Über 11 500 Unterschriften für saubere Schulen
„Schule in Not“ übergibt Bürgerbegehren an Bezirksverordnete

Mitstreiter der Bürgerinitiative "Schule in Not" protestieren vor dem Neuköllner Rathaus.  | Foto: cundali
  • Mitstreiter der Bürgerinitiative "Schule in Not" protestieren vor dem Neuköllner Rathaus.
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Eltern, Lehrkräfte, Schulleiter und Hausmeister kritisieren seit Anfang 2019 gemeinsam lautstark den schlechten Reinigungszustand in öffentlichen Schulen in Neukölln – über die Bürgerinitiative „Schule in Not“. Jetzt haben sie einen wichtigen Erfolg erzielt.

Das von der Initiative im März 2019 gestartete Bürgerbegehren „Saubere Schulen“ bekam die nötige Rückendeckung der Neuköllner: Über 11 500 Menschen unterschrieben das Begehren in der vorgeschriebenen Zeit. Die Hauptforderung lautet: Alle öffentlichen Schulen in Neukölln sollen wieder von Reinigungskräften gepflegt werden, die beim Bezirk angestellt sind. Derzeit stellen diese Kräfte Firmen, die in der Regel in öffentlichen Ausschreibungen alle anderen Bewerber mit Dumpingpreisen unterboten haben. Unter dem hohen Arbeitspensum ihrer Angestellten leidet die Gründlichkeit.

Jetzt muss sich das Bezirksamt intensiver als bislang mit der Re-Kommunalisierung der Putzleistung befassen: Lediglich 7000 gültige Unterschriften braucht das Bürgerbegehren, damit es im Prozedere einen Schritt weiter kommt. Dies gilt als gesichert – obwohl das Bezirksamt jede einzelne Unterschrift noch prüfen muss. So dürfen beispielsweise nur Personen am Bürgerbegehren teilnehmen, die am Tag ihrer Unterschrift mindestens drei Monate lang in Neukölln mit Erstwohnsitz gemeldet waren. „Wir hatten uns deshalb von vorne herein einen Puffer vorgenommen und 10 000 Unterschriften angestrebt“, sagt Philipp Dehne. Er arbeitete früher als Lehrer und ist seit gut einem Jahr bei „Schule in Not“ aktiv. Dass jetzt noch weitaus mehr Unterschriften zusammen kamen, freut ihn sehr.

Erstes Neuköllner Bürgerbegehren

Die Initiative übergab das Bürgerbegehren am 22. Januar an die BVV, die es an das Bezirksamt weiterleiten wird. Es ist übrigens das erste Bürgerbegehren, das jemals in Neukölln eingereicht wurde, und damit Neuland für BVV und Behörde.

Das Bezirksamt hat nach Erhalt der Unterschriften einen Monat Zeit, diese zu prüfen. Die BVV muss innerhalb von zwei Monaten über die im Bürgerbegehren genannten Forderungen abstimmen. Ob die Verordneten im Vorfeld mit der Initiative über Details verhandeln, ist ihnen überlassen. Falls bis zum 22. März kein BVV-Beschluss zustande kommt, ist per Gesetz ein Bürgerentscheid vorgeschrieben. Hierfür müsste das Bezirksamt eine Wahl organisieren. Letztmöglicher Wahltag wäre Sonntag, der 21. Juni.

Was fordern die Bürger im Begehren genau? Das Bezirksamt soll die Reinigungskräfte, die an öffentlichen Schulen putzen, wieder einstellen: ab dem Schuljahr 2021/22 mindestens 25 Prozent von ihnen, im Jahr drauf weitere 25 Prozent und so weiter. Ab dem Schuljahr 2024/25 wäre so die Fremdreinigung an den öffentlichen Schulen Neuköllns Geschichte. Die Reinigungskräfte sollen aus Sicht der Bürger auch mehr Zeit für ihre Arbeit bekommen und einer Schule zugeordnet werden. 2019 hatte ein Hausmeister einer Grundschule die reale Zeit pro Klassenraum ausgerechnet, die den Putzkräften vor Ort zugemutet wird: 1,5 Minuten.

Kein gravierendes Problem?

Das Bezirksamt hat die Mehrkosten für die Forderungen des Bürgerbegehrens auf mindestens 3,6 Millionen Euro pro Jahr geschätzt. Aktuell sieht Bürgermeister Martin Hikel auch kein gravierendes Problem: „Zu den meisten Neuköllner Schulen liegen uns keine Beschwerden vor. In den meisten Fällen erbringen die Unternehmen Tag für Tag gute Leistungen. Schwarze Schafe gibt es aber natürlich immer wieder.“

In Neukölln bestehen insgesamt 18 Verträge mit Reinigungsunternehmen für die Sauberkeit an Schulen. Diese wurden 2018 für fünf Jahre geschlossen, meldet das Bezirksamt. Da ein Vertrag im letzten Jahr gekündigt und anschließend neu ausgeschrieben worden sei, habe man bei dieser Gelegenheit auch darauf geachtet, dass die Reinigungsunternehmen weniger Fläche pro Stunde putzen müssten, so Hikel.

20 Wechsel in 18 Monaten

Hinter den Kulissen aber läuft weitaus mehr ab, wie Philipp Dehne beschreibt. Die Initiative sei bestens mit den 60 Neuköllner Schulen vernetzt und wisse, dass es im Laufe der letzten 18 Monate zahlreiche Firmenwechsel bei den Reinigungskräften gegeben habe, so Dehne – weil entweder das Bezirksamt der Firma wegen mangelnder Reinigungsleistung gekündigt habe oder aber die Firma selbst gekündigt habe, weil aus ihrer Sicht die vorgeschriebene Reinigung für die ausgeschriebene Summe nicht zu machen war. „Es gab bestimmt über 20 Wechsel in dieser kurzen Zeitspanne. An manchen Schulen gab es in den letzten 18 Monaten 3 oder 4 verschiedene Reinigungsfirmen“, sagt Dehne.

Was laut „Schule in Not“ immer wieder vorkommt: Einer Putzfirma wird gekündigt, weil sie schlecht reinigt. Dann springt auf die Schnelle für ein paar Monate eine Ersatzfirma ein, mit deren Reinigungsarbeit dann viele zufrieden sind. „Sie ist aber teurer als die gekündigte Firma, weshalb die gut putzende Firma anschließend bei der öffentlichen Ausschreibung diesen Auftrag auch nicht bekommt“, erklärt Dehne. Stattdessen dürfe wieder die billigste Firma antreten – genau die Firma, der wegen schlechter Putzleistung vorher gekündigt worden sei. Dehne meint: „Das ist fast schon absurd!“

Autor:

Corina Niebuhr aus Kreuzberg

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