BVV beschließt Erhaltungsverordnung für Nikolaiviertel

Annett Kaßan, Inhaberin des Brauhauses Georgbräu und Vorsitzende der IG Nikolaiviertel, fürchtet restriktive Vorschriften. | Foto: Dirk Jericho
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Nach jahrelangen Diskussionen hat der Stadtentwicklungsausschuss Ende Februar eine Erhaltungsverordnung für das Nikolaiviertel beschlossen. Geschäftsleute haben Angst, „dass über das Nikolaiviertel eine Glasglocke gestülpt wird“, wie die Chefin des in diesem Jahr gegründeten Vereins Interessengemeinschaft Nikolaiviertel, Annett Kaßan, sagt.

„Wir sind das Nikolaiviertel“ lautet der Slogan der im Januar neu gegründeten IG Niko-laiviertel selbstbewusst. Der Verein betont, dass er im Gegensatz zum langjährigen Nikolaiviertel e.V. die Interessen aller im historischen Stadtquartier vertritt – Bewohner, Geschäftsleute und Interessierte. „Wir wollen das Viertel mitgestalten“, sagt IG-Chefin Annett Kaßan. Doch die neue Erhaltungsverordnung macht der Inhaberin vom Georgbräu Sorgen. Weil keiner genau weiß, was das alles konkret bedeutet, geht die Angst um im Viertel. Schankvorgärten, Leuchtreklamen, Markisen, Aufsteller und vieles mehr: „Wir möchten bei diesen Themen mit ins Boot genommen werden und mitdiskutieren“, sagt Kaßan. Die vom Bezirksamt am 14. Februar durchgeführte Veranstaltung in der Nikolaikirche mit etwa 130 Besuchern habe viele Fragen nicht beantwortet.

Nachdem der Senat das Wohn- und Geschäftsviertel rund um die mittelalterliche Nikolaikirche im Januar bereits unter Denkmalschutz gestellt hat, wird die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) am 22. März eine „Verordnung über die Erhaltung der städtebaulichen Eigenart für das Gebiet Nikolaiviertel“ beschließen. Der Stadtentwicklungsausschuss hat bereits mehrheitlich dem von der SPD eingebrachten Antrag zugestimmt. Mit der Aufnahme des Quartiers in die Berliner Denkmalliste sind die Gebäude geschützt. Die Erhaltungsverordnung regelt weitere Details wie mögliche Nutzungen, Erscheinungsbild und Gesamtwirkung des DDR-Vorzeigeprojektes. Die Keimzelle Berlins wurde zwischen 1983 und 1987 zur 750-Jahr-Feier nach Plänen der Architekten Günter Stahn, Rolf Ricken, Heinz Mehlan und anderen auf altem Stadtgrundriss rekonstruiert.

Verglasung der Arkadengänge nicht zulässig

Fest steht, dass die Verglasung der charakteristischen Arkadengänge, die die Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) immer wollte, um die Ladenflächen zu vergrößern, nicht mehr geht. Zukünftig sind alle baulichen Maßnahmen, die Einfluss auf das äußere Erscheinungsbild haben, genehmigungspflichtig. „Alle bisherigen genehmigten Nutzungen haben Bestandsschutz; bestehende Schankgärten sollen erhalten bleiben“, erklärt Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD). Mit der Erhaltungsverordnung seien „keine generellen rechtlichen Restriktionen für Nutzungen von Schankgärten vorgesehen.“ Auch soll weiterhin Werbung erlaubt sein, allerdings „nur im Erdgeschoss und jeweils an der Stätte der Leistung“. Markisen sollen zukünftig die Fensterbereiten nicht überschreiten. „Es geht darum, das Gesamterlebnis Nikolaiviertel zu erhalten und Wildwuchs zu verhindern“, sagt BVV-Bauausschussvorsitzender Frank Bertermann (Grüne). Er nennt die Sorgen der Geschäftsleute „gefühlte Probleme“. Mit den Betroffenen im Nikolaiviertel sei vereinbart worden, „in einem halben Jahr zu gucken, ob es Probleme gibt, um dann gegebenenfalls nachzusteuern“. Das bestätigt auch Ephraim Gothe, der im September „mit allen Gewerbetreibenden und der WBM erste Erfahrungen mit der neuen Praxis erörtern will.

CDU will Bürgerbeteiligung

Obwohl in Sachen Erhaltungsverordnung im Nikolaiviertel alle Messen gesungen sind, bringt die CDU-Fraktion auf der BVV am 22. März einen Antrag mit dem Titel „Erhaltungssatzung im Nikolaiviertel – aber mit echter Bürgerbeteiligung“ ein. Die Erhaltungssatzung im Nikolaiviertel solle entsprechend der Leitlinien für Bürgerbeteiligung in einem Dialogprozess mit den Bürgern entwickelt werden. „Das Bezirksamt wird ersucht, ein Beteiligungskonzept zu erarbeiten und umzusetzen“, heißt es. Die vom BVV-Bauausschuss wegen der Anliegerproteste beschlossene und am 14. Februar stattgefundene Bürgerversammlung könne ein Beteiligungskonzept nicht ersetzen, so die CDU. Auch Annett Kaßan sagt, dass bei der Veranstaltung in der Nikolaikirche viele Fragen offen blieben und Gothe kaum konkret auf die Fragen und Sorgen von Anwohnern und Gewerbetreibenden eingegangen sei.

Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

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