"Eine Jahrhundertchance"
Urania macht sich auf den Weg zum nationalen Bürgerforum

Ulrich Weigand ist Feuer und Flamme für "seine" neue Urania. Die Säle, darunter der Kleistsaal und der große  Humboldtsaal mit 866 Plätzen bleiben natürlich erhalten.  | Foto: Ulrike Kiefert
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  • Ulrich Weigand ist Feuer und Flamme für "seine" neue Urania. Die Säle, darunter der Kleistsaal und der große Humboldtsaal mit 866 Plätzen bleiben natürlich erhalten.
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Die Urania will sich zum nationalen Bürgerforum wandeln – baulich und inhaltlich. „Eine Jahrhundertchance“, sagt ihr Direktor Ulrich Weigand. Rund 85,5 Millionen Euro kostet das Bauprojekt. Die Hälfte hat der Bund jetzt zugesagt.

Der Sanierungsstau ist hoch. Eine Machbarkeitsstudie geht von 85,5 Millionen Euro aus, die für die Generalüberholung der Urania nötig sind – vom Keller bis zum Dach. Ein Mammutprojekt, an dem sich der Bund mit 42,7 Millionen Euro beteiligt. So hat es jetzt der Haushaltsausschuss im Bundestag beschlossen. Die andere Hälfte will das Land Berlin übernehmen.

Menschen sollen sich einmischen, diskutieren

85 Millionen Euro, das ist viel Geld für ein Haus, das die öffentliche Hand nie gefördert hat. Einnahmen generiert die Urania vor allem über die Vermietung als Kongresszentrum. Was hat sich geändert? „Unser Konzept“, sagt Direktor Ulrich Weigand. „Wir haben mit unserem Konzept überzeugt.“ Denn Weigand will die Urania nicht nur saniert wissen, sie soll sich auch baulich erweitern und zum nationalen Bürgerforum für Demokratie und Vielfalt, Wissenschaft und Umwelt wandeln. „Hier soll ein zentraler Ort entstehen, an dem sich Menschen einmischen, zueinander finden und die großen gesellschaftlichen Fragen neu diskutieren“, erklärt Ulrich Weigand. Fragen zum Wohnen, Arbeiten und Zusammenleben in einer sich ständig verändernden Stadt. „Diese Veränderungen kann die Urania erklären und Lösungen entwickeln und damit eine Vorbildfunktion übernehmen, weit über Berlin hinaus“, erklärt der Direktor. „Das ist für uns eine Jahrhundertchance.“

Bewegte Geschichte erlebbar machen

Für diese Idee hat Ulrich Weigand schon vor zwei Jahren geworben, als er neuer Direktor der Urania wurde. Nun, mit den Fördermitteln vom Bund, kann sich sein Haus auf den Weg machen. Sichtbar machen will Weigand zunächst die bewegte Geschichte des traditionsreichen Wissenszentrums. Denn was viele nicht wissen: Der Altbau der Urania war einmal ein jüdisches Logenhaus und ab 1933 Reichsfilmakademie. Erst 1961 wurde der Gründerzeitbau mit der Grundsteinlegung der heutigen Urania An der Urania/Ecke Kleiststraße durch einen Neubauteil mit dem großen Humboldtsaal, weitläufigen Foyers und einer Cafeteria zum großzügigen Veranstaltungszentrum ausgebaut. In einer Ausstellung soll die Historie des Hauses erlebbar werden. „Kinder, Jugendliche und Wissenschaftler könnten dafür gemeinsam in Projekten arbeiten.“

Den alten Gründerzeitbau wiederum, den man nur vom Hof aus sieht, will Weigand im Orginalzustand wiederherstellen. Immerhin liegen dort die meisten der zwölf Säle. „Das Bürgerforum sollte sich auch in der Architektur widerspiegeln“, findet Weigend, „und dazu gehört auch der Altbau.“

Bewährte Formate sollen bleiben

Dem 45-Jährigen, der Anfang April 2018 vom Bauhaus-Archiv an die Urania wechselte, schwebt aber noch viel mehr vor. Man hört die Leidenschaft heraus, wenn er davon spricht. Er will die Urania für alle öffnen, nicht nur für das akademisch gebildete Publikum. „Die Berliner sollen Ausstellungen mitentwickeln, zu Themen wie Mobilität und Umwelt zum Beispiel.“ Machbar wäre das über Bürgerwerkstätten oder Umfragen. Weg will Weigand dabei von klassischen Ausstellungsformaten – hin zu interaktiven Schauen als neue Dialogform, wobei die Urania auf bewährte Formate wie Vorträge von Wissenschaftlern und Nobelpreisträgern nicht verzichten soll. Denkbar wäre aber, so Weigand, auch Stipendiaten einzuladen, Nachwuchswissenschaftler und ausländische Journalisten, die neue Debatten anstoßen.

Angebote für alle Generationen

Öffnen soll sich die Urania zudem allen Generationen: vom Jugendlichen bis zum Senior. Dafür will Weigand einen abgetrennten Bereich im Haus schaffen, der frei zugänglich ist, wo man keinen Eintritt zahlen muss. Mit Lesecafé, Gastronomie und Gesprächsecken. „Dafür reicht das Foyer nicht aus.“ Und der Urania-Chef nennt weitere Stichworte: Wissenschaftslabore, Werkstätten für Kinder, Ferienprogramme, Künstlerateliers und ein kleines Programmkino. Platz hat die Urania dafür nicht. Neue Räume soll der Erweiterungsbau hinten raus zum Parkplatz bringen.

Und wie sieht der Zeitplan aus?

Die Fördermittel für das Vorzeigeprojekt fließen über fünf Jahre. Mit der ersten Tranche von rund 1,4 Millionen Euro (je 700 000 Euro von Bund und Land) werden die bauvorbereitenden Maßnahmen und ein EU-weiter Architekturwettbewerb finanziert. Zwei Jahre könnte der Wettbewerb dauern, schätzt Ulrich Weigand. Während der Bauphasen will er das Haus möglichst offen halten. „Ob das geht, wenn nebenan die Bohrer hämmern, müssen wir sehen.“ Alternativ kann die Urania in ein ungenutztes Gebäude umziehen, so Weigand, aber möglichst in der Nähe.

2025 könnte es dann so weit sein mit der gewandelten Urania, dem "Quantensprung für Demokratie und Wissenschaft in ganz Deutschland", wie es Weigand einmal formuliert hat. „Das will ich als Urania-Direktor unbedingt miterleben.“ Bis dahin hofft das Team auf das Ende des Lockdowns zu Ostern. Dann ist auch die aktuelle Ausstellung "Alliierte in Berlin – Das Architekturerbe" im Foyer wieder zu sehen.

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

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