Ausstellung zur Kolonialgeschichte im Museum Schöneberg mit Fokus auf den heutigen Bezirk

Museumsleiterin Irene von Götz am "Giftschrank" mit unangemessenen Begriffen. | Foto: KEN
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  • Museumsleiterin Irene von Götz am "Giftschrank" mit unangemessenen Begriffen.
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Schöneberg. Es sei auffällig, dass das Thema nicht breit diskutiert werde, dass es in Schule und Studium so gut wie keine Rolle spiele, sagt Irene von Götz. Das Schöneberg Museum und seine neue Leiterin wollen das korrigieren und zeigen die Sonderausstellung „Forschungswerkstatt: Kolonialgeschichte in Tempelhof und Schöneberg“.

Die erste Ausstellung in der Verantwortung von Irene von Götz widmet sich der deutschen Kolonialgeschichte in den Grenzen des heutigen Bezirks Tempelhof-Schöneberg. Der lokale Ansatz ist möglich, weil sich Schauplätze ehemaliger deutscher Kolonialpolitik in Schöneberg nachzeichnen lassen. Der Besucher findet sie im ersten Raum der Ausstellung auf einer historischen Karte markiert und begegnet ihnen beim Rundgang chronologisch und in Kapiteln wieder.

Doch zu Beginn wird erst einmal der eigene, gegebenenfalls immer noch diskriminierende Sprachgebrauch getestet. Dafür hat die „Race“- und „Gender“-Forscherin Natasha A. Kelly („Deutschland Stiefvaterland“) einen „Giftschrank“ für acht Begriffe gebaut, die man nicht mehr in seinem aktiven Wortschaft haben sollte.

Am Ende konfrontiert die mit politischer Korrektheit bewehrte Ausstellung ihre Besucher noch einmal mit scheinbar unausrottbaren „Fundstücken“ aus der Zeit des (deutschen) Kolonialismus: mit dem Usambara-Veilchen, dem Tsingtao-Bier, dem Gebäck „Kameruner“, Bezeichnungen à la „Kolonie Samoa“ und Mohrenstraße und dem – allerdings belgischen – Comic-Band „Tim im Kongo“, der erstmals 1930/31 erschien.

Dazwischen ist viel Wissenswertes über die deutsche Kolonialzeit zu erfahren und wie sie sich real im heutigen Bezirk widerspiegelte: in den Preußischen Eisenbahn-Regimentern, die hier kaserniert waren, im alten Botanischen Garten und der Botanischen Zentralstelle für die deutschen Kolonien im heutigen Haus am Kleistpark, in der mit gigantischem Aufwand organisierten Deutschen Armee-, Marine- und Kolonialausstellung 1907 an der Rubens-, Ecke Begasstraße, im sogenannten VDA-Haus, dem Haus des „Verein des Deutschtums im Ausland“, in der Martin-Luther-Straße 97, in der Tempelhofer Schokoladenfabrik Sarotti mit ihrem umstrittenen Markenzeichen bis 2004, dem Sarotti-Mohren, mit Kinos für Kolonialfilme am Nollendorfplatz und anderen Themen mehr.

Für das letzte kleine Kapitel der Ausstellung hat das Museum mit dem Jugendclub Black History von „Joliba“, dem Verein postkolonialer Aktivisten der Berliner Schwarzen Community, zusammengearbeitet. Während der Ausstellungsvorbereitung haben die Club-Mitglieder für junge Besucher einen Kolonialwarenladen mit Kolonialwaren und heutigen Produkten eingerichtet und sich ein Spiel ausgedacht.

Zur Erweiterung seiner Sammlung zur Kolonialgeschichte bittet das historische Archiv des Bezirks um Abgabe von kolonialhistorischen Fundstücken, Briefen, Abbildungen, Postkarten, Sammelkarten, Kolonialwaren oder Mitbringseln. Die Objekte werden am 14. September der Öffentlichkeit vorgestellt. Ansprechpartnerin ist Marie Becker: Marie.Becker@ba-ts.berlin.de,  902 77 61 65. KEN

„Forschungswerkstatt: Kolonialgeschichte in Tempelhof und Schöneberg“: Schöneberg Museum, Hauptstraße 40/42, bis 3. Oktober sonnabends bis donnerstags 14 bis 18 Uhr, montags bis freitags 9 bis 14 Uhr, für Klassen nach Anmeldung:  902 77 61 63 und museum@ba-ts.berlin.de.
Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

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