In den Tod getrieben
Ein Stolperstein erinnert jetzt am Pastor-Niemöller-Platz an einen renommierten Ingenieur

Marianne Wintgen am Stolperstein für ihren Verwandten Wilhelm Alexander Königswerther. | Foto: Bernd Wähner
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Auf dem Gehweg vor dem Haus am Pastor-Niemöller-Platz 2 wurde vor wenigen Tagen vom Künstler Gunter Demnig ein Stolperstein in das Pflaster eingesetzt. Die kleine Messingtafel auf diesem Stein erinnert an Wilhelm Alexander Königswerther.

Dieser lebte fast 40 Jahre lang am Bismarckplatz 1. So hieß der Pastor-Niemöller-Platz bis 1951. Alex, wie er in der Familie nur genannt wurde, kam am 25. Juni 1877 in Leipzig zur Welt. „Er besuchte in Berlin eine Internatsschule, das Joachimsthaler Gymnasium“, sagt Marianne Wintgen, eine entfernte Nachfahrin von ihm. Sie recherchierte die Lebensgeschichte des Ingenieurs sowie die seiner Schwestern und weiterer Verwandte. Und sie initiierte und finanzierte auch die Verlegung des Stolpersteins.

Nach dem Abitur studierte Alexander Königswerther Maschinenbau und Elektrotechnik an den Technischen Hochschulen Charlottenburg und Darmstadt. Seine praktische Ausbildung absolvierte er dann an der Prager Maschinenbauanstalt Ruston & Co. Es folgte eine zweijährige Tätigkeit als Dozent. In dieser Zeit schrieb er auch ein Standardwerk für ein Spezialgebiet der Elektrotechnik mit dem Titel „Konstruktion und Prüfung der Elektrozähler“.

Im Januar 1906 begann Königswerther für das Unternehmen AEG zu arbeiten. Aufgrund seines Fachwissens machte er dort Karriere. Im Laufe der Jahre verfasste Königswerther zahlreiche Fachbücher und -artikel. Die AEG würdigte sein Wirken 1931 anlässlich seines 25. Dienstjubiläums mit einem großen Beitrag in der AEG-Zeitung „Spannung“.

Wilhelm Alexander Königswerther lebte für seine Arbeit. Am damaligen Bismarckplatz 1 wohnte er in zwei Zimmern zur Untermiete. Am 30. Juni 1933 wurde er mit 56 Jahren in den Ruhestand versetzt, weil er Jude war. Danach wurde das Leben für ihn immer schwieriger. Irgendwann musste er auch seine zwei Zimmer am Bismarckplatz verlassen und in die Florastraße 59 umziehen.

Weil es für jüdische Menschen immer schwieriger wurde, ließ der in Gera lebende Arzt Oskar Salomon allen noch in Deutschland lebenden Verwandten von Alexander Königswerther das Schlafmittel Veronal zukommen, was in Überdosis eingenommen tödlich wirkte. Salomon selbst und seine Familie nahmen sich am 18. September 1941 das Leben. Nur vier Tage später folgten die Schwester von Königswerther und ihr Mann Paul Salomon in Hamburg. Der Pankower hatte nun die schwierige Aufgabe, die Beisetzung für beide Familien zu organisieren. Wilhelm Alexander Königswerther hielt danach noch ein knappes Jahr durch. Aber am 24. August 1942 war er so verzweifelt, dass auch er sich das Leben nahm. Er wurde auf dem Jüdischen Friedhof Weißensee ohne Grabstein bestattet.

Nun erinnert auf Initiative von Marianne Wintgen ein Stolperstein an den herausragenden Ingenieur vor dessen langjährigem Wohnsitz. Mit diesem neuen Stolperstein gibt es bereits über 60 in den Ortsteilen Pankow und Niederschönhausen. Zu den jüngsten gehören, neben dem für Wilhelm Alexander Königswerther, auch vier Stolpersteine für die Familie Berwin vor der Parkstraße 60. Gepflegt werden alle von der Pankower Stolpersteingruppe. Weitere Informationen zu ihr gibt es beim Ehepaar Hochhuth unter ¿46 72 51 67 sowie über den E-Mail-Kontakt maili.gerhard@hochhuth.net.

Autor:

Bernd Wähner aus Pankow

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