Opfer fordern Untersuchungsausschuss
Rechte Straftäter von Neukölln verhaftet

Die Polizei kann endlich einen Erfolg melden: Am 23. Dezember hat sie Sebastian T. und Tilo P. verhaftet. Die 37 und 34 Jahre alten Männer gelten als Hauptakteure der rechtsextremen Straftaten, die Neukölln seit Jahren erschüttern.

Seit 2016 hat es rund 70 Anschläge gegeben, vor allem im Süden des Bezirks. Sie galten Menschen, die sich gegen Rechtsradikalismus engagieren, linke Politik machen oder Geflüchtete unterstützen. Autos gingen in Flammen auf, es gab Morddrohungen, Sachbeschädigungen, Nazi-Schmierereien.

Die Verhafteten sind keine Unbekannten. So steht Sebastian T. seit Jahren unter Verdacht, einer der Strippenzieher zu sein. Tatsächlich begann die Straftatserie, kurz nachdem er aus der Haft entlassen worden war. Doch erst jetzt sei es der Sondereinheit „BAO Fokus“ und der Generalstaatsanwaltschaft gelungen, gegen die Männer „weitere Erkenntnisse zusammenzugetragen und die Beweislage zu einem dringenden Tatverdacht zu verdichten“, wie es im Polizeibericht heißt.

Großer Erfolg, aber nur ein Baustein

Während die Generalbundesanwaltschaft per Twitter die „Aufklärung“ der Neuköllner Anschlagserie verkündet, zeigt sich die Polizei bescheidener und spricht von einem bloßen „Baustein“. Diese Einschätzung wird von den Betroffenen geteilt. Linken-Politiker Ferat Kocak, dessen Auto Anfang 2018 brannte, erwartet sogar Racheakte aus der rechten Szene und fürchtet um seine Sicherheit.

Er hält an der Forderung nach einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss fest, der die vielen Versäumnisse und Pannen der Ermittler in den vergangenen Jahren unter die Lupe nehmen soll. Das unterstützt Mirjam Blumenthal, Neuköllner SPD-Fraktionsvorsitzende und selbst Opfer eines Anschlags, vehement: „Wer Antifaschismus und demokratische Haltung von den Bürgern einfordert, muss auch für ihre Sicherheit sorgen. Das geht nur mit einem ehrlichen Umgang mit rechten Tendenzen, die es nachweislich in unseren Sicherheitsbehörden gibt.“

Außerdem hoffe sie, dass bei einer Anklage auch die erste Anschlagswelle in den Blick genommen werde, die bereits 2010 begann. Dazu gehören zwei schwere Brandstiftungen im Anton-Schmaus-Haus, wo die sozialistische Jugendorganisation Die Falken ihren Sitz hat. Heute ist die Britzer Einrichtung wie eine Festung gesichert.

Autor:

Susanne Schilp aus Neukölln

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