"Sie bezeichnen den Führer als Lumpen"
Erster Stolperstein in Rudow erinnert an den Rixdorfer Arbeiter und Kriegsgegner Otto Laube

Der Stolperstein ist in den Gehweg vor seinem ehemaligen Siedlungshaus unweit des Zwickauer Damms eingelassen, das Otto Laube mit seiner Frau gebaut hat. | Foto: Schilp
  • Der Stolperstein ist in den Gehweg vor seinem ehemaligen Siedlungshaus unweit des Zwickauer Damms eingelassen, das Otto Laube mit seiner Frau gebaut hat.
  • Foto: Schilp
  • hochgeladen von Susanne Schilp

„Ich sterbe schwer, aber mit dem Bewusstsein, dass ich nicht gemordet habe“ – das schrieb der 55-jährige Otto Laube am Tag seiner Hinrichtung. Seit dem 17. Juni erinnert vor seinem ehemaligen Wohnhaus an der Fleischerstraße 6 ein Stolperstein an ihn, der erste in Rudow.

Otto Laube ist kein Held, wie er im Buche steht. 1888 in Rixdorf geboren, arbeitet er als Ungelernter auf dem Bau und wird wiederholt arbeitslos. Im Laufe der Jahre kassiert er mehrere Vorstrafen wegen Eigentumsdelikten.

Doch er hat etwas gegen das Töten. Im Ersten Weltkrieg desertiert er, wird verurteilt, später begnadigt. Aus seiner Ablehnung des Hitler-Regimes macht er keinen Hehl. Ende 1943 wird er deshalb verhaftet.

Damals ist er als Fahrer bei der Schlüter-Brotfabrik in Tempelhof angestellt. Ein Kollege denunziert und beschuldigt ihn einer „regelrechten kommunistischen Agitation“.

Falsche Worte

Er berichtet: „Sie bezeichnen den Führer als Lumpen, da er der Kriegstreiber sei und er müsste gehängt werden. Da ich gegen diese Redensarten Stellung genommen habe, hat mich Laube sogar bedroht nach dem Umsturz als ersten aufzuhängen." Ein Prokurist der Firma bezichtigt Laube darüber hinaus des Diebstahls.

Ein Kommunist ist Laube nicht. Bei seiner Vernehmung gibt er an, vor der Machtergreifung Hitlers die SPD gewählt zu haben, er sei aber nie Mitglied einer Partei gewesen. Im April verurteilt ihn Roland Freisler, der berüchtigte Vorsitzende des Volkgerichtshofes, wegen Wehrkraftzersetzung und Vorbereitung zum Hochverrat zum Tode. Wenige Wochen später wird er in Brandenburg-Görden hingerichtet.

Nicht zu verharmlosen

Den Stolperstein beantragt hat die Initiative „Rudow empört sich. Gemeinsam für Respekt und Vielfalt“. Mit der goldenen Gedenktafel will sie auch allen ein Zeichen setzen, die die NS-Geschichte verharmlosen. Mitgewirkt an der Umsetzung und der Verlegung haben Abiturienten aus dem Geschichtsleistungskurs der Neuköllner Otto-Hahn-Schule.

Die Stolpersteine sind ein Projekt des Künstlers Gunter Demnig, der 1992 damit begann, sie zum Gedenken an Verfolgte, Ermordete oder Vertriebene des Nazis-Regime zu verlegen. Deutschlandweit gibt heute 75 000 dieser Tafeln, in Berlin sind es rund 8700, davon allein fast 3300 in Charlottenburg-Wilmersdorf. Gestiftet werden sie von Privatpersonen, Initiativen oder auch Schulklassen. In Neukölln finden sich 207 Stolpersteine im Norden des Bezirks, 19 in Britz – und nun auch einer in Rudow.

