Stadtrat spricht: „Milieuschutz funktioniert nicht“

Falko Liecke ist seit 2009 Stadtrat in Neukölln und seit 2011 auch stellvertretender Bürgermeister. 1995 trat der heute 43-Jährige in die CDU Neukölln ein und bekleidete viele Ämter. Jetzt kandidiert der verheiratete und zweifache Familienvater das erste Mal für das Amt des Bürgermeisters. | Foto: Sylvia Baumeister
  • Falko Liecke ist seit 2009 Stadtrat in Neukölln und seit 2011 auch stellvertretender Bürgermeister. 1995 trat der heute 43-Jährige in die CDU Neukölln ein und bekleidete viele Ämter. Jetzt kandidiert der verheiratete und zweifache Familienvater das erste Mal für das Amt des Bürgermeisters.
  • Foto: Sylvia Baumeister
  • hochgeladen von Sylvia Baumeister

Neukölln. Zur Wahl am 18. September tritt Jugend- und Gesundheitsstadtrat Falko Liecke (CDU) als Bürgermeister-Kandidat an. In einem Gespräch mit Sylvia Baumeister erläutert er, welche Themen ihm im Bezirk besonders am Herzen liegen und welche Ziele er hat.

Herr Liecke, was sind Ihre drei wichtigsten Themen im Bezirk für die kommenden fünf Jahre?

Falko Liecke: Das sind die Infrastruktur und öffentliche Gebäude, Kinder- und Jugendeinrichtungen und Schulen. Wir müssen investieren, um sie Instand zu halten. Das zweite ist die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Dazu zählen das Müllproblem, die Aufstockung des Personals im Ordnungsamt sowie die Beleuchtung in dunklen Ecken, um Gefährdungsbereiche etwas sicherer zu machen. Dritter Punkt ist für mich die Förderung der Wirtschaft und Kreativität in Neukölln. Für Unternehmen, die sich hier im Bezirk entwickeln wollen, brauchen wir auch eine Liegenschaftspolitik, damit diese genügend Flächen haben, um sich erweitern zu können.

Welche Probleme bereiten Ihnen am meisten Kopfzerbrechen?

Das Thema Gewalt in Neukölln. Wir haben weiterhin die höchste Intensivtäterquote. Mit meiner Arbeitsgruppe Kinder- und Jugendkriminalität haben wir bald ein gutes Mittel dagegen. Eines der größten Probleme ist, genügend Wohnraum für die Bevölkerung zu haben. Da kann der Bezirk natürlich nicht so eingreifen. Der Milieuschutz funktioniert nicht, ich halte ihn für ein Placebo-Instrument.

Warum halten Sie nichts vom Milieuschutz?

Sie können den Markt nicht aufhalten, indem Sie einen zweiten Balkon verbieten. Zudem will ich eine echte Bevölkerungsmischung, gerade in Nord-Neukölln. Es bringt uns nichts, wenn in manchen Schulklassen alle Kinder aus Familien mit Hartz IV Bezug kommen. Ein Bevölkerungsmix trägt dazu bei, dass bildungsorientierte Familien ihre Kinder dann auch hier in die Schule bringen. Davon profitieren alle Kinder. Um diese Familien in Neukölln zu halten, muss es auch in Zukunft möglich sein, Eigentum zu erwerben. Der Milieuschutz verhindert das aber. Wohneigentum ist darüber hinaus die sicherste Form von Vorsorge für das Alter, die sich Familien mit mittleren Einkommen leisten können. Es wäre nicht richtig, ihnen das zu verbieten.

Haben Sie Befürchtungen, dass der derzeitige politische Konflikt in der Türkei auch auf Neukölln überschwappt?

Ich glaube, der Konflikt ist hier bereits angekommen. Das macht mir große Sorge. Weil beispielsweise der DITIB (Türkisch Islamische Union der Anstalt für Religion e. V.) derzeit sehr intensiv Werbung für Erdogan macht. Das ist eine staatlich organisierte Form von Propaganda, denn DITIB ist ja dem türkischen Religionsministerium zugeordnet. Es ist ein No-Go, das die Menschen, die in einem anderen Land mit anderen Rahmenbedingungen und gesellschaftlichen Gepflogenheiten leben, den Türkei-Konflikt hier hereintragen. Das halte ich für gefährlich und das sollten wir uns nicht gefallen lassen. Ich möchte das nicht erleben, wenn die vielen unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen alle auf unseren Straßen aufeinander prallen.

Was kann der Bezirk gegen Radikalisierungstendenzen tun?

Es ist entscheidend, dass wir das Thema De-Radikalisierung schon bei der Jugend viel stärker und systematischer angehen. Die Islamisten erreichen die Kinder schnell. Wir müssen schneller sein. Dafür brauchen wir dringend die Mittel.

Mit welchen erreichten Zielen als Stadtrat für Jugend und Gesundheit sind sie besonders zufrieden?

