"Wie die autogerechte Stadt in den Sechzigern"
Anwohner kritisieren Umbaukonzept für Lübecker Straße
Die Lübecker Straße soll eine Umgestaltung erfahren. Im März hat das vom Bezirksamt beauftragte Büro LK Argus in einer öffentlichen Versammlung sein Verkehrs- und Gestaltungskonzept vorgestellt. Es erntet Widerspruch.
Grob zusammengefasst soll künftig anwohnerfremder Verkehr vermieden werden. Er entsteht in der Hauptsache durch die Schultheiss- und die Moa-Bogen-Garagen, die von Kunden der beiden Einkaufszentren angefahren werden. Desweiteren soll der ruhende Verkehr – bei ungefährer Beibehaltung der Anzahl der Parkplätze, 140 anstatt der bisherigen 160, – neu geordnet und das Parken in zweiter Reihe vermieden werden. Dazu soll es die Möglichkeit des Kurzzeitparkens geben.
An andere Verkehrsteilnehmer wie Fußgänger wird ebenfalls gedacht. Sie sollen bessere Querungsmöglichkeiten erhalten. Überhaupt soll die Aufenthaltsqualität an der Straße verbessert werden: durch einen Platz vor dem Spielplatz südlich der Perleberger Straße. Die bisher baumlose Lübecker Straße erhält Grün, Fahrradständer, Bänke und Mülleimer.
Idee einer Spielstraße von Verwaltung ignoriert
Im Rahmen der Bürgerbeteiligung und dann noch einmal in der Bürgerversammlung im März war von ein Vielzahl von Anwohnern gefordert worden, die Lübecker Straße zum sogenannten verkehrsberuhigten Bereich umzugestalten: autofrei, mit (Obst-)Bäumen in der Straßenmitte, einigen Carsharing-Stellplätzen und Elektro-Ladesäulen an den Straßenenden. Gleichzeitig solle die Zufahrt zu Autostellplätzen in Hinterhöfen gewährleistet bleiben. Doch diese Idee einer „Spielstraße“ sei von den Planern und der Verwaltung komplett ignoriert worden, sagt Moabit-Aktivistin Brigitte Nake-Mann.
Am ausführlichsten hat Gotthard Schulte-Tigges, Vorstandsmitglied im Verein „Lebens-Traum“ in der Lübecker Straße 21, die Kritik an den Plänen, deren Mängel und Widersprüche formuliert, in einem offenen Brief an Senat und Bezirksamt. Der Umbau der Lübecker Straße, wie jetzt vorgesehen, sei klimaschädlich und verschlechtere die Aufenthaltsqualität. Er entspreche der „autogerechten Stadt“ der sechziger Jahre. Ein Widerspruch zum von Rot-Rot-Grün beschlossenen Mobilitätsgesetz, das bei Neuanlage oder grundlegender Umgestaltung einer Straße oder eines Platzes Orte „der Begegnung, des Verweilens, der Erholung, der Kommunikation und des Spielens“ vorsieht.
Schulte-Tigges meint, dass nach dem Umbau der Lübecker Straße kein Autofahrer zum Umsteigen auf den öffentlichen Personennahverkehr oder das Car-Sharing zu bewegen sein wird. Auch wenn bald eine Straßenbahn vor der Tür gebaut werde.
Das Verkehrs- und Gestaltungskonzept ist auf www.turmstrasse.de nachzulesen, der offene Brief auf https://silberahorn.wordpress.com/.
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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