Tor zum "Judengang" wird nur für Führungen geöffnet

In den Jahren 2002/03 wurde der historischen Judengang saniert. An seinen beiden Enden stehen Tore mit Davidsternen. | Foto: Bernd Wähner
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Unweit vom Senefelderplatz, zwischen neuen Häusern an der Metzer Straße, erregt ein Tor immer die Aufmerksamkeit von Passanten.

In Augenhöhe sind zwei Davidsterne eingelassen, durch die man auf einen etwa zehn Meter breiten Weg schauen kann. Dieser Weg zieht sich sehr weit hin. Und läuft man um das Wohnkarree herum, findet sich gegenüberliegend an der Knaackstraße ein ähnliches Tor mit zwei Davidsternen. Aber was hat das Ganze auf sich?

Um 1827 begann die Jüdische Gemeinde zu Berlin, ihren damals neuen Friedhof an der Schönhauser Allee auf früherem Ackerland vor der Stadt anzulegen. Schon bald zogen fast täglich trauernde Juden aus Berlin die Schönhauser Allee hinauf zum Friedhof. Der Legende nach soll das den preußischen König Friedrich Wilhelm III. sehr gestört haben, wenn er mit seiner Kutsche zu vergnüglichen Stunden Richtung Schloss Schönhausen gefahren ist. Darum ließ er die Juden wissen, sie sollen künftig den Hintereingang des Friedhofs benutzen.

So wurde ein früherer Feldweg zum „Judengang“. Ende des 19. Jahrhunderts entstanden rings um diesen Weg neue Häuser. Der Weg blieb erhalten. Er führt parallel zur Kollwitzstraße hinter den Häusern etwa 400 Meter von der Metzer bis zur Knaackstraße. Mittendrin: ein Eingang zum Jüdischen Friedhof an der Schönhauser Allee.

Zu DDR-Zeiten nutzen die Hinterhausbewohner der Kollwitzstraße das „Niemandsland“, um sich kleine Gärten anzulegen. Später wurde hier an lauen Sommerabenden sogar gegrillt. Und irgendwann geriet die ursprüngliche Nutzung dieses Weges in Vergessenheit.

Gartenarchitekt Joachim Jacobs, Mitglied in der Jüdischen Gemeinde, entdeckte den Judengang um die Jahrtausendwende wieder. Er begeisterte auch das Landesdenkmalamt für den Geschichte atmenden Grünsteifen. Er ist unter anderem einer von drei noch verbliebenen historischen Feldwegen in Berlin – und steht auch deshalb unter Denkmalschutz. Mit Unterstützung der Lotto-Stiftung ließ die Jüdische Gemeinde zu Berlin den Judengang vor 15 Jahren sanieren. Es waren vor allem die Begrenzungsmauern zu erneuern und das Tor zur Knaackstraße hin zu sanieren. Das Tor zur Metzer Straße/ Senefelderplatz wurde vor zehn Jahren mit Unterstützung der Kollwitzspitze GmbH errichtet, die hier seinerzeit neue Häuser baute.

Dass der Gang nun nicht mehr von jedermann betreten werden kann, hängt vor allem mit der Hofsituation der angrenzenden Häuser zusammen. Jeder könnte unbehelligt in die Häuser kommen. Darum ist dieser besondere Weg durch zwei Tore verschlossen, und dieser Gang wird nur zu Führungen geöffnet.

Dass manche nicht wissen, was es mit den Toren und dem dahinter liegenden Wag auf sich hat, wird vor allem am Tor an der Knaackstraße deutlich: Dieser Eingang wird leider immer wieder mit Tags beschmiert.

Autor:

Bernd Wähner aus Pankow

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