Fertig kann man aufgrund der Herausforderungen, die wir hier haben, nicht sein. Womit ich zufrieden bin, ist unsere Präventionskette. Mit einem breiten Angebot geben wir allen Neuköllner Familien von Anfang an Unterstützung. Das kann sich berlinweit sehen lassen. Beispiele sind die App „Gesundes Neukölln“ sowie das Begrüßungspaket, das Babylotsenprojekt, Familiengutscheine, Familienzentren und die Schreibabyambulanz. Solche Projekte haben wir vorangetrieben, mit dem Wissen, je früher wir anfangen, desto besser sind die Chancen, dass die Kinder sich gut entwickeln.

Würden Sie nach der Wahl lieber die Zählgemeinschaft mit der SPD fortsetzen oder lassen Sie alle Optionen offen?

Ich bin nicht nach allen Seiten offen. Mit der AFD würden wir auf keinen Fall zusammen gehen. Die SPD wird auf jeden Fall keine 40 Prozent mehr einfahren, wie bei der letzten Wahl. Wir kämpfen dafür, dass die AFD zumindest nicht so viel Stimmen bekommt, dass sie einen Stadtrat stellt. SB

Autor:

Sylvia Baumeister aus Neukölln

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

2 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Foto: pexels/Giulia Freitas
5 Bilder

Mode oder mehr?
Piercing. Von alten Ritualen bis zu moderner Kunst

Ist das Modeakzent oder kulturelles Erbe? Auf jeden Fall ist Piercing die beliebteste und gefragteste Körpermodifikation der Welt, die sowohl persönliche Vorlieben und Modetrends als auch tiefe kulturelle Traditionen widerspiegelt. Was ein modisches Piercing heute ist und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat, erfahren wir zusammen mit VEAN TATTOO in diesem Artikel. Eine der beliebtesten Arten von Piercings ist das Ohrlochstechen. Ein Klassiker aller Zeiten, ist das wirklich so und woher...

  • Mitte
  • 17.04.24
  • 242× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Wenn auch Sie mehr über Ihre Schulterbeschwerden erfahren möchten und sich über mögliche Behandlungsansätze informieren möchten, kommen Sie zum Informationsabend am 23. Mai. | Foto: B. BOISSONNET / BSIP

Wir informieren Sie
Schmerzen in der Schulter – Ursachen und Behandlungen

Schmerzen in der Schulter können vielfältige Ursachen haben – sei es durch Unfälle oder Verschleißerscheinungen. Diese Ursachen können die Beweglichkeit beeinträchtigen und die Lebensqualität stark einschränken. Unsere Experten, Dr. med. Louise Thieme und Robert Tischner, Teamchefärzte des Caritas Schulter- und Sportorthopädiezentrums, werden bei unserem Informationsabend speziell auf die Problematik von Schulterbeschwerden eingehen – vom Riss der Rotatorenmanschette bis zur Arthrose. Sie...

  • Pankow
  • 18.04.24
  • 208× gelesen
Gesundheit und Medizin
Wenn Hüfte oder Knie schmerzen, kann eine Arthrose die Ursache sein.

Infos für Patienten
Spezialthema: Arthrose in Hüft- und Kniegelenken

Sie leiden unter Schmerzen im Knie- und Hüftgelenk? Diese Beschwerden können verschiedene Ursachen haben, wie beispielsweise Unfälle, Verschleißerscheinungen, angeborene oder erworbene Fehlstellungen. Die Auswirkungen beeinflussen nicht nur die Beweglichkeit, sondern auch die Lebensqualität entscheidend. An diesem Infoabend möchten wir speziell auf die Arthrose in Knie- und Hüftgelenken eingehen. Die Behandlung von Arthrose erfolgt individuell aufgrund der vielfältigen Ursachen und...

  • Pankow
  • 19.04.24
  • 126× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Langanhaltende Schmerzen können ein Anzeichen für Gallensteine sein.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Wann ist eine OP sinnvoll?
Infos zu Gallensteinen und Hernien

Leiden Sie unter belastenden Gallensteinen oder Hernien (Eingeweidebruch) Langanhaltende Schmerzen begleiten viele Betroffene, unabhängig des Lebensalters, bevor sie ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung können jedoch häufig Komplikationen vermeiden. Wir sind auf die Behandlung dieser Probleme spezialisiert und bieten Ihnen erstklassige allgemein- und viszeralchirurgische Expertise. Von Diagnostik bis Nachsorge: Wir kümmern uns individuell um Ihre...

  • Reinickendorf
  • 17.04.24
  • 235× gelesen
Jobs und KarriereAnzeige
Foto: VEAN TATTOO
4 Bilder

Tattoo-Kurse
Ausbildung für Topberuf des letzten Jahrzehnts

Eine Frage, die immer aktuell ist, auch wenn man schon vor langer Zeit erwachsen ist. Sehr oft entscheiden wir uns aufgrund des sozialen Drucks für einen Beruf. Wie oft haben Sie sich gefragt, was aus Ihnen geworden wäre, wenn Sie auf sich selbst gehört hätten? VEAN TATTOO hat diese wichtige Frage vor zwölf Jahren ehrlich für sich selbst beantwortet und reicht daher ohne Zweifel allen, die über ihren ersten oder neuen Beruf nachdenken, eine helfende Hand. Es liegt an Ihnen, zu entscheiden,...

  • Mitte
  • 25.03.24
  • 1.568× gelesen
  • 1
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.