Nicht in der "Pufferzone"
Welterbe-Komitee und Denkmalamt lehnen Neubaupläne für Schule im Umfeld der „Weißen Stadt“ ab

In der Umgebung des Welterbes „Weiße Stadt“ zu bauen ist nicht ohne Weiteres möglich. | Foto: Thomas Frey
  • In der Umgebung des Welterbes „Weiße Stadt“ zu bauen ist nicht ohne Weiteres möglich.
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Ab Schuljahr 2022/2023 bestehe in Reinickendorf-Ost ein steigender Platzbedarf, „der durch die vorhandenen Schulbauten nicht aufgefangen werden kann“. So nachzulesen in einer Stellungnahme der Senatsbildungsverwaltung von Ende Oktober, die dabei auf eine entsprechende Stellungnahme des Bezirksamtes verweist.

Das wäre also in knapp zwei Jahren. Um Abhilfe zu schaffen müsste inzwischen ein Schulneubau im Bau sein. Denn ungefähr zwei Jahre braucht es, bis der fertig ist, selbst wenn er in Modul-, genauer gesagt Holzmodulbauweise errichtet wird. So geplant am Standort Aroser Allee/Thurgauer Straße. Es hatte zwar etwas länger gedauert, bis auch die Senatsverwaltung die Dringlichkeit dieser Maßnahme erkannte, aber immerhin seit 2016 gab es dafür grünes Licht. Auch die Finanzierung ist inzwischen gesichert. Trotzdem passiert bisher nichts. Und ob demnächst losgeht, ist fraglich. Denn es gibt Probleme mit dem Denkmalschutz – aktuell vor allem mit dem Welterbe.

Die Schule liegt laut Senat in der „Pufferzone„ der „Weißen Stadt“, die in der Liste der Unesco-Kulturgüter aufgeführt wird. Der Status ist eigentlich eine Visitenkarte – gerade für den Bezirk. Die Kehrseite davon sind Einspruchsmöglichkeiten, konkret des Deutschen Nationalkomitees der Welterbe-Community Icomos (International Council on Monuments and Sites). Das ist im Dezember 2019 zu dem Ergebnis gekommen, dass der Wettbewerbsentwurf für die Schule mit dem Umgebungsschutz des Welterbes nicht vereinbar ist. Darüber hinaus ist eine Bebauung über die Bauflucht der bereits 1905 fertiggestellten heutigen Paul-Löbe-Schule hinaus nicht zulässig. Und selbst eine Nutzung des verbleibenden Grundstücks als Schulhof wird von der Icomos nicht genehmigt. Aufgrund dieser Einsprüche würden für den Neubau nur noch etwa 1800 Quadratmeter Baufeld zur Verfügung stehen. Viel zu wenig für eine dreizügige Schule, die rund 10 600 Quadratmeter Platz braucht. Vom Landesdenkmalamt gibt es zudem Einwände gegen die Modulbauweise. Weitere Gespräche mit ihm sowie der Welterbe-Vereinigung sollen jetzt eine Lösung bringen.

„Die Schulplatzversorgung in Reinickendorf-Ost darf nicht dem Denkmalschutz zum Opfer fallen“, meint Burkard Dregger. Der CDU-Fraktionsvorsitzende im Abgeordnetenhaus ist gleichzeitig der Wahlkreisabgeordnete für dieses Gebiet. Er hat auch die Anfrage zum Stand des Schulbauvorhabens gestellt. Dregger nahm nach den Antworten allerdings weniger die Denkmalbehörde und Icomos ins Visier, sondern den Senat. Die Schulverwaltung habe erst anderthalb Jahre nach ihrer Erkenntnis über die Priorität eines Neubaus das Landesdenkmalamt in die Planungen einbezogen und dessen Bedenken bis heute nicht ausgeräumt, kritisiert Dregger. Die Vorbehalte erhielten jetzt zusätzliches Gewicht durch die Welterbe-Stellungnahme.

Dregger empfiehlt deshalb ein neues Gesamtkonzept unter Einbeziehung dieser Institutionen. Dessen Bestandteil sollten die Paul-Löbe-Schule und das Friedrich-Engels-Gymnasium, das Jugendzentrum „Fuchsbau“ sowie die Sport- und Spielflächen an der Aroser Allee und Thurgauer Straße sein. Die Senatsverwaltungen für Schule, Stadtentwicklung und Kultur sowie das Welterbe-Komitee „müssten zusammenarbeiten, statt sich gegenseitig lahmzulegen“, fordert der CDU-Politiker.

Selbst wenn das gelingt, geht dafür weitere Zeit ins Land. Wie eine Alternative aussehen könnte, deutet die Antwort des Senats bereits an. Ein Ausbau erforderlicher Schulkapazitäten könnte vorübergehend durch den Aufbau von Containern auf einem Grundstücksteil des „Fuchsbaus“ erzielt werden, heißt es. Perspektivisch sei diese Fläche wegen ihrer geringen Größe höchstens als Filialbetrieb für eine benachbarte Grundschule geeignet. Andere Alternativen sind „in der Region Reinickendorf-Ost nicht vorhanden".

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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