Paten für Stolpersteine gesucht: Den Anfang machten Schüler der Paul-Löbe-Schule

Ein Buch und vier Stolpersteine erinnern an die Familien Marcuse und Zippert. | Foto: Christian Schindler
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Reinickendorf. Die Arbeitsgemeinschaft Stolpersteine Reinickendorf sucht Paten, die die 174 im Bezirk verlegten Erinnerungssteine an Opfer des Nationalsozialismus möglichst zweimal im Jahr säubern und polieren.

Die ersten Paten sind junge Reinickendorfer. Schüler der Paul-Löbe-Schule beschäftigen sich regelmäßig mit der Zeit des Nationalsozialismus, organisieren auch Fahrten ins ehemalige Konzentrationslager Auschwitz. Jetzt haben Schüler einer siebten Klasse vier Stolpersteine in der Nähe der Schule gesäubert und poliert.

Für Peter Rode, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Stolpersteine Reinickendorf haben die Erinnerungen an Hermann Zippert und Lilli Marcuse (geb. Zippert) sowie Daniel und Mirjam Marcuse am Luisenweg 10 eine besondere Bedeutung. Als der Künstler Gunter Demnig die Steine am 22. August 2006 verlegte, zeigte ihm eine Frau aus der Nachbarschaft ein Schwarz-Weiß-Foto aus den frühen 1940er Jahren. Darauf zu sehen waren spielende Kinder, darunter auch Rode, dessen Großvater in der Nähe wohnte. Rode wurde klar, dass frühere Spielgefährten von ihm wohl zu den Opfern gehörten.

Die Steine erinnern zum einen an die Geschwister Hermann und Lilli. Letzte galt einmal beinahe als das schwarze Schaf der bürgerlichen Familie. Die am 25. Mai 1893 geborene Absolventin einer „höheren Töchterschule“ hatte den Schuster Ludwig Marcuse geheiratet, was in ihrem Umfeld als sozialer Abstieg galt. Ludwig Marcuse war allerdings kein einfacher Arbeiter. Er gründete eine Firma für Schuhzubehör und redigierte eine Fachzeitschrift. Das Haus im Luisenweg 10, in dem Lilli mit Mann Ludwig und den Kindern Daniel und Mirjam lebten, wurde zum Mittelpunkt der Familie.

1942 stirbt auch Hermann Zippert

Als Ludwig Marcuse nach mehreren Schlaganfällen 1940 starb, versuchte Lilli dessen Firma weiterzuführen. Doch sie wurde am 17. November mit ihren 1921 und 1924 geborenen Kindern ins Konzentrationslager Kowno deportiert und dort am 28. Dezember 1941 ermordet. Freunde hatten noch angeboten, die Kinder zu verstecken, doch diese wollten sich nicht von der Mutter trennen. Lillis Bruder Hermann Zippert wurde am 30. Oktober 1942 zunächst nach Theresienstadt und dann weiter nach Auschwitz deportiert, wo er ermordet wurde. Seine von ihm geschiedene Frau Grete konnte noch 1939 mit den Kindern Ursula und Frank nach England emigrieren.

Für die Verlegung der Stolpersteine hatte sich auch die Cousine von Daniel und Mirjam, Monique Köpke eingesetzt, die in die USA emigrieren konnte, während ihre Eltern Erna Rahel Lehmann und Erich Lehmann ebenfalls in Auschwitz ermordet wurden. Die Geschichte der Familie beschrieb sie im Jahr 2000 in dem Buch „Nachtzug nach Paris“. CS

Wer Stolpersteinpate werden möchte, wendet sich an Peter Rode:peter-rode@gmx.de.
Ein Buch und vier Stolpersteine erinnern an die Familien Marcuse und Zippert. | Foto: Christian Schindler
Löbe-Schüler Arian, Bundesfreiwilliger Philippe Laskway, Schülerin Beatriz und Sozialpädagogin Bettina Kessner säuberten die vier Stolpersteine. | Foto: Christian Schindler
Autor:

Christian Schindler aus Reinickendorf

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