Behindert – na und?
Jasper Dombrowski und Linus Bade geben ein Online-Handicap-Lexikon heraus

Linus Bade und Jasper Dombrowski  | Foto: KEN
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Wenn Jasper Dombrowski etwas mitteilen möchte, benutzt er seine Nasenspitze. Mit ihr tippt er auf seinem iPad Buchstaben und ganze vorgegebene Wörter so flink wie andere mit zehn Fingern. Eine angenehme Stimme spricht dann die Sätze, die er eingegeben hat. Jasper Dombrowski ist wie sein Freund Linus Bade Tetraspastiker. Gemeinsam haben sie das „Handicap-Lexikon“ erfunden.

Die beiden kennen sich seit Kindertagen. Linus war drei Jahre alt, Jasper etwa sieben oder acht, als sie sich regelmäßig beim Physiotherapeuten trafen. Beide haben bei ihrer Geburt nicht geatmet. Dadurch sind Hirnzellen abgestorben, die Bewegungsabläufe steuern. Ihr Handicap bezeichnet man als Tetraspastik.

Die Idee zum außergewöhnlichen Lexikon sei ihm im Dezember 2015 gekommen, erzählt der 19-jährige Linus, der gerade eine Ausbildung zum Mediengestalter macht. „Mich ärgert es, wenn Menschen mich angucken, nachahmen oder sich über mich lustig machen. Sie haben Vorurteile, weil sie es nicht anders wissen.“ Er habe die Idee seines Freundes sofort gut gefunden sofort mitgemacht“, ergänzt Jasper, der vier Jahre älter ist als sein Freund und als Layouter für die Berliner Behinderten Zeitung des Berliner Behindertenverbandes arbeitet.

Unter dem Motto „Behindert? Ja und?“ haben Jasper und Linus bisher 19 Behinderungen zusammengetragen, vom „angeborenen Herzfehler“ bis zur „Spina bifida“, einer angeborenen Fehlbildung der knöchernen Wirbelsäule und des Rückenmarks.

Die nicht allzu langen Texte sind in leicht verständlicher Sprache verfasst. „Wir wollen die Handicaps so leicht wie möglich beschreiben, damit auch Menschen, die nicht richtig Deutsch können, sich informieren“, sagt Linus Bade. „Wir finden, dass Menschen mit Handicap auch ganz normale Menschen sind und auch so behandelt werden sollen.“

Die wissenschaftlichen Fakten zu den einzelnen Handicaps recherchierten Linus und Jasper im Internet. Oder Bekannte und Besucher ihrer Webseite www.handicap-lexikon.de gaben Informationen.

An ihrem Lexikon schreiben die Freunde fortlaufend weiter. „Da muss noch einiges rein“, sagen sie. Es sei „ihre Herzensangelegenheit“ und „eine Lebensaufgabe“. Während der Arbeit am Lexikon tauschen sich Linus Bade und Jasper Dombrowski über Facebook oder E-Mail miteinander aus. Beide leben noch bei ihren Eltern, der eine in Steglitz, der andere in Tempelhof.

Bisher stemmen die Freunde das Lexikon selbst. Sie hätten aber gerne einen noch knackigeren Internetauftritt. Für die Realisierung wünschen sie sich Förderer.

Die Resonanz auf das Handicap-Lexikon ist groß und durchweg positiv. „Die Leute bedanken sich bei uns“, sagt Linus Bade. 2018 waren sie mit ihrem Lexikon Preisträger des Respekt-gewinnt-Preises des Berliner Ratschlags für Demokratie, einem Bündnis bekannter Berliner Persönlichkeiten, die sich für Demokratie, Vielfalt und Respekt in ihrer Stadt einsetzen.

Das Handicap-Lexikon ist längst nicht das einzige Projekt von Jasper Dombrowski und Linus Bade. Sie wollen einen Verein gründen, um ihr Lexikon-Vorhaben zu erweitern. Sie planen Workshops und Veranstaltungen zur Inklusion. Sie wollen eine Wohngemeinschaft aufbauen und haben die Selbsthilfegruppe „Rad ab“ für Menschen mit Körperbehinderung ins Leben gerufen. Die Gruppe, „eine gemütliche Runde“ (Linus Bade), trifft sich immer am letzten Freitag im Monat in den Räumen des Berliner Behindertenverbandes.

Und sie sind Sportler in der in Deutschland noch ziemlich unbekannten Disziplin „Racerunning“. Bei dieser Behindertensportart laufen die Athleten mit einem Laufrad ohne Pedale über Strecken, die denen anderer Strecken- und Straßenlaufdisziplinen ähneln. Gerade haben Linus und Jasper an einem Wettkampf in Dänemark teilgenommen. In der Woche darauf ging es nach Cottbus zu einem Turnier.

Kontakt zu den Autoren erhält man per E-Mail an jasper@handicap-lexikon.de

Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

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