Ein Ort für Geschichten
Weil das Vorlesen so gut ankommt, braucht Lesewelt Berlin mehr Platz

Einmal wöchentlich unterhalten die Lesepaten ihr junges Publikum mit Geschichten in Bibliotheken und Kitas. | Foto: Michael Vogt
  • Einmal wöchentlich unterhalten die Lesepaten ihr junges Publikum mit Geschichten in Bibliotheken und Kitas.
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„Es gibt Bücher wie zum Beispiel ‚Willi Wiberg‘, die sind so beliebt, dass sie durch mehrere Kindergenerationen gehen“, sagt Waltraud Hanner. Die Rentnerin weiß, wovon sie redet. Denn sie ist Lesepatin der Lesewelt Berlin und seit der Gründung des Vereins im Jahre 2000 mit Begeisterung dabei.

Einmal wöchentlich lesen sie und drei weitere ehrenamtliche Lesepaten in ihrem Kiez in der Weddinger Schillerbibliothek Kindern zwischen 4 und 12 Jahren Geschichten vor, die diese vorher selbst ausgewählt haben. Momentan tun es ihnen rund 120 weitere Lesepaten an 26 Orten in acht Berliner Bezirken gleich. Die Ehrenamtlichen sind zwischen 16 und 80 Jahre alt, teils in Rente oder aus unterschiedlichen Berufen, überwiegend weiblich. Das gemeinsame Ziel: Bei den Kindern die Freude am Lesen wecken, ihre die Sprachkompetenz fördern und Bildungsarmut bekämpfen. „Zwar sind bildungsbenachteiligte Kinder unsere Hauptzielgruppe, aber eigentlich kommen zu uns alle Kinder“, sagt die Vereinsvorsitzende Ursula Frommholz.

Sie ist seit 2004 dabei, kommt beruflich aus der Marktforschung im Medienbereich und sah schon deshalb die Notwendigkeit, die Lesekompetenz von Kindern als die potentiellen Zeitungsleser von morgen zu fördern. Die Lesewelt Berlin bietet die Möglichkeit, abseits großer Literaturevents und Lesungen die Kinder vor Ort in ihrem sozialen Umfeld abzuholen. Der Ansatz des Vereins ist dabei ein grundsätzlich anderer als der in den Schulen. „ Wir setzen vor allem auf positive Motivation und Freude – und lesen nur das vor, was die Kinder auch wollen“, erklärt Frommholz.

Dass dieses Konzept auf fruchtbaren Boden fällt, belegt die neuste Kinder-Medien-Studie 2019. Danach lesen 76 Prozent aller 4 bis 13 Jährigen Bücher, Zeitschriften, Magazine oder Comics – 5 Prozent mehr als noch 2017. Frommholz sieht diesen Trend etwas differenzierter: „Die Zahl der Besuche der Kinder bei unseren Veranstaltungen liegt jährlich konstant bei ungefähr 10 000.“

Größeres Bewusstsein unter den Eltern

Allerdings, so Frommholz, würden die Kinder in den Vorlesestunden über die Jahre immer jünger: „Früher kamen ab 8-Jährige, die zuvor nie ein Buch in der Hand hatten. Heute haben wir viele 6-Jährige unter unserer immer begeisterten Zuhörerschaft.“ Der Grund liege klar auf der Hand: „Die Eltern sind deutlich aufmerksamer geworden, was die Lesekompetenz ihrer Kinder angeht.“

An Nachwuchs bei den Lesepaten kann sich Frommholz derweil nicht beklagen: „Das Interesse, bei uns mitzumachen, ist so groß, dass wir mittlerweile ganz dringend neue Vorlese-Orte suchen!“ Das könnten neue Bibliotheken und Kitas, aber auch Familien- oder Kieztreffpunkte sein. „Wichtig ist die Möglichkeit, sich zum Lesen irgendwohin zurückziehen zu können. Und ein kleiner Bestand an schönen Kinderbüchern wäre natürlich auch wünschenswert“, meint Frommholz.

Wenn der neue Platz für Geschichten gefunden ist, werden sicher wieder viele weitere Kinder gebannt an den Lippen der Lesepaten hängen. Und nach dem Ende der Geschichte dokumentiert noch ein Stempel in den persönlichen Leseausweis den Besuch. Bei zehn Stempeln winkt – wie soll es anders sein – ein Buchgeschenk.

Der Lesewelt Berlin e.V ist an der Turmstraße 75 ansässig und erreichbar unter ¿45 08 92 09. Die Veranstaltungen sind kostenlos, eine Voranmeldung ist nicht nötig. Viele weitere Informationen inklusive Programm und Spendenkontakt finden Sie auch auf der Homepage im Internet unter https://lesewelt-berlin.org.

Autor:

Michael Vogt aus Prenzlauer Berg

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