Jeder muss müssen dürfen

Hunde, Fahrräder - und Rollstuhlfahrer sind in der Arminiusmarkthalle nicht willkommen. Elke Schilling von der bezirklichen Seniorenvertretung hat ein Protestplakat angebracht. | Foto: KEN
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Moabit. Tumultartige Szenen in der Arminiusmarkthalle: Rollstuhlfahrer protestieren lautstark gegen eine fehlende Behindertentoilette.

„Jeder Mensch muss müssen dürfen“, „Inklusion ist Illusion“, skandieren die rund 50 Teilnehmer mit und ohne Rollstuhl am 27. Juni. Aufgerufen hat der „Spontanzusammenschluss Mobilität für Behinderte“.

Die Protestierenden haben Urinflaschen dabei. „Wir werden jetzt hier öffentlich unsere Notdurft verrichten“, kündigt Sponti-Sprecherin Beate Ender das „Piss-in“ an. Durch das Fehlen barriererfreier Toiletten würden die Betroffenen diskriminiert und in ihren Grundbedürfnissen und Rechten eingeschränkt.

Der Protest in einer privaten Halle sei „neben der Spur“, so Marktleiter Yiannis HD. Kaufmann. Die Spontis seien Aktivisten, die „mit Sicherheit nicht die Mehrheit der Behinderten vertreten“. Täglich besuchten rund 2000 bis 8000 Menschen die Arminiushalle, darunter zahlreiche Behinderte. Nur zehn Prozent würden die Toiletten aufsuchen. Yiannis HD. Kaufmann verweist auf den Denkmalschutzstatus der Halle. Der Einbau eines barrierefreien WCs würde mindestens 300 000 Euro kosten. „Das ist für den Eigentümer unzumutbar.“

Mittes Behindertenbeauftragte Hildrun Knuth und der grüne Bezirksverordnete Marc Urbatsch stellen vor Ort gemeinsam fest: Die Arminius-Markthalle umgehe die Bauvorschrift, wonach bei Restaurationsbetrieben ab 50 Quadratmetern Größe eine barrierefreie Toilette vorhanden sein müsse, mit dem Argument, dass es sich in der Halle um lauter einzelne Gaststätten handele, die alle eine Fläche unter 50 Quadratmetern hätten.

„Ämter und Behörden auf Bezirks- und Landesebene sehen keine Möglichkeit, den privaten Betreiber zu veranlassen, dort eine für alle Menschen nutzbare Toilette zu installieren“, ergänzt die Vorsitzende der Seniorenvertretung in Mitte, Elke Schilling.
Was Joachim Krüger bestätigen kann. Der CDU-Abgeordnete und Kreisvorsitzende des Sozialverbandes Deutschland (SoVD) Tiergarten-Wedding hat auch schon vergeblich Anfragen eingebracht.

Nach einer halben Stunde ist der Protest beendet. Beate Ender: „Wir bleiben am Ball, kämpfen weiter." KEN

Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

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