Mit handgemachter Musik geht's in die Nacht
Manche Gäste verlassen „Speiches R&B Kneipe“ erst weit nach Mitternacht

Klaus Schnabel-Koeplin und Wolfgang Spors (rechts) sorgen dafür, dass in „Speiches R&B Kneipe“ bis in den späten Abend hinein handgemachte Musik zu hören ist. Die Gäste bleiben oft bis weit nach Mitternacht. | Foto: Bernd Wähner
  • Klaus Schnabel-Koeplin und Wolfgang Spors (rechts) sorgen dafür, dass in „Speiches R&B Kneipe“ bis in den späten Abend hinein handgemachte Musik zu hören ist. Die Gäste bleiben oft bis weit nach Mitternacht.
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Rund um den Helmholtzplatz reihen sich inzwischen ein Café und ein Restaurant an das andere. Aber ein paar Meter weiter, an der Raumer Straße 39, sticht ein Laden aus der üblichen Gastronomie im Szenekiez heraus: „Speiches R&B Kneipe“.

Schon beim Betreten dieser Kneipe wird sich so mancher Rock- und Blues-Fan im „siebten (Gitarren-)Himmel“ fühlen. Denn an der Decke kleben etliche E-Gitarren. Und dort ist auch Jörg „Speiche“ Schützes erster Bass zu entdecken. Den spielte er bei der legendären DDR-Blues-Band „Monokel“. An den Wänden hängen weitere Relikte der Musikgeschichte und Fotos von Musikerinnen und Musikern, die in der Kneipe auftraten.

„Speiche“ begann mit seiner Kneipe 1992, also vor 30 Jahren, als noch unklar war, ob man als aus der DDR kommender Musiker weiterhin sein Geld mit Musik verdienen kann. Schon bald avancierte die Kneipe zu einem Geheimtipp für Rock- und Blues-Fans. Aber im Laufe der Jahre gab es auch immer mehr Auftritte für Mr. Speiches Monokel Blues Band. Und so musste sich der Musiker entscheiden: Kneipe oder Musik. Beides wäre kräftemäßig nicht zu schaffen. Vor zehn Jahren übergab er schließlich die Geschicke der Kneipe in die Hände eines Teams, das sie zunächst als GmbH betrieb. Speiche selbst verstarb im Alter von 73 Jahren am 31. Mai 2020.

In seinem Sinne führen heute Wolfgang Spors und Klaus Schnabel-Koeplin die Kneipe weiter. Beide sitzen an einem Tisch in der Mitte des Gastraumes und besprechen nächste Projekte. Das Programm in „Speiches R&B Kneipe“ will langfristig organisiert sein. Hervorragende Musiker bekommt man nicht mal eben auf Zuruf für ein Konzert. Und wenn dann jemand, der für den Abend fest eingeplant war, kurzfristig absagt, muss man rührig sein, um Ersatz zu finden. Doch noch sind ein paar Stunden Zeit, ehe die Kneipe um 17 Uhr öffnet und um 20 Uhr das Konzert beginnt. Spätestens um 23 Uhr muss dann mit dem Musik machen auch Schluss sein. Etwa um 2 Uhr nachts, am Wochenende oft auch danach, verlassen dann die letzten Gäste die Kneipe.

"Die eigentliche Arbeit findet
tagsüber statt"

„Auch wenn wir abends und nachts hier sind: Unsere eigentliche Arbeit findet tagsüber statt“, sagt Spors. „Dann nämlich müssen wir die Veranstaltungen organisieren, für die Kneipe alles einkaufen und all die Sachen erledigen, die sonst noch so anliegen. Wenn abends das Konzert läuft, ist das für uns das Sahnehäubchen, die Zugabe für den Tag.“

Wolfgang Spors ist es nicht anders gewohnt, als auch abends und nachts zu arbeiten. Vor 30 Jahren begann er als Kulturmanager im damaligen Galerie-Café Klapsmühle an der Mühlenstraße im Pankow. Einen Namen als rühriger Veranstalter machte er sich von 1999 bis 2009 als Chef im damaligen Café Garbáty an der Breiten Straße, ebenfalls in Pankow. Danach organisierte er auch Konzerte im Kesselhaus und im Maschinenhaus in der Kulturbrauerei, ehe er sich um die Gastronomie und Veranstaltungen in „Speiches R&B Kneipe“ kümmerte.

Von Anfang an arbeitete Spors in dieser Kneipe mit dem Verein rockradio.de zusammen. Dessen Vorsitzender und Chefredakteur Klaus Schnabel-Koeplin überträgt regelmäßig Sendungen für rockradio.de aus der Raumer Straße 39. Auch er ist es gewohnt, abends und nachts zu arbeiten. Denn wenn er deutschlandweit vom Rock- und Bluesgeschehen in der Republik berichtet, finden die Veranstaltungen selten vor 20 Uhr statt.

Rockradio hielt Kneipe am Leben

Der engen Verbindung von Kneipe und rockradio.de ist zu verdanken, dass es „Speiches R&B Kneipe“ heute überhaupt noch gibt. Im Laufe der Corona-Pandemie war sie von der GmbH nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben. Musiker der Bands Karat und Pankow unterstützten sie seinerzeit im Rahmen der Aktion „Rettet die Klubs“. Das brachte Linderung, war aber nicht die Dauerlösung. Aus diesem Grund sprang der Verein rockradio.de ein, der heute der Betreiber ist. In diesem Jahr kann „Speiches R&B Kneipe“ deshalb 30-jähriges Bestehen feiern.

Aus diesem Anlass fand den Sommer über bereits bei freiem Eintritt ein Open-Air-Festival im Sommergarten des Soda-Clubs in der Kulturbrauerei statt. „Jetzt, wo es kühler ist, haben wir die Veranstaltungen, die immer mittwochs stattfinden, ins Innere des Soda-Klubs verlegt“, berichtet Wolfgang Spors. In der Kneipe selbst ist jeden Freitag und Sonnabend, ebenfalls bei freiem Eintritt, Live-Musik mit Musikern aus Berlin und aus der ganzen Welt, und zwar hautnah in meist kleiner Besetzung zu erleben. Sonntags wird Fröhliches von Chanson über Swing bis Ragtime live gespielt. Und jeden Dienstag ab 18 Uhr sendet rockradio.de live aus der Kneipe. Dann gibt es neben Live-Musik auch Gespräche mit Leuten aus der Musikbranche.

Am 12. November ab 18 Uhr wird in der Kneipe das kalendarische 30. Gründungsjubiläum von „Speiches R&B Kneipe“ mit vielen Weggefährten von „Speiche“ gefeiert. Viele von denen werden sicher auch am 31. Mai 2023 dabei sein, wenn das große Tribute-Konzert im Kesselhaus der Kulturbrauerei in Erinnerung an Jörg „Speiche“ Schütze stattfindet, das wegen der Pandemie verschoben werden musste.

Näheres zum Programm in „Speiches R&B Kneipe“ ist auf www.rockradio.de zu erfahren.

Autor:

Bernd Wähner aus Pankow

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