Autor:

Susanne Schilp aus Neukölln

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

25 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Chettinad finden Sie seit Herbst 2023 auch im Food Court im The Playce am Potsdamer Platz.
5 Bilder

Chettinad im Manifesto Market
Indien zu Gast im The Playce

Im ersten Oberschoss des populären Food Court im The Playce am Potsdamer Platz präsentiert sich seit Herbst 2023 auch das Restaurant Chettinad, das seine typisch indischen Spezialitäten somit an drei Berliner Standorten sehr eindrucksvoll präsentiert. Auch am Hotspot am Potsdamer Platz werden neben diversen landestypischen Suppen und Vorspeisen auch zahlreiche Hauptgerichte serviert, die ganz nach Belieben für eine kulinarische Reise der besonderen Art sorgen. Zu den Highlights zählen dabei...

  • Tiergarten
  • 24.04.24
  • 102× gelesen
WirtschaftAnzeige
Foto: pexels/Giulia Freitas
5 Bilder

Mode oder mehr?
Piercing. Von alten Ritualen bis zu moderner Kunst

Ist das Modeakzent oder kulturelles Erbe? Auf jeden Fall ist Piercing die beliebteste und gefragteste Körpermodifikation der Welt, die sowohl persönliche Vorlieben und Modetrends als auch tiefe kulturelle Traditionen widerspiegelt. Was ein modisches Piercing heute ist und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat, erfahren wir zusammen mit VEAN TATTOO in diesem Artikel. Eine der beliebtesten Arten von Piercings ist das Ohrlochstechen. Ein Klassiker aller Zeiten, ist das wirklich so und woher...

  • Mitte
  • 17.04.24
  • 541× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Wenn auch Sie mehr über Ihre Schulterbeschwerden erfahren möchten und sich über mögliche Behandlungsansätze informieren möchten, kommen Sie zum Informationsabend am 23. Mai. | Foto: B. BOISSONNET / BSIP

Wir informieren Sie
Schmerzen in der Schulter – Ursachen und Behandlungen

Schmerzen in der Schulter können vielfältige Ursachen haben – sei es durch Unfälle oder Verschleißerscheinungen. Diese Ursachen können die Beweglichkeit beeinträchtigen und die Lebensqualität stark einschränken. Unsere Experten, Dr. med. Louise Thieme und Robert Tischner, Teamchefärzte des Caritas Schulter- und Sportorthopädiezentrums, werden bei unserem Informationsabend speziell auf die Problematik von Schulterbeschwerden eingehen – vom Riss der Rotatorenmanschette bis zur Arthrose. Sie...

  • Pankow
  • 18.04.24
  • 504× gelesen
Gesundheit und Medizin
Wenn Hüfte oder Knie schmerzen, kann eine Arthrose die Ursache sein.

Infos für Patienten
Spezialthema: Arthrose in Hüft- und Kniegelenken

Sie leiden unter Schmerzen im Knie- und Hüftgelenk? Diese Beschwerden können verschiedene Ursachen haben, wie beispielsweise Unfälle, Verschleißerscheinungen, angeborene oder erworbene Fehlstellungen. Die Auswirkungen beeinflussen nicht nur die Beweglichkeit, sondern auch die Lebensqualität entscheidend. An diesem Infoabend möchten wir speziell auf die Arthrose in Knie- und Hüftgelenken eingehen. Die Behandlung von Arthrose erfolgt individuell aufgrund der vielfältigen Ursachen und...

  • Pankow
  • 19.04.24
  • 457× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Langanhaltende Schmerzen können ein Anzeichen für Gallensteine sein.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Wann ist eine OP sinnvoll?
Infos zu Gallensteinen und Hernien

Leiden Sie unter belastenden Gallensteinen oder Hernien (Eingeweidebruch) Langanhaltende Schmerzen begleiten viele Betroffene, unabhängig des Lebensalters, bevor sie ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung können jedoch häufig Komplikationen vermeiden. Wir sind auf die Behandlung dieser Probleme spezialisiert und bieten Ihnen erstklassige allgemein- und viszeralchirurgische Expertise. Von Diagnostik bis Nachsorge: Wir kümmern uns individuell um Ihre...

  • Reinickendorf
  • 17.04.24
  • 480× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.