Spaziergang an beiden Ufern der Spree
Ein Zuchthaus, Perlonstrümpfe, ein bekannter Defa-Film, eine Spreefahrt und der Plänterwald

Blick auf den Rummelsburger See. Hier wurden 1972 Aufnahmen für den Film "Die Legende von Paul und Paula" gedreht. | Foto: Ralf Drescher
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  • Blick auf den Rummelsburger See. Hier wurden 1972 Aufnahmen für den Film "Die Legende von Paul und Paula" gedreht.
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Haben Sie an einem der nächsten Wochenende noch nichts vor? Dann empfehlen wir einen Spaziergang durch zwei Bezirke und an beiden Ufern der Spree entlang.

Versprochen sind interessante Ausblicke, etwas Geschichte und sogar eine kurze Spreefahrt. Los geht es am S-Bahnhof Rummelsburg. Dort nehmen wir den Ausgang Hauptstraße, überqueren diese und gehen an Häuserblocks entlang zum Rummelsburger See. Von hier führt ein Abstecher nach rechts zum Paul-und-Paula-Ufer. Der Straßenname wurde 1998 zur Erinnerung an den Defa-Film „Die Legende von Paul und Paula“ vergeben. Früher gab es ein Straßenschild, nach mehreren Diebstählen wird es nicht mehr erneuert. Zurück geht es wieder auf der Uferpromenade zwischen See und Häuserblocks. Bald schon kommen die beiden Knabenhäuser in Sicht, dahinter die zu Wohnlofts umgebauten Bachsteinbauten des früheren Zuchthauses Rummelsburg. Die Gebäude wurden 1877 bis 1879 nach Plänen von Hermann Blankenstein als Arbeitshaus errichtet. Fortan diente es als Gefängnis. Zu DDR-Zeiten waren hier überwiegend politische Gefangene eingesperrt. Ende Januar 1990 war auch Erich Honecker hier inhaftiert, gegen den wegen Wirtschaftsverbrechen und Hochverrat ermittelt wurde. Ein paar Monate später wurde die Haftanstalt geschlossen. Seit 2008 werden sechs der früheren Arresthäuser als Lofts genutzt.

Gleich hinter dem früheren Gefängnisareal stößt der Spaziergänger auf einen weiteren Backsteinbau. Dort befanden sich früher die Aceta-Werke, ein Tochterunternehmen der IG Farben. Der Chemiker Paul Schlack entwickelte 1938 die Kunstfaser Perlon, die unter anderem für Fallschirme und Damenstrümpfe verwendet wurde. Weiter geht es bis zum Restaurant „Hafenküche“, dahinter biegen wir in die Straße Zur alten Flussbadeanstalt ein und laufen zur Köpenicker Chaussee, da das Ufer des Rummelsburger Sees ab hier leider nicht zugänglich ist. Vorbei geht es am Kraftwerk Klingenberg. Es wurde 1926 nach Plänen des Namensgebers Georg Klingenberg errichtet und war seinerzeit das modernste Wärmekraftwerk Europas. Es folgen einige Minuten entlang der Straße, vorbei am früheren Funkhaus Nalepastraße.

Rund 300 Meter hinter dem Funkhaus geht ein Weg durch mehrere Kleingartenanlagen. Darüber sind mehrere Hochspannungsleitungen zu sehen. Über sie ist das Umspannwerk Wuhlheide angeschlossen. Über den Fritz-König-Weg gelangt man zur Nalepastraße. Dort finden sich im Straßenbelag ein paar Gleisreste der sogenannten Bullenbahn, mit der die Industriebetriebe in Oberschöneweide an das Reichsbahnnetz angeschossen war. 1996 wurde der Betrieb eingestellt. Wir gehen ein paar Schritte nach rechts bis zur Gaststätte „Spreeschlösschen“, biegen in die Spreeschlossstraße ein und folgen ihr bis zum Spreeufer zum Anlieger der BVG-Fähre F 11. Diese bringt uns in wenigen Minuten und zum Kurzstreckentarif ans andere Ufer in Baumschulenweg.

Von dort führt der Uferweg in Richtung Innenstadt. Dabei durchqueren wir den Plänterwald. Bald schon kommt das Ausflugslokal „Eierhäuschen“ in Sicht, derzeit ist der historische Bau leider eingerüstet. Er wird aber denkmalgerecht saniert und soll später Künstlerateliers und Gastronomie beherbergen. Kurz dahinter begleitet uns mehrere Hundert Meter der Zaun des seit 2002 geschlossenen Spreeparks. Durch das wuchernde Grün kann man ein paar verrottete Fahrgeschäfte sehen. Auch die Schilder, die unbefugtes Betreten verwehren, verschwinden zum Teil schon hinter Grün. Trotzdem sollte man nicht über den Zaun steigen, das Gelände wird rund um die Uhr gut bewacht. Offizielle Führungen gibt es, sie sind leider immer schnell ausgebucht. An der Bulgarischen Straße geht der Plänterwald in den Treptower Park über. Hier geht es weiter am Ufer entlang bis zum S-Bahnhof Treptower Park. Über einen Spaziergang durch den Treptower Park hatten wir erst im Frühjahr berichtet. 

Die Tour ist knapp zehn Kilometer lang. Einkehrmöglichkeiten: unter anderem in der „Hafenküche“ (Lichtenberg, Zur alten Flussbadeanstalt 5), im „Spreeschlösschen“ (Oberschöneweide, Nalepastraße 213), bei „Rent a Boat“ oder im Biergarten von „Zenner“ (beide im Treptower Park nahe Insel der Jugend).

Autor:

Ralf Drescher aus Lichtenberg

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