Wohnen wie Borsigs
Unternehmerfamilie errichtete auf Werksgelände an der Stromstraße ihre Villa

Die Villa Borsig in Moabit vor 1867.  | Foto: Friedrich Albert Schwartz
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  • Die Villa Borsig in Moabit vor 1867.
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Wer kann sich vorstellen, dass links und rechts der Stromstraße einmal eines der bedeutendsten Maschinenbauunternehmen Europas seine weitläufigen Produktionsstätten hatte?

Wo sich heute das Westfälische Viertel erstreckt, standen früher ein Eisenwalzwerk und eine Maschinenfabrik von Borsig. Firmengründer Friedrich August Borsig (1804-1854) hatte für seine Erweiterungspläne ab 1842 nach und nach Grundstücke an der Spree in Moabit erworben, das damals noch am Stadtrand Berlins lag.

Mitten in sein Werksgelände hinein, auf dem Eckgrundstück Alt-Moabit 86 und Stromstraße, wie ein kundiger Moabiter weiß, baute sich August Borsig 1842 bis 1845 eine stattliche Villa mit großem Park. Den Park hatte der preußische Gartenkünstler und General-Gartendirektor der königlich-preußischen Gärten, Peter Joseph Lenné (1789-1866), angelegt. Wenn der Naturforscher Alexander von Humboldt (1769-1859) zu Besuch kam, brachte er seinem Freund Borsig seltene Pflanzen mit. Die Anlage mit Gewächshäusern war an zwei Tagen in der Woche für ein breites Publikum geöffnet.

Der repräsentative Wohnsitz des Firmenpatriarchen, der zu dieser Zeit 1800 Mitarbeiter beschäftigte, muss so prachtvoll gewesen sein, dass Preußenkönig Wilhelm IV. der Satz zugeschrieben wird: „So wie Sie, mein lieber Borsig, möchte ich auch mal wohnen.“ Vergönnt war das August Borsig nicht allzu lange. Er starb erst fünfzigjährig an einem Schlaganfall.

Villa, Park und die Industrieanlage bestanden ebenfalls nur rund 60 Jahre. Die Enkel des Firmengründers, Arnold, Ernst und Conrad, beschlossen 1893/94, das gesamte Unternehmen – die berühmten Borsig-Lokomotiven wurden nach wie vor im Ursprungswerk an der Oranienburger Straße gebaut – nach Tegel zu verlagern.

Das Gelände in Moabit ließen sich die Borsig-Brüder versilbern. Sie gründeten eine der damals in Berlin für die Grundstücksverwertung üblichen „Terraingesellschaften“, die „Neu-Bellevue-Aktiengesellschaft“, rissen alle Gebäude ab – die Villa wich erst 1911 – , rodeten den Park, parzellierten das Gelände, legten Straßen an, die sie nach Städten im Rheinland und in Westfalen benannten und verkauften die Grundstücke. Ab 1905 wurden darauf Wohnhäuser gebaut. Das „Westfälische Viertel“ entstand.

Von der Anwesenheit der Unternehmerfamilie Borsig in Moabit zeugen heute nur noch 6000 Quadratmeter Grünfläche, der sogenannte Essener Park, ein Rest des einst drei Hektar großen Parks der Villa Borsig, der von Wohnbauten an der Essener, Krefelder und Stromstraße sowie an der Straße Alt-Moabit umschlossen wird.

Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

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