Für Brot und Bienen
Roggenernte im früheren Todesstreifen

Bereits zum 14. Mal wurde das Roggenfeld rund um die Kapelle der Versöhnung von Mitarbeitern der Humboldt-Universität abgeerntet.  | Foto: Dirk Jericho
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Die Getreideernte auf dem Minifeld rund um die Kapelle der Versöhnung inmitten der Mauergedenkstätte an der Bernauer Straße ist in jedem Sommer ein Highlight für Touristen. Die Körner vom Kirchenacker werden zu Friedensbrot verbacken. Erstmals wird das Stroh auch für die ökologische Bienenzucht verwendet.

Noch während Heiko Störmer von der Humboldt-Universität mit seinem Cabrio-Mähdrescher auf der einen Seite der Versöhnungskapelle seine Bahnen zieht, mähen Mitarbeiter der Caritas-Behindertenwerkstatt St. Johannesberg aus Oranienburg mit der Sense das Stroh auf der anderen Seite. In der Holzwerkstatt bauen die Teilnehmer daraus exklusiv für den Bienenschutzverein Mellifera sogenannte Strohschiede. Diese Dämmungen für Bienenstöcke verkauft Mellifera an ökologische Imker auf der ganze Welt, erklärt Caritas-Projektleiter Andreas Paczoch. Die Caritas-Werkstatt ist das erste Mal dabei und jetzt ein weiterer Partner für das symbolträchtige Getreidefeld im ehemaligen Grenzstreifen. Das Roggenfeld und die jährliche Roggenernte sind ein Gemeinschaftsprojekt der Stiftung Berliner Mauer und der Evangelischen Versöhnungsgemeinde. Jetzt steht der Kirchenacker also auch für das Wohl der Bienen.

Die mittlerweile 14. Roggenernte im früheren Todesstreifen an der Bernauer Straße ist ein Symbol. Der Bildhauer und Steinmetz Michael Spengler hatte 2006 die Idee zu dem Kunstprojekt. Er wollte mit dem Kornfeld das Wachsen, Gedeihen und Vergehen darstellen. Seit 2014 gibt es den Verein Friedensbrot, der das Roggenmehl mit dem aus anderen mittel- und südosteuropäischen Ländern vermischt und daraus Friedensbrot backt. Etwa 40 Kilogramm der Berliner Mauerkörner werden in diesem Jahr nach Litauen geschickt und dort zusammen mit Getreide aus elf Ländern verbacken. Bei dem Projekt geht es vor allem um Völkerverständigung und nachhaltige Landwirtschaft.

Keine Herbizide, wenig Dünger

Frank Ellmer ist im Vorstand des Friedensbrot-Vereins und seit vielen Jahren als Landwirtschaftsprofessor für das Roggenfeld im früheren Niemandsland zuständig. In den vergangenen Jahren hat der Professor im Ruhestand der Humboldt-Universität (HU) den etwa 2000 Quadratmeter großen Miniacker auch öfter zum Semesterprojekt gemacht. Seine Studenten am Albrecht Daniel Thaer-Institut für Agrar- und Gartenbauwissenschaften haben bei Aussaat, Pflege und Ernte geholfen und auf dem Kirchenacker geforscht, Bodenproben analysiert oder Erträge berechnet. Diesmal wollte wieder keiner raus zur Feldforschung. „Dazu braucht man interessierte Leute, die sich für Wochen für Agronomie interessieren“, sagt Ellmer. Sein Nachfolger, Professor Timo Kautz, hat sich die Ernte durch Mitarbeiter der HU-Forschungsstation Thyrow am 25. Juli schon mal angeschaut. „Das ist eine super Sache, ich möchte das fortführen“, sagt der neue Pflanzenbau-Professor.

Die Kornausbeute des Kirchenfeldes im einstigen Todesstreifen kann mit dem Ertrag auf professionellen Agrarflächen nicht mithalten. Dort ernten die Landwirte das Dreifache. Aber darauf kommt es auch gar nicht an. Auf dem Symbolacker gibt es keinen Herbizideinsatz und nur eine minimale Düngung mit mit ein bisschen Stickstoff und Kali. 220 Kilogramm bunkert Heiko Störmer aus seinem Wintersteiger-Parzellenmähdrescher am Ende ab. Es gab auch schon mal Doppelte. Mit der Korngröße ist Professor Frank Ellmer zufrieden.

Das Getreide wird jetzt in der Versuchsstation der Humboldt-Uni in Dahlem getrocknet und gereinigt. Der Müller der Marzahner Mühle macht daraus Mehl, das in der Moabiter Bäckerei Domberger Brot-Werk zu Brot und Brötchen verarbeitet wird. Das bekommt die Versöhnungsgemeinde für ihre Feste und Veranstaltungen. Sogar Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat bei seinem Besuch der Mauergedenkstätte ein symbolträchtiges Brot bekommen und mit nach Hause genommen, sagt Rainer Just von der Versöhnungsgemeinde. Roggenkörner werden außerdem in kleine Säckchen gefüllt. Die 300 Gramm schweren Körnersäckchen kann man gegen eine Spende an der Kapelle der Versöhnung bekommen.

Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

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