"Lasst unsere Kinder frei!"
Eltern, deren Nachwuchs vom Jugendamt in Obhut genommen wurden, gehen an die Öffentlichkeit

Sandra und Heiko Z. demonstrieren vor dem Rathaus Tiergarten. | Foto: privat
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Über Jahre hinweg hatte eine Mutter gemeinsam mit ihrem Partner ihren Sohn zum Missbrauch angeboten, obwohl Gerichte und Ämter sie kontrollierten. Der Staufener Missbrauchsfall schockierte Deutschland. So mögen in den Jugendämtern heute die Alarmglocken noch lauter schrillen, wenn eine Kindesgefährdung gemeldet wird. Ein aktueller Fall aus Moabit zeigt bizarre Züge. Die betroffenen Eltern sind an die Öffentlichkeit gegangen.

Sandra und Heiko Z. hielten am 3. Januar vor dem Rathaus Tiergarten eine Mahnwache unter dem Motto „Lasst unsere Kinder frei“ ab. Sie protestierten gegen die Inobhutnahme ihrer beiden Töchter (zwei Jahre und wenige Wochen alt) durch das Jugendamt Mitte. Sie verteilten Flugblätter an Passanten und erläuterten ihren Fall. Der sei „skandalös“ und „staatliche Kindesentziehung“.

Aus der Sicht dieser Eltern will das Jugendamt eine intakte Familie zerstören und folge dem Willen der Großmutter. Die Eltern geben zu, Fehler begangen, aber nie ein Kind misshandelt zu haben. Sie hätten sich Unterstützung geholt, zum Beispiel an Elternkursen und Erste-Hilfe-Kursen für Kleinkinder teilgenommen. Alles das schreiben die Z. in einer umfänglichen Mitteilung an die Presse. Gegen eine Mitarbeiterin des Jugendamts Mitte haben die Z. bei der Polizei online Strafanzeige wegen übler Nachrede und Verleumdung gestellt.

Das Jugendamt gibt zu diesem Einzelfall aus datenschutzrechtlichen Gründen keine Auskunft. Das sei auch gegenüber den betroffenen Menschen nicht vertretbar, erklärt Mittes neue Jugendstadträtin Ramona Reiser (Linke).

Inobhutnahmen des Jugendamtes Mitte erfolgten im Grundsatz immer dann, wenn eine Kinderschutzmeldung eingehe und Ärzte, Sozialarbeiter und andere Fachleute geprüft hätten, dass eine Gefährdung des Kindeswohles vorliege, so Reiser weiter. Kinder würden ihren Eltern nur dann weggenommen, wenn andere Maßnahmen nicht ausreichend seien, um das Kindeswohl sicherzustellen, verdeutlicht die Dezernentin. Die zierliche Frau Anfang dreißig hat Verständnis dafür, dass Eltern solche Inobhutnahmen nicht nachvollziehen können, gleichgültig wie zwingend sie seien, und dadurch emotional enorm belastet würden.

Im Bezirk wurde 2018 insgesamt 1640 mal eine Gefährdung des Kindeswohls gemeldet. In rund einem Drittel der Fälle hat sich der Verdacht bestätigt. In der Folge wurden entsprechende Schritte eingeleitet.

Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

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