt für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie Leiter des Caritas Hüftzentrums, Tariq Qodceiah, wird Sie durch die modernsten Methoden...

  • Westend
  • 26.03.24
  • 239× gelesen
Jobs und KarriereAnzeige
Foto: VEAN TATTOO
4 Bilder

Tattoo-Kurse
Ausbildung für Topberuf des letzten Jahrzehnts

Eine Frage, die immer aktuell ist, auch wenn man schon vor langer Zeit erwachsen ist. Sehr oft entscheiden wir uns aufgrund des sozialen Drucks für einen Beruf. Wie oft haben Sie sich gefragt, was aus Ihnen geworden wäre, wenn Sie auf sich selbst gehört hätten? VEAN TATTOO hat diese wichtige Frage vor zwölf Jahren ehrlich für sich selbst beantwortet und reicht daher ohne Zweifel allen, die über ihren ersten oder neuen Beruf nachdenken, eine helfende Hand. Es liegt an Ihnen, zu entscheiden,...

  • Mitte
  • 25.03.24
  • 420× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Seinen Füßen sollte man sehr viel Aufmerksamket schenken.

Infos für Patienten
Thema: „Rund um den ganzen Fuß"

Haben Sie Ihren Füßen jemals gebührende Aufmerksamkeit geschenkt? Oft vernachlässigen wir sie, solange sie funktionieren und schmerzfrei sind. Doch wenn Probleme auftreten, wird uns die Bedeutung dieses komplexen Körperteils schlagartig bewusst. Unsere zertifizierten Fußchirurgen geben Ihnen einen tiefen Einblick in die Anatomie des Fußes und beschäftigen sich gezielt mit Problemen wie Fehlstellungen und Verletzungen mit innovativen Lösungsansätzen für diese häufig auftretenden Probleme....

  • Pankow
  • 06.03.24
  • 1.391× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Mit zunehmendem Alter stellen sich oft auch Fragen zur Sicherheit von Narkosen. Wir beantworten Ihre Fragen gern. | Foto: Volkmar Otto

Sicherheit während der OP
Wie sicher sind Narkosen im Alter?

Im Laufe unseres Lebens steigt die Wahrscheinlichkeit, dass wir eine Operation benötigen. Doch mit zunehmendem Alter stellen sich oft auch Fragen zur Sicherheit von Narkosen. Zum Beispiel können Herz-Kreislauf-Erkrankungen, schwere Lungenkrankheiten oder Demenz die Narkoseverträglichkeit beeinflussen. Wir laden Sie herzlich ein, Ihre Fragen und Bedenken mit uns zu teilen. Unser Ziel ist es, Ihnen die Angst vor der Narkose zu nehmen und Ihnen ein Verständnis dafür zu vermitteln, wie wir Ihre...

  • Reinickendorf
  • 13.03.24
  • 1.214× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.