Angela Merkel und Kamala Harris als Vorbilder
Jugendliche der Max-Beckmann-Oberschule diskutieren über Geschlechtergerechtigkeit

Gruppenbild mit einem Jungen. Über das Thema Geschlechtergerechtigkeit sprachen fünf Schülerinnen und ein Schüler aus der Klasse 8.11. der Max-Beckmann-Oberschule in der Auguste-Viktoria-Allee mit der Berliner Woche:  (von rechts) Shalin (13), Amalie (14), Ceylin (13), Maja (13), Emilia (14) und Jad (13). Alle für einen Moment ohne Maske. | Foto: Thomas Frey
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Was denken Jugendliche aus Reinickendorf über das Thema Geschlechter(un)gerechtigkeit? Darüber sprach die Berliner Woche mit Jungen und Mädchen im Alter von 13 und 14 Jahren der Max-Beckmann-Oberschule in der Auguste-Viktoria-Allee.

Sie alle nehmen am Projekt "Lernen durch Engagement" ihrer Schule teil und gehören der 8.11. an, eine bilinguale Klasse (deutsch und englisch). Hier steht das Projekt unter dem Motto "Beeing Different, beeing equal, beeing human". Ein Aspekt ist dabei die Frauenfrage, mit der sich diese Gruppe und ihre Lehrerin Nina Ferreira Bezerra besonders beschäftigt hat.

Blick zurück. In Sachen Geschlechtergerechtigkeit habe sich in Deutschland natürlich vieles verbessert, lautete das Ergebnis ihrer historischen Nachforschungen. Erst vor gut

100 Jahren sei Frauen das Wahlrecht zugestanden worden. Bis vor etwa 60 Jahren habe in der Bundesrepublik eine Frau ohne Zustimmung des Mannes nicht einmal ein Konto eröffnen können. Etwas mehr als 40 Jahre gebe es erst ein Scheidungsrecht, dass Frauen bei einer Trennung besser absichere.

Weiter Nachholbedarf. Von wirklicher Gleichberechtigung könne aber noch immer nicht gesprochen werden, stellten die Jugendlichen fest. Frauen verdienten bei gleicher Arbeit häufig noch weniger als Männer und sind weiter in Spitzenpositionen unterdurchschnittlich vertreten. Dafür seien auch existierende Stereotypen verantwortlich.

Wie groß der Veränderungsbedarf noch immer ist, machten Äußerungen, Wertungen, Beschimpfungen gegenüber Frauen, nicht nur via Social Media deutlich und die körperlicher Gewalt, denen viele Frauen ausgesetzt sind.

Eigene Erfahrungen. Komische Sprüche oder das Postulieren eines eher rückwärts gewandten Frauenbildes selbst bei Gleichaltrigen, damit seien sie auch schon konfrontiert worden, sagen die Mädchen. Und dass noch immer Unterschiede existieren, machen sie an einem Alltagsbeispiel fest. Wenn sie weggehen, würde zu Hause häufig daran erinnert, möglichst nicht allein in einsamen Gegenden unterwegs zu sein. Solche Hinweise erhalten Jungen wahrscheinlich seltener.

Die Gruppe. Zum "Frauenteam" der 8.11. gehört auch der 13-jährige Jad. Er mache aus Interesse an der Geschichte und Gegenwart der Frauenrechte in der Gruppe mit. In seiner Fußballmannschaft habe zeitweise ein Mädchen mitgespielt und sei dort von manchen männlichen Kickern sehr unfair behandelt worden.

Die Mädchen gaben sich im Gespräch selbstbewusst. Sie vermittelten nicht den Eindruck, als würden sie sich auf ihrem künftigen Lebensweg mit Kompromissen wegen ihres Geschlechts zufriedengeben. Damit stehen sie für die heutige Generation weiblicher Heranwachsender, der zumindest theoretisch alle Wege offen stehen, im Alltag allerdings nicht.

Vorbilder. Für die Mädchen ist Angela Merkel ein Vorbild. Sie steht für sie dafür, dass Frauen sogar die mächtigste Position im Staat erreichen können. Solche Identifikationspersonen wären sehr wichtig, sagen die Mädchen. Auch die neue US-Vizepräsidentin Kamala Harris wurde von ihnen genannt. Oder die Schauspielerin Emma Watson oder die frühe britische Frauenrechtlerin Emily Davison (1872-1913), die Anfang des 20. Jahrhunderts zu den sogenannten "Suffragettes" gehörte.

Notengebung. Welches Zeugnis würden die fünf Schülerinnen und der Schüler der Gleichberechtigung in Deutschland derzeit ausstellen? Je einmal gab es eine zwei und eine Drei plus, ansonsten eine glatte Drei. Im Durchschnitt also ein etwas besseres Befriedigend.

Für den weltweiten Vergleich fiel die Bewertung schlechter aus. Es gäbe zwar einige Länder, die bei den Frauenrechten weiter seien als die Bundesrepublik. Für die meisten gelte das aber nicht. In nicht wenigen Staaten sei die Situation, auf Noten umgerechnet, eine glatte Sechs. Insgesamt einigte sich die Gruppe auf ein Vier minus.

Aufgabe und Herausforderung. Hinsichtlich ihrer Berufswünsche ergab eine ziemliche Vielfalt. Von Erzieherin über die Kommunikationsbranche bis zu "Businesswoman". Entsprechende Leistung und Begabung vorausgesetzt halten sie diese Ziele für erreichbar. Auch wenn es in manchen Branchen noch immer Vorbehalte gegen weibliche Beschäftigte gebe.

Dagegen ebenso anzugehen, wie gegen weitere existierende Überheblichkeit und Übergriffigkeit, auch subtilen Zeichen von Abwertung oder Geringschätzung gegenüber Frauen, da sei gerade ihre Generation gefragt, finden die Schülerinnen. Auch eines Tages bei den eigenen Kindern.

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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