Anwohner protestieren gegen „grobe Vernachlässigung des Engelbeckens“

Der Zustand des Engelbeckens sorgt wieder für Ärger. | Foto: Dirk Jericho
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In einem zweiten offenen Brief – nach dem ersten Hilferuf vor genau einem Jahr – haben sich Anwohner und die Betreiber des Cafés am Engelbecken über die Zustände des Gartendenkmals beschwert. Das Bezirksamt will jetzt das Problem mit dem Wasserfilter lösen.

Ein schöner Brunnen, der nicht plätschert, stinkendes Wasser im Engelbeckensee, eine defekte Filteranlage, Dreck und tote Fische: Die Behörden lassen das idyllische „Gartendenkmal und Kleinod verkommen“, schreibt Anwohnerin Liane Bruckhaus, die auch Mitglied im <a target="_blank" rel="nofollow" href="http://www.buergerverein-luisenstadt.de">Bürgerverein Luisenstadt</a> ist. Und Wieland Giebel, mit seinem Berlin Story Verlag Anlieger am Engelbecken, schriebt auf Facebook, dass „das Engelbecken insgesamt umkippt“. Auf den ersten Brief hätten die Behörden nicht geantwortet, heißt es im neuen Protestschreiben. Das weist Harald Büttner, Chef von Mittes Grünflächenamt, zurück. „Wir haben die Probleme allen erläutert“, sagt er.

Der 1995 wieder hergestellte Indische Brunnen im Rosengarten soll in den kommenden Wochen restauriert werden, so Büttner. Durch Frost seien Teile der Brunnenschale aus Kreuzheimer Kalkstein abgeplatzt. Wegen Lieferschwierigkeiten warte das Amt auf die bestellten Teile. Die sollen in zwei Wochen kommen, um sie anzubauen. „Der Restaurator steht bei Fuß“, so Büttner. Ende Juli soll der Indische Brunnen laufen.

Beim Problem mit der Filteranlage verweist Büttner auf falsche Annahmen in dem Protestschreiben. Der Engelbeckensee werde nicht gefiltert. „Er ist ein grundwassergespeister See und in sich stabil“, so Mittes oberster Gärtner. Die Sandfilteranlage wurde ausschließlich an dem künstlichen Becken direkt vor dem Wasserschloss, dem Café am Engelbecken, installiert. In das geschlossene Becken wird normalerweise ständig gefiltertes Wasser gepumpt; auch mit dem Effekt, dass das Wasser vor dem Café ein bisschen sprudelt. Doch seit mindestens einem Jahr sind die Pumpen aus, weil die Sandfilter verstopft sind. „Die Natur hat uns da einen Streich gespielt“, erklärt Büttner. Wasservögel hätten Röhricht eingeschleppt, dessen Wurzeln in die Filter gewachsen sind. Das Gartenamt könne die Filter nicht einfach reinigen und das Schilf entfernen, „weil es in Berlin ein Röhrichtschutzgesetz gibt“, so Büttner. Bisher erlaube die bezirkliche Naturschutzbehörde nur alle zwei Jahre, das Schilf zurückzuschneiden. Büttner möchte mit der Naturschutzbehörde verhandeln, dass er für die Röhrichtentfernung jedes Jahr eine Ausnahmegenehmigung bekommt.

Eine weitere Idee: Das Amt prüft derzeit eine Umrüstung vom jetzigen Sandfilter- auf ein Glasperlenfiltersystem. Letzteres sei weniger anfällig für Verstopfungen. Wie Büttner sagt, seien auch organische Stoffe wie Hundekot und Lebensmittel, die Leute zum Füttern der Schwäne ins Wasser werfen, ein Problem. Auch dies würde dazu beitragen, dass die Filter verstopfen.

Das Engelbecken selbst, für das es keine Filteranlagen gibt, werde ebenfalls überdüngt, wenn zu viele organische Stoffe im Wasser landen. Durch den bakteriellen Abbau werde dem System Sauerstoff entzogen, was ab einem bestimmten Punkt zum Umkippen des Gewässers führt. Zur sogenannten Sauerstoffzehr kommt es vor allem an heißen Tagen, wenn die Verdunstung höher ist als die Frischwasserzufuhr von unten. Einen positiven Effekt haben die 16 Fontänen, die seit zehn Jahren wieder im restaurierten Engelbecken sprudeln. Sie belüften das Wasser und bringen Sauerstoff hinein. Würden die Fontänen länger laufen, wäre das besser für die Wasserqualität. Doch wegen Lärmschutz für die Anwohner sprudeln die Fontänen nur von acht Uhr bis mittags und nachmittags nochmal bis 20 Uhr. Die einstige Sprudelhöhe von vier Metern wurde nach der Wiederherstellung des Gartendenkmals seinerzeit ebenfalls aus Lärmschutzgründen auf zwei Meter gedrosselt.

Geschichte des Engelbeckens

Das Engelbecken ist Teil des Luisenstädtischen Kanals, den Peter Joseph Lenné 1848 als Grünanlage und Schifffahrtsweg zwischen Spree und Landwehrkanal geplant hat. Es verdankt seinen Namen der Engelfigur auf der katholischen St. Michaelkirche.

Über den Wasserweg brachten die Schiffe vor allem Baumaterial, Waren und Lebensmittel für die boomende Luisenstadt. Weil die Anwohner ihre Abfälle einleiteten und das Wasser wegen des geringen Gefälles stand, glich der Kanal einer Kloake und wurde kurz nach der Eröffnung stillgelegt. 1926 wurde er mit Bauschutt zugeschüttet. Der Berliner Stadtgartendirektor Erwin Barth schuf zwischen den Kanalmauern einen Erholungspark und Lehrgarten mit Wasserspielen, Sandkästen, Promenaden und Planschbecken. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Luisenstadt im Februar 1945 von Phosphorbomben schwer getroffen und versank in Schutt und Asche.

Das Ulbricht-Regime ließ 1961 das Engelbecken zuschütten und baute seine Mauer darauf.

Auf Kreuzberger Seite wurden in der 1980er- Jahren die heute existierenden Anlagen zwischen Landwehrkanal und Waldemarbrücke geschaffen. Nach dem Fall der Mauer begannen die Sanierungsarbeiten. 1999 wurde das Engelbecken erstmals wieder freigelegt. DJ

Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

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