Senioren raus, Start-ups rein: Zwei weitere Altenheime werden geschlossen

Nach Hotelgästen, Gewerkschaftlern und Senioren ziehen jetzt Firmen in das repräsentative Gebäude Invalidenstraße 120. | Foto: Dirk Jericho
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Jetzt ist es offiziell: Die Senioren-Domizile Am Alexanderplatz in der Magazinstraße 6-7 und in der Invalidenstraße 120-121 werden in einem Jahr geschlossen. Der Betreiber will die Gebäude als Büros vermieten.

Mit Senioren- und Pflegeeinrichtungen lässt sich in der teuren Innenstadt kein Geld verdienen. Im Juni wird die Seniorenresidenz am Hackeschen Markt geschlossen. Wie berichtet will der Hamburger Investor DC Value das erst 20 Jahre alte Gebäude noch in diesem Jahr abreißen und auf dem Areal drei neue Wohn-, Büro- und Geschäftshäuser bauen. 255 Heimbewohner sind betroffen. Jetzt hat auch der Betreiber der Senioren-Domizile in der Magazinstraße und Invalidenstraße die Belegschaft offiziell darüber informiert, dass die zwei Heime geschlossen werden. Zuvor hatte die Berliner Woche bereits berichtet, dass das Familienunternehmen von Gründer Berthold Hecht beim Bezirksamt die Umnutzung der beiden Seniorenheime „in eine ausschließliche Büronutzung“ beantragt hat.

Wie Berthold Hecht jetzt auf Anfrage der Berliner Woche bestätigt, werden die Häuser „nach Auszug des letzten Bewohners in der zweiten Hälfte 2019“ geschlossen. Allen rund 200 Heimbewohnern werde angeboten, in eines der vier verbleibenden Berliner Heime umzuziehen. Die Familie Hecht betreibt noch Senioren-Domizile in Lichtenberg, Prenzlauer Berg, Britz und Tempelhof. „Zur Zeit haben wir freie Plätze für etwa 100 Bewohner“, sagt Hecht. Das heißt, für rund 100 Pflegebedürftige fehlen derzeit noch Alternativen.

Mit Senioren und Pflegebdürftigen lässt sich anscheinend kein Geschäft mehr machen. Die zwei zur Schließung vorgesehenen Heime sind auch nicht voll ausgelastet. In der Invalidenstraße leben 100 Bewohner bei möglichen 154 Betten. Das Seniorenheim in der Magazinstraße könnte laut Genehmigung durch die Pflegekassen 200 Menschen betreuen - momentan sind etwa 100 Bewohner eingecheckt. Die Pflegebranche ist seit Jahren massiv unter Druck. Mit der neuen Gesetzesreform soll eine häusliche Pflege solange wie möglich erfolgen, bevor es eine Kostenzusage für die vollstationäre Versorgung gibt. „Ambulant vor stationär“ ist die Devise.

„Die Nachfrage nach Büroflächen in Berlin ist sehr groß“, so Berthold Hecht. Besonders nach den Zeitungsberichten über die geplanten Schließungen der denkmalgeschützten repräsentativen Immobilien hätte er viele Anfragen bekommen. Ende des Jahres will Hecht entscheiden, wer ab 2020 Büromieter in den historischen Gebäuden wird.

Das Senioren-Domizil Am Alexanderplatz an der ruhigen Magazinstraße ist in einem mondänen Gebäude mit Parkettfußböden und einem herrschaftlichen Saal untergebracht. Zu DDR-Zeiten wurden in der „Zentralen Poliklinik der Berliner Bauarbeiter“ die Malocher des staatlichen Aufbauprogramms kuriert. Das Gebäude wurde 1910/11 für die Union Baugesellschaft auf Aktien als Geschäftshaus sowie als Verwaltungs- und Gewerbebau errichtet. Die Fassade aus Muschelkalkstein ist mit durchgehenden Pfeilern gegliedert, die an der Rustika Schmucktafeln mit Putten und Tieren, die für Handel und Gewerbe stehen, tragen. Das Gebäude ist wie auch das ehemalige Hotel Baltic in der Invalidenstraße 120-121 als Baudenkmal ausgewiesen. Das seit 2000 als Senioren-Domizil Invalidenstraße genutzte Haus wurde 1911 von Louis Rinkel gebaut. Der fünfgeschossige Mauerwerkbau im Stil der frühen Moderne hat vier Flügel; die Fassade ist mit schlesischem Sandstein verkleidet. Das Hotel Baltic wurde nach dem Zweiten Weltkrieg bis 1990 als Gästehaus der Gewerkschaften genutzt. Es stand lange leer und sollte nach Restaurierung wieder Hotel werden. Berthold Hecht machte aus dem Bauwerk ein Seniorenpflegeheim. Jetzt wird das Baltic zum repräsentativen Firmensitz hipper Start-up-Unternehmen.

Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

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