Nachruf
Zombie Boy Rick Genest (†32): Eitel, einsam und unsterblich

- Rick Genest (†32) war ein weltweit gefragtes Model, sogar für Kosmetik. Sein Markenzeichen waren Tattoos am ganzen Körper, die eine verwesende Leiche darstellen sollte. Auch in Berlin und für deutsche TV-Sender war der Kanadier bis zu seinem Tod am 1. August 2018 tätig.
- Foto: Zombie Boy / Facebook
- hochgeladen von Marcel Adler
BERLIN / MONTREAL - Er spielte in Musikclips von Lady Gaga mit und versetzte bei "Germany's next Topmodel" Heidi Klums Mädchen in Angst: Nun wurde Rick Genest mit nur 32 Jahren tot aufgefunden. Die Modebranche, Fans und Künstler auf der ganzen Welt trauern um den Zombie Boy.
Schon lange stand Rick Genest, den alle nur den Zombie Boy nannten, nicht mehr für das Böse. Dass die Finger seiner beiden Hände den Schriftzug "Evil Dead", benannt nach dem Film "The Evil Dead" (also Tanz der Teufel), trug, verschreckte selbst Kosmetikhersteller nicht. Was viele gar nicht wussten: Zombie Boy warb für Feuchtigkeitscreme bei strapazierter Haut, Parfum und ähnlichen Schönheitsprodukten. Rick war der Garant dafür, dass jede Kampagne ein voller Erfolg wird. Damit wurde der ehemalige Obdachlose reich. Sehr reich. Zu Kopf gestiegen ist ihm das nie. Auch nicht, dass er wegen seiner 176 Insekten- und 139 Knochen-Tattoos zweifach im Guinness-Buch der Rekorde seit 2011 die Liste anführte.
Hirntumor mit 15 Jahren
Schon mit 16 ließ sich Rick das erste Tattoo stechen. Wut und friedlicher Protest beinhalteten seine Botschaften auf der sichtbaren Haut. Genest war ein überzeugter Punk und drei Jahre lang in der Hausbesetzerszene von Montreal (Kanada) aktiv. Schon mit 19 beschloss er, sich zum Zombie zu verwandeln. Nicht ohne Grund. Denn er hatte eine Krankheit überlebt. Im Alter von 15 Jahren diagnostizierte man bei Rick Hirntumor. Er überlebte und fühlte sich nach dem Sieg über den Tumor unsterblich. Nach einem Leben auf der Straße und in Abriss-Häusern, wuchs er bei einer Ersatzfamilie auf, wo er Liebe erfuhr. Genest war nicht schwer erziehbar, nur anders. Rick wollte die Welt verändern, trug seine Kritik konsequent nach Außen mit Tattoos.
Zombie Boy im Prenz'l Berg
Dann machte er sein immer "böseseres" Aussehen zum Einkommen. Rick wurde zu einem der gefragtesten Models weltweit. Vom Hausbesetzer zum Kapitalisten wollte er dabei nie werden. Seine Kampagnen suchte er sich aus. Ihm lagen vor allem kreative und kleine Labels am Herzen. Auch eines in der Hauptstadt - den Second Hand Store "Made in Berlin" im Prenzlauer Berg. Nur mit Second-Hand-Klamotten ließ er sich dort fotografieren. Rick liebte den Prenz'l Berg. Dass er kurz danach 2013 auch bei Heidi Klum zu Gast war hatte ein wichtiges Ziel: Dem deutschen Model-Nachwuchs klar zu machen, stets individuell zu bleiben. Rick Genest war eitel, investierte bis zu 15.000 Euro in seine Tattoos. Er blieb, wie sich nun erst herausstellte, häufig sich selbst überlassen. Rick war einsam und dachte gefährlich oft über den Sinn des Lebens nach. Wenn die Kamera aus war, dann war Zombie Boy nicht mehr gruselig, sondern hatte selber Angst. Hinter der Fassade einer verwesenden Leiche war ein sehr zerbrechlicher junger Mann. Rick Genest schwieg über seine Depressionen bis zum Schluss. Er war der verrückteste Ausnahmekünstler unserer Zeit. Frei von Skandale und Exzesse. Für Fans und Wegbegleiter bleibt der Zombie Boy weiter unsterblich.
Hier bekommen Sie Hilfe:
Der Autor berichtet grundsätzlich nicht über Suizide. Bei Personen des öffentlichen Lebens erfahren Selbsttötungen jedoch besondere Aufmerksamkeit. Wenn Sie depressiv sind, bekommen Sie Hilfe bei der Telefonseelsorge. Rund um die Uhr können dort Berater Auswege aus Ihrer Situation aufzeigen. Sie erreichen diese unter der kostenlosen Hotline 0800 / 1110111 oder 0800/1110222.


Autor:Marcel Adler aus Friedrichshain |
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