Verein Fördern durch Spielmittel fördert die inklusive Ausbildung

Yusuf Oktay in der Tischlerei. Geselle Toralf Schiele unterstützt ihn. | Foto: BW
  • Yusuf Oktay in der Tischlerei. Geselle Toralf Schiele unterstützt ihn.
  • Foto: BW
  • hochgeladen von Bernd Wähner

Prenzlauer Berg. Yusuf Oktay ist derzeit der einzige gehörlose Auszubildende in der Berliner Tischlerinnung. Kann ein junger Mann, der weder hören, noch sich in Lautsprache äußern kann, solch einen Beruf erlernen?

Immerhin müssen unterschiedliche Techniken detailliert vermittelt werden. Ganz zu schweigen von den Werkzeugen, Maschinen und Geräten, deren Gebrauch zu erklären ist. Und was ist an Unterstützung und Begleitung erforderlich?

Dass Yusuf Oktay zu Beginn dieses Lehrjahres trotz dieser Fragen seine Ausbildung beginnen konnte, ist dem Verein Fördern durch Spielmittel zu verdanken. Er richtete vor einigen Jahren eine Näh- und eine Tischlerwerkstatt ein. Dort fertigten ABM-Mitarbeitern Spielgeräte für Kinder und Jugendliche mit Handicap an. 2002 wurden daraus Zweckbetriebe: eine Schneiderei und eine Tischlerei. Sie werden von Handwerksmeistern geleitet, die auch Lehrlinge ausbilden dürfen. Statt Spielzeuge werden inzwischen selbstentworfene Kleidungsstücke geschneidert sowie Möbel, Fenster und Türen für verschiedene Auftraggeber getischlert. Von Anfang an achtete der Verein darauf, dass sowohl Mitarbeiter mit, als auch ohne Handicap sowie Menschen mit Migrationshintergrund in den Betrieben beschäftigt sind. Das trifft auch auf die Lehrlinge zu. Mittlerweile haben zwölf junge Leute in der Schneiderei und in der Tischlerei ihre Ausbildung abgeschlossen. Mit Yusuf Oktay geht der Verein jetzt einen Schritt weiter. Dass ein junger Mann ohne Gehör und ohne lautsprachliche Verständigungsmöglichkeit zum Tischler ausgebildet wird, ist eine Premiere.

Um zu schauen, inwieweit er geeignet ist, begann Yusuf vor anderthalb Jahren einen Berufsvorbereitungslehrgang. Den absolvierte er so gut, dass er im September einen Ausbildungsvertrag erhielt. "Es bedarf allerdings einiges an Unterstützung", berichtet Siegfried Zoels, Geschäftsführer des Vereins.

An zwei Tagen in der Woche besucht der junge Mann die Berufsschule. Dort bekommt er alles in Gebärdensprache erklärt. Weiterhin erhält er Förderunterricht. Denn für bestimmte Fachbegriffe gibt es gar keine Zeichen in der Gebärdensprache. Da muss manches ausführlicher erläutert werden.

Drei Tage in der Woche ist Yusuf Oktay in der Tischlerei tätig. Hier steht ihm unter anderem Toralf Schiele als Geselle zur Seite. Er ist ebenfalls gehörlos. Außerdem kommt einmal pro Woche eine Gebärdendolmetscherin in die Werkstatt. Über sie können alle Fragen oder Probleme geklärt werden.

Mit Bildungsbegleiterin Victoria Behnke steht dem jungen Mann außerdem eine Fachfrau an der Seite, die ihn die gesamte Ausbildung über in allen möglichen Angelegenheiten, zum Beispiel beim Schriftverkehr mit Behörden, unterstützt. Alle Hilfen für Yusuf sind nur möglich, weil sie von der Agentur für Arbeit gefördert werden. Dass sich die Bemühungen aller Beteiligten lohnen, dankt Yusuf mit Erfolgen. Er hat gerade die Prüfung zum ersten Maschinenführerschein bestanden.

Der inklusive Ansatz in der Berufsausbildung interessiert inzwischen auch die Fachwelt. Kürzlich war Prof. Dr. Friedrich Hubert Esser, der Präsident des Bundesinstituts für Berufsbildung vor Ort. Er wollte sich anschauen, wie das ganz praktisch funktioniert.

Bernd Wähner / BW
Autor:

Bernd Wähner aus Pankow

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

85 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Hüft- und Knieschmerzen müssen nicht sein.  | Foto: AdobeStock_197992483

Infoabend für Patienten
Schluss mit Hüft- und Knieschmerzen!

Leiden Sie unter Hüftschmerzen, die Ihr Leben dauerhaft beeinträchtigen? Oder schmerzt das Knie bei jedem Schritt? Dann lassen Sie sich nicht länger quälen! Wir laden Sie herzlich zu unserem Infoabend ein, bei dem Sie die neuesten Wege zur Befreiung von Hüft- und Knieschmerzen entdecken können, ohne sich vor dem Eingriff fürchten zu müssen. Unser renommierter Chefarzt für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie Leiter des Caritas Hüftzentrums, Tariq Qodceiah, wird Sie durch die modernsten Methoden...

  • Westend
  • 26.03.24
  • 241× gelesen
Jobs und KarriereAnzeige
Foto: VEAN TATTOO
4 Bilder

Tattoo-Kurse
Ausbildung für Topberuf des letzten Jahrzehnts

Eine Frage, die immer aktuell ist, auch wenn man schon vor langer Zeit erwachsen ist. Sehr oft entscheiden wir uns aufgrund des sozialen Drucks für einen Beruf. Wie oft haben Sie sich gefragt, was aus Ihnen geworden wäre, wenn Sie auf sich selbst gehört hätten? VEAN TATTOO hat diese wichtige Frage vor zwölf Jahren ehrlich für sich selbst beantwortet und reicht daher ohne Zweifel allen, die über ihren ersten oder neuen Beruf nachdenken, eine helfende Hand. Es liegt an Ihnen, zu entscheiden,...

  • Mitte
  • 25.03.24
  • 423× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Seinen Füßen sollte man sehr viel Aufmerksamket schenken.

Infos für Patienten
Thema: „Rund um den ganzen Fuß"

Haben Sie Ihren Füßen jemals gebührende Aufmerksamkeit geschenkt? Oft vernachlässigen wir sie, solange sie funktionieren und schmerzfrei sind. Doch wenn Probleme auftreten, wird uns die Bedeutung dieses komplexen Körperteils schlagartig bewusst. Unsere zertifizierten Fußchirurgen geben Ihnen einen tiefen Einblick in die Anatomie des Fußes und beschäftigen sich gezielt mit Problemen wie Fehlstellungen und Verletzungen mit innovativen Lösungsansätzen für diese häufig auftretenden Probleme....

  • Pankow
  • 06.03.24
  • 1.394× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Mit zunehmendem Alter stellen sich oft auch Fragen zur Sicherheit von Narkosen. Wir beantworten Ihre Fragen gern. | Foto: Volkmar Otto

Sicherheit während der OP
Wie sicher sind Narkosen im Alter?

Im Laufe unseres Lebens steigt die Wahrscheinlichkeit, dass wir eine Operation benötigen. Doch mit zunehmendem Alter stellen sich oft auch Fragen zur Sicherheit von Narkosen. Zum Beispiel können Herz-Kreislauf-Erkrankungen, schwere Lungenkrankheiten oder Demenz die Narkoseverträglichkeit beeinflussen. Wir laden Sie herzlich ein, Ihre Fragen und Bedenken mit uns zu teilen. Unser Ziel ist es, Ihnen die Angst vor der Narkose zu nehmen und Ihnen ein Verständnis dafür zu vermitteln, wie wir Ihre...

  • Reinickendorf
  • 13.03.24
  • 1.216× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.