Zubereiten, essen und sich kennenlernen
Besuch beim Kochworkshop von „Lebendige Nachbarschaften“

Die Teilnehmer haben jede Menge Spaß beim eritreisch Kochen. | Foto: KEN
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  • Die Teilnehmer haben jede Menge Spaß beim eritreisch Kochen.
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Beim Betreten des Begegnungsortes an der Ecke Lübecker und Perleberger Straße fällt der Blick sofort auf den großen Tisch in der Mitte des Raumes. Dort liegen verheißungsvoll die frischen Zutaten für ein Gericht, das gewiss nicht an jeder Straßenecke zu haben ist. Im „Lou-Lou“ der gemeinnützigen Stadt-Rand GmbH kann man es nicht nur kosten. Man kann sogar bei seiner Zubereitung mitmachen.

Der Kochworkshop ist eines von zahlreichen Angeboten des Projekts „Lebendige Nachbarschaften“ (Le-Na) von Stadt-Rand, einem Verbund von Einrichtungen und Organisationen der freien Wohlfahrtshilfe. Ziel von „Le-Na“ ist es, Geflüchtete und Menschen mit Migrationsgeschichte mit ihren Nachbarn zusammenzubringen. „Le-Na“-Angebote sind Selbsthilfegruppen, Gruppen für Frauen und Männer, Sprachpartnerschaften, Sprachcafés, Beratung und Kulturelles wie eben der Moabiter Kochworkshop. „Lebendige Nachbarschaften“ gibt es in allen Berliner Bezirken.

Die Namen der Gerichte, die heute in Moabit zubereitet werden sollen, sind für deutsche Zungen unaussprechlich. So wie die Worte, die Robel, Atobrhan, Michael und Miri miteinander wechseln. Die jungen Leute Anfang zwanzig kommen aus Eritrea, dem Land im Nordosten Afrikas an der Küste des Roten Meeres, einem der ärmsten Staaten der Welt. Seit 2015 zählt Eritrea neben Nigeria und Somalia als Hauptherkunftsland afrikanischer Flüchtlinge in Europa. Die Zukunft junger Eritreer ist düster in dieser Militärdiktatur mit Planwirtschaft und Einparteienregime. Sie fliehen vor dem zeitlich unbegrenzten Militärdienst, willkürlichen Verhaftungen oder Gefängnisstrafen. Er sei seit 2017 in Deutschland, erzählt Robel und sieht dabei sehr glücklich aus.

So bunt wie Moabit

So wie seine Freunde, die jetzt erste „Anweisungen“ geben, wie Gemüsezwiebeln, Tomaten, Kartoffeln, Karotten, Paprika, Salatgurken, Knoblauch, Petersilie und das saftige Stück Rindfleisch aus der Keule – manches mikroskopisch klein – zu schneiden sind, und natürlich selbst auch zum Messer greifen. Die Teilnehmerschar ist bunt wie Moabit. Um den Tisch haben sich dieses Mal Menschen aus Deutschland, Russland, Iran, Vietnam, Hongkong – und Eritrea versammelt. Es wird gefachsimpelt und viel gelacht.

Einmal im Monat findet der Kochworkshop statt. Stadt-Rand-Mitarbeiter Peter Zweigler hofft, dass das Projekt der „Lebendigen Nachbarschaften“ und damit die Kochwerkstatt über den 31. Dezember hinaus verlängert wird. An jedem der für die Teilnehmer kostenlosen Workshops haben bisher zwölf bis 30 Personen teilgenommen. Er ist ein Erfolg.

An die Töpfe, in denen die Ingredienzen leise schmurgeln, dürfen dann nur die eritreischen Köche ran. Es geht um Temperatur, Kochzeiten und das genaue Würzen zum richtigen Zeitpunkt mit der Petersilien-Knoblauchpaste, mit Pfeffer und Paprikapulver. Das Einzige, was nicht vor Ort zubereitet wird, ist Injera. Die Herstellung des sauren, schwammartigen Fladenbrotes aus dem Gras Teff, der Zwerghirse, benötigt Tage. Miri hat zuhause vorgearbeitet und die Fladen mitgebracht. Injera ist die Grundlage für jedes eritreische Gericht. Es wird als Besteck und eigentlich auch als Teller benutzt.

Im „Lou-Lou“ aber nicht. Peter Zweigler hat eine lange Tafel eingedeckt. Nach rund anderthalb Stunden ist das Essen fertig. Die Workshop-Teilnehmer sind begeistert. Die Köche bekommen ein großes Lob. Später wird Michael noch in einer Zeremonie nach alter Tradition einen eritreischen Espresso aus grünen Kaffeebohnen frisch zubereiten. Es ist der perfekte Abschluss eines Kochereignisses.

Der nächste Termin des Koch-Workshops im „Lou-Lou“-Begegnungsort ist am 5. Oktober von 15.30 bis 18.30 in der Perleberger Straße 21. Dann steht ein typisches Gericht aus Südindien auf dem Speiseplan; weitere Termine: 2. November, Peru, und 7. Dezember, „Adventsspezial“ Thüringen, jeweils ab 15.30 Uhr; Anmeldung: ¿0176 78 60 74 31, lena@stadtrand-berlin.de; www.stadtrand-berlin.de.

Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

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