Wettlauf im Wohnzimmer
SV Empor Berlin startet virtuelles Rennen durch Europa
Der Lockdown hat auch den Amateursport fest im Griff. Im Prenzlauer Berg jedoch geht es ungebremst empor. Die Fußballer des SV Empor Berlin haben eine coronakonforme Challenge gestartet – damit die 1100 Vereinssportler fit bleiben.
Drei Wochen lang wurde fleißig gelaufen. Auf mehr als 12 000 Kilometern führte die Rundreise quer durch Europa. Da wird so manchem die Puste ausgegangen sein, möchte man meinen. Doch falsch gedacht. Dieses Rennen war anders. Kein Luftschnappen, kein Muskelkater, keine qualmenden Socken. Gelaufen wurde im heimischen Wohnzimmer. Denn in der Krise wird auch der Sport virtuell.
Die zündende Idee hatte Nils Kohlschmidt. Er sitzt im Vereinsvorstand und trainiert die 1. Fußball-Herrenmannschaft. „In Zeiten des Stillstands wollte ich unseren Sportlern Bewegung verschaffen“, sagt Kohlschmidt. Beim Vorstand kam die digitale Challenge gut an. Bei den Fußballkollegen auch, also gründen sechs Sportler ein Organisationsteam und tüfftelten den Marathon aus. Alles ehrenamtlich, versteht sich. 21 Mannschaften machten mit – von der F-Jugend bis hoch zu den Ü50.
„Gestartet sind wir virtuell am Jahn-Sportpark“, erzählt Nils Kohlschmidt. Das war am 11. Januar. Von dort ging es über 600 Kilometer zur Allianz-Arena nach München. „Tolle Leistung für den ersten Tag.“ Weiter ging es dann nach Spanien ans Mittelmeer bis Portugal, zurück über Frankreich, von dort mit der Fähre rüber nach Großbritannien und wieder übers Wasser nach Skandinavien. Am Ende jedes Lauftages zählte das Organisationsteam die Kilometer zusammen und schickte sie per E-Mail an die Kapitäne der einzelnen Laufteams. So wusste jeder, wie weit seine Mannschaft im Wettrennen gekommen war. Damit die Laufbedingungen möglichst echt waren, wurde regelmäßig der Wettbericht durchgegeben. „In Spanien zum Beispiel hatten wir 15 Grad plus“, sagt Kohlschmidt. „Da ließ es sich bei Tapas und Rotwein gut pausieren.“ Am Ende kamen mehr als 12 000 gelaufene Kilometer zusammen.
Aber das war nicht der einzige Ansporn. Unterwegs mussten die Läufer 112 Quiz-Fragen beantworten. „Über die Historie und die Erfolge unseres Vereins zum Beispiel“, sagt Nils Kohlschmidt. Der SV Empor Berlin ist schließlich der größte Sportverein in Pankow. Auch der nationale und internationale Sport wurde abgefragt. Dazu waren die 21 Mannschaften aufgerufen, wöchentliche Teamaufgaben zu meistern. Dabei entstanden sensationelle Steckbriefe, Plakate, Bilder, Lieder, Gedichte und Geschichten über Empor. „Einige machten Videos oder gestalteten aufwendige Präsentationen“, berichtet der 31-Jährige. Ein Song könnte sogar die künftige Vereinshymne werden.
Wie bei jedem Wettkampf gab es natürlich auch eine Siegerehrung und kleine Prämien. Die meisten Punkte holte die B-Jugend, das sind die 16- bis 17-Jährigen. Auf Platz zwei kam die Frauenmannschaft, Platz 3 holte die A-Jugend als älteste Juniorenmannschaft. Und die 1. Herrenmannschaft? „Wir wurden Fünfter, aber ganz knapp hinter den anderen“, sagt der Trainer. Der Lohn: Alle drei Sieger werden bei der nächsten Fahrt ins Trainingslager vom Verein finanziell unterstützt. Wenn der Lockdown den Amateursport wieder locker lässt.
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
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