Finanzsenator auf Frühvisite auf dem BSR-Betriebshof Forckenbeckstraße

Die Müllabfuhr setzt auf Erdgas: Matthias Kollatz-Ahnen übernimmt die Betankung persönlich. | Foto: Schubert
5Bilder
  • Die Müllabfuhr setzt auf Erdgas: Matthias Kollatz-Ahnen übernimmt die Betankung persönlich.
  • Foto: Schubert
  • hochgeladen von Thomas Schubert

Schmargendorf. Die Mülltonnen sind schwer, die Anwohner selten freundlich und der Arbeitsdruck - er wird nicht kleiner. Was den Mitarbeitern des BSR-Betriebshofs Forckenbeckstraße am Herzen liegt, erfuhr Senator Matthias Kollatz-Ahnen aus erster Hand mit einem "Hallo Wach" um 6 Uhr früh.

Die Kluft: Orange. Das Frühstück: Kaffee. Die Tageszeit: Morgengrauen. Und obwohl das Sonnenlicht erst zaghaft über Berlins Dächer blinzelt, ist die Kantine des BSR-Betriebshofs Forckenbeckstraße erfüllt von einem munteren Palaver. 300 Herrschaften in neonfarbener Kluft schwingen sich gleich in ihre 70 Laster. Doch halt - etwas ist heute anders.

Vor dem Süßigkeitenautomaten steht ein Herr mit dunklem Anzug und Krawatte. Matthias Kollatz-Ahnen. Finanzsenator. Sozialdemokrat. Aufsichtsratvorsitzender der BSR. Der Mann, der das Geld gibt, stellt sich seiner Truppe vor. Mäßig ausgeschlafen, entrichtet er seinen Morgengruß. "Sie machen einen Job, ohne den Berlin nicht existieren kann", versucht er es mit einem Lob. Aber die Grundstimmung im Team, sie bleibt doch eher skeptisch. Wann denn die neuen Mülllaster kommen? Wie er es mit der ungeliebten Sperrmüllentsorgung hält? Wie die wachsende Arbeitsbelastung mit dem knappen Personalstamm zusammenpasst?

Kollatz-Ahnen gestikuliert Antworten herbei auf lauter leicht gestellte, aber schwierig zu klärende Fragen. Die ersten Männer entschwinden schon Richtung Müllwagen, da bringen die Kollegen am Frühstückstisch die typischen Misslichkeiten des Alltags ans Licht. "Egal wo, wir sind. Wir stehen immer im Weg", sagt ein bärtiger Herr namens Martin. "Unsere Autos können nicht mehr größer werden. Und die Straßen sind furchtbar eng." Kollatz-Ahnen nickt verständnisvoll, spendet anerkennende Worte. Aber die Straßen kann er natürlich nicht weiten. Und das Müllaufkommen auch nicht schrumpfen.

Bis zu sieben Tonnen Abfall pro Schicht zieht jeder einzelne BSR-Mitarbeiter aus verbauten Hinterhöfen und dunklen Kellern. Mag der Fuhrpark mit noch so komfortabler Technik aufwarten - dieser Job schlaucht. Müllabholung bleibt eine Angelegenheit für Herren. Hartgesottene Herren.

Spandau, Charlottenburg-Wilmersdorf und Reinickendorf. Das ist das Revier. Und der Schmargendorfer Betriebshof die Basis. Auf dem Vorplatz zeigt Leiter Ralf Ränker dem Senator, wie das Steuergeld in zukunftsweisende Technik floss. Der Diesel-Hybdrid-Wagen braucht viel weniger fossilen Brennstoff, muss dafür ab und an vor Steckdosen parken. Und wie Erdgas-Laster Sprit fassen, das kann Senator Kollatz-Ahnen eigenhändig ausprobieren. Orange sind die Wagen. Das Gewissen hat die Farbe Grün.

Was aber wäre Öko-Technik ohne taffe Männer? "Das sind alles feine Jungs", nimmt Ränker seine Kollegen gegen Nörgler in Schutz. Und gerade dort, wo viel Müll in engen Altbau-Blöcken auf Abholung wartet - zum Beispiel rund um den Lietzensee - liegen die Nerven schnell blank. Erst neulich reagierte eine Anwohnerin derart gereizt auf den BSR-bedingten Rückstau vor ihrem Haus, sodass sie einfach aufs Gas trat und Ränker absichtlich umfuhr. Kollatz-Ahnen schüttelt den Kopf, verwahrt sich gegen solche Wutausbrüche.

Es ist 8 Uhr morgens, und alle 70 Laster finden auf genau kalkulierten Routen ihren Fraß. Der Senator führt die letzten Schlücke Kaffee zum Mund. In den Höfen rumpeln die Tonnen. Und die Stadt erwacht.

Thomas Schubert / tsc
Autor:

Thomas Schubert aus Charlottenburg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Folgen Sie diesem Profil als Erste/r

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Vernachlässigen Sie nicht Ihre Füße. Dieses wichtige Körperteil trägt uns durchs Leben.

Probleme und ihre Lösungen
Probleme rund um den ganzen Fuß

Haben Sie Ihren Füßen jemals gebührende Aufmerksamkeit geschenkt? Oft vernachlässigen wir sie, solange sie funktionieren und schmerzfrei sind. Sobald Beschwerden auftreten, wird uns die Bedeutung dieses komplexen Körperteils schlagartig bewusst. Unsere zertifizierten Fußchirurgen geben Ihnen Einblicke in die Anatomie des Fußes und behandeln gezielt Fehlstellungen und Verletzungen mit innovativen Lösungsansätzen. Erfahren Sie mehr über Fußprobleme wie Achillessehnenbeschwerden,...

  • Hermsdorf
  • 25.04.24
  • 162× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Veggie & Vega in der Gneisenaustraße 5.
6 Bilder

Veggie & Vega Restaurant
Gesundes Essen mit exzellentem Geschmack

Seit Frühjahr 2023 existiert das Restaurant Veggie & Vega in Kreuzberg, das eine Vielzahl an vegetarischen sowie veganen Speisen aus der (süd)indischen Küche anbietet. "Gesund" lautet hier dementsprechend das Motto, wobei alle Gerichte durch die spezielle Komposition von frischen Zutaten und den ganz passenden Gewürzen zu einem wahren Gaumenschmaus fusionieren. Die vegetarische oder vegane Ernährungsform ist seit Langem nicht nur ein Trend, sondern vielmehr eine Lebenseinstellung, der immer...

  • Kreuzberg
  • 25.04.24
  • 138× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Chettinad finden Sie seit Herbst 2023 auch im Food Court im The Playce am Potsdamer Platz.
5 Bilder

Chettinad im Manifesto Market
Indien zu Gast im The Playce

Im ersten Oberschoss des populären Food Court im The Playce am Potsdamer Platz präsentiert sich seit Herbst 2023 auch das Restaurant Chettinad, das seine typisch indischen Spezialitäten somit an drei Berliner Standorten sehr eindrucksvoll präsentiert. Auch am Hotspot am Potsdamer Platz werden neben diversen landestypischen Suppen und Vorspeisen auch zahlreiche Hauptgerichte serviert, die ganz nach Belieben für eine kulinarische Reise der besonderen Art sorgen. Zu den Highlights zählen dabei...

  • Tiergarten
  • 24.04.24
  • 204× gelesen
WirtschaftAnzeige
Foto: pexels/Giulia Freitas
5 Bilder

Mode oder mehr?
Piercing. Von alten Ritualen bis zu moderner Kunst

Ist das Modeakzent oder kulturelles Erbe? Auf jeden Fall ist Piercing die beliebteste und gefragteste Körpermodifikation der Welt, die sowohl persönliche Vorlieben und Modetrends als auch tiefe kulturelle Traditionen widerspiegelt. Was ein modisches Piercing heute ist und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat, erfahren wir zusammen mit VEAN TATTOO in diesem Artikel. Eine der beliebtesten Arten von Piercings ist das Ohrlochstechen. Ein Klassiker aller Zeiten, ist das wirklich so und woher...

  • Mitte
  • 17.04.24
  • 590× